Hörpfade durch das Oberland
Veronika Weese (r.i.B.) fand in Christiane Pelz eine überaus engagierte Kursleiterin, die in schier „endloser Schneidearbeit“ den Beiträgen der jüngeren Kursteilnehmer den letzten Schliff gab. Foto: IH
Kurspräsentation in Miesbach
Vergangenen Mittwoch gab es im Waitzinger Keller was auf die Ohren: Die Kursteilnehmer der „Podcastwerkstatt und Hörpfade“ der vhs Oberland präsentierten ihre 5- bis 10-minütigen Audiobeiträge, die demnächst auf der „Klingenden Landkarte“ der Volkshochschulen und in der BayernHistory-App nachzuhören sind.
Dem Projekt „Hörpfade“ sei es ein Anliegen, der jeweiligen Region eine Stimme zu geben, betont die gelernte Fernsehjournalistin Christiane Pelz, Kursleiterin der Podcastwerkstatt. Hörpfade seien partizipative Audiobeiträge von Menschen aus und für die Region. Das landesweite Projekt ist eine Kooperation des Bayerischen Rundfunks mit dem Bayerischen Volkshochschulverband und der Stiftung Zuhören.
Lesetipp: Kulturpfade verbinden Technik und Kultur
Veronika Weese, Vize-Vorständin der vhs Oberland und Leiterin des vhs-Zentrums Miesbach, hegte seit geraumer Zeit den Wunsch, ein solches Format auch für die Menschen in der Oberlandregion anzubieten. Und so erfreute sich denn auch der Kurs im vergangenen Halbjahr reger Teilnahme, sowohl im Erwachsenenkurs an der vhs Miesbach als auch in der Podcast-AG der Grundschule Waakirchen.
Ein kleines Lautsprecher-Symbol auf blauem Hintergrund: Allzu viel zu sehen gibt es nicht bei dieser PowerPoint-Präsentation – dafür umso mehr zu hören… Foto: IH
Nach einer gemeinsamen Einarbeitungsphase, in welcher der Umgang mit Aufnahmegerät und Schnittprogramm erlernt wurde, ging es gruppenweise an die Themenfindung: Welchen regionalen Aspekt wollte man in den Fokus rücken? Wieviel „Engagement und Herzblut“ (Weese) von den Teilnehmenden und der Kursleiterin in jeden einzelnen Podcast hineingesteckt wurde, davon zeugen die acht Ergebnisse, die sich hören lassen können.
Von der Schiefertafel zum Whiteboard
„Wie war es eigentlich früher in unserem Dorf?“ Diese geschichtsträchtige Frage stellten sich die sechs Waakirchner Grundschüler und Grundschülerinnen Emma, Paula, Kathi, Leo, Quentin und Felix in ihrem ersten von vier Hörpfaden.
Zunächst begeben sie sich auf akustische Spurensuche danach, wie der Schulalltag früher in Waakirchen ausgesehen haben mochte. Antworten finden sie bei Katja Trauner vom Gemeindearchiv Waakirchen und bei Holger Kraus, dem Direktor der Grundschule Waakirchen.
Die „Podcaster von Waakirchen“: Paula, Kathi, Leo, Quentin und Felix (v.l.) mit den Geschenken, die sie von ihrem Direktor Holger Kraus, von Alexandra Höfling vom Förderverein der Grundschule Waakirchen und von Veronika Weese überreicht bekommen. Foto: IH
Man meint die ungläubigen Gesichter der Grundschüler vor sich zu sehen, als sie im Interview erfahren, dass körperliche Züchtigung damals noch erlaubt war und der Lehrer ein ungehorsames Kind beispielsweise mit einem Stockschlag auf die Finger bestrafen durfte. Ungläubige Gesichter unter uns Zuhörenden sieht man daraufhin ringsum, als wir in diesem Podcast darüber aufgeklärt werden, dass die sogenannte „Prügelstrafe“ in Bayern erst 1983 (!) offiziell abgeschafft wurde.
Eine Bergwerks-Trilogie
Sieglinde und Hans Winklmair (hinten) mit den Vereinsmitgliedern Waltraud Fischer, Eva Maria Klein und Dieter Klein (v.l.) vom Bergbauverein Marienstein e.V. Foto: IH
Über drei weitere Hörpfade hinweg führen die sechs jungen Podcaster aus Waakirchen ein ausgiebiges Interview mit Sieglinde und Hans Winklmair vom Bergbauverein Marienstein e.V., welche die Kinder im ersten Teil in die Geschichte des Pechkohle-Abbaus einführen. In der zweiten Bergwerks-Folge besuchen die Kinder die kleine Bergwerkskapelle von Marienstein, in der den im Bergwerk Verunglückten bis heute gedacht wird.
So hat es etwas sehr Rührendes, als man am Ende der dritten Podcastfolge dieser Bergwerks-Trilogie die Knappenkappelle Marienstein-Waakirchen das „Steigerlied“ singen hört, und alle Anwesenden im Waitzinger Keller sich erheben, um mitanzustimmen: „Glück auf! Glück auf! Der Steiger kommt./ Und er hat sein helles Licht bei der Nacht, und er hat sein helles Licht bei der Nacht/ schon angezündt, schon angezündt…“.
Geschichten aus Miesbach und Tegernsee
Alexander Langheiter und Barbara Wank vom Heimatmuseum und Archiv der Stadt Miesbach beleuchten in ihrem Hörpfad die spannende Entwicklung „Vom Kloster Miesbach zum Haus für Kinder“, welche sich über das gesamte 20. Jahrhundert erstreckt und bis heute andauert.
In dem Podcast der beiden „Rottacher Urgesteine“ Gabriele Schultes-Jaskolla und Martin Köck (für den Schnitt zeichnet sich Staša Domazet verantwortlich) wird die zur Legende gewordene Überfahrt von 1544 nacherzählt, bei der eine Hochzeitsgesellschaft auf tragische Weise ihr Leben lassen musste.
Zwei Frauenporträts
Das erste Frauenporträt „Frauengsang im Miesbacher Land“ von Barbara Söldner (Autorin) und Staša Domazet (Schnitt) widmet sich gleich zwei Frauen unterschiedlicher Generation, die beide auf ihre Weise „wortwörtlich ihrer Stimme gefolgt“ sind: Der Volksliedsängerin Kathi Greinsberger, die Anfang diesen Jahres verstorben ist, und der 1991 geborenen Jazzsängerin Lucia Holzer.
Das zweite Frauenporträt verdankt sich Isabella Krobisch, eine der Gründerinnen von KulturVision e.V. Sie hat einen Hörpfad zu Ehren der tiefgläubigen Ärztin Dr. Ingrid Strauß produziert und darin insbesondere den von ihr gegründeten Straußenhof in den Blick genommen. Die 1929 geborene „Grand Dame der Hippotherapie“ (hippos, griech.: Pferd) ist davon überzeugt, dass das mit dem Menschen bewegungsverwandte Tier ein optimaler Therapeut für Menschen mit Bewegungseinschränkung sei.
„Soli Deo Gloria“: Ein Hörpfad von Isabella Krobisch (Autorin) und Christiane Pelz (Schnitt) über das beeindruckende Leben der Ärztin Dr. Ingrid Strauß. Foto: IH
Wenn man zuletzt in diesem Podcast die 95-jährige Ärztin, die im 2. Weltkrieg etliche Verluste hinnehmen musste und die selbst im Alter von 14 Jahren schwer erkrankte, voll gefühlter Überzeugung sagen hört: „Alles hat seinen tiefen Sinn, du musst nur suchen, ein Leben lang, bis zum letzten Tag.“ – dann sind Hörpfade wahrlich, wie Barbara Söldner sich ausdrückte, „gehörte Geschenke“.