Höchste musikalische Präzision und emotionale Sensibilität
Klemens Bittmann und Matthias Bartolomey. Foto: Hermann Will
Konzert in Glonn
Irrwitzig. Unbeschreibbar. Muss man erleben. Klemens Bittmann und Matthias Bartolomey. Was ist das für eine Musik? Klassik? Funk? Rock? Jazz? Nichts von alledem und alles. Am Ende des Konzerts auf Gut Sonnenhausen wird es klar, warum die beiden Wiener das Publikum so mitreißen.
Zum Gut Sonnenhausen fährt man von Warngau genauso lange wie nach Rottach oder Schliersee, eine knappe halbe Stunde. Es lohnt sich, das dortige Kulturangebot kann sich sehenlassen. Stefanie Boltz hat eine Konzertreihe zusammengestellt, die ungewöhnliche Formate anbietet. So zum Beispiel Bartolomey Bittmann, das String Duo, das sich vor vier Jahren fand, beide auf der Suche nach etwas Neuem.
„Neubau“ heißt ihre zweite Scheibe, alles Eigenkompositionen. Sie zeugen von einer innigen Liebe zu ihrem Instrument. Klemens Bittmann spielt eine Geige aus dem Jahr 1777 und eine Mandola, die er selbst mit entwickelte, während Matthias Bartolomey ein Cello aus dem Jahre 1727 spielt. Spielt? Zweifellos fantastisch gespielt von beiden, aber das reicht nicht.
Duo Bartolomey Bittmann in starker Resonanz
Die Musiker gehen eine Symbiose mit ihren Instrumenten ein, sie klopfen, sie streicheln, sie versinken nachgerade in ihnen und erzeugen Klänge, die man so noch nie gehört hat. Dabei gehen sie auch in eine starke Resonanz miteinander.
Cellist Matthias Bartolomey. Foto: Hermann Will
Matthias Bartolomey sitzt zumeist mit geschlossenen Augen an seinem Cello, während Klemens Bittmann mit Geige oder Mandola ihm zugewandt, manchmal ganz dicht herangehend, dann wieder sich entfernend, die musikalische Verbindung aufbaut. Die Klänge, der Rhythmus, der ganz eigene Sound nimmt von der ersten Sekunde an mit in eine andere Welt, entrückt vom Alltag.
Das gemeinsame Gefühl der beiden Musiker für den Groove ist die Basis für ihre Kompositionen, aber auch ihre Improvisationen, in denen sie ausschließlich ihrem Gefühl folgen, in denen sie auch ihr Instrument Stimme einsetzen. Angedeutete Silben zumeist nur, aber manchmal auch herausgeschrieene Worte, zartes Tönen, rhythmische Tonsilben, in welcher Sprache eigentlich? Unwichtig.
Klemens Bittmann an der Mandola. Foto: Hermann Will
Der eingesprengte Gesang gibt dem spannungsreichen Spiel zwischen hartem Sound und melancholischer Melodik zusätzlich Zunder, so stark, dass der Zuhörer mitgerissen wird. Spätestens bei der Trilogie „Westen – Samt -Ki“ wird ihm klar, warum er so berührt ist. Matthias Bartolomey beginnt mit einer Cello-Improvisation und behutsam gesellt sich Klemens Bittman hinzu. Der Klang wechselt von archaisch zu samtig und fokussiert letztlich auf Energie.
Höchste musikalische Präzision
Das pralle Leben ist es, was die beiden Musiker ihren Zuhörern vermitteln, wild und zärtlich, traurig und schrill, laut und leise. In höchster musikalischer Präzision vorgetragen und in höchster emotionaler Sensibilität vermittelt. Passagen schönster Melodik wechseln mit Passagen voller Dramatik, so ist das Leben.
Nikolaus Harnoncourt, der über die beiden Musiker „super komponiert und fabelhaft gespielt“ schreibt, ist das letzte Stück gewidmet, es ist ein harmonisches melodisches Werk. Und dann löscht Klemesn Bittmann das Licht für die letzte Zugabe. Im Halbdunkel erklingt eine zarte Ballade. Am Ende Stille. Überwältigung. Und dann donnernder Applaus.