Eine “Hommage an die Erde” von Mirtha Monge
Die in Peru geborene Künstlerin Mirtha Monge lebt und arbeitet in Valley und will mit ihren Werken die Wahrnehmung schulen. Foto: Petra Kurbjuhn
Ausstellung in Holzkirchen
Einer Schablone lässt sich Mirtha Monges Arbeiten nicht zuordnen. Und das liegt nicht daran, dass sie in keine passt, sondern dass es so viele gibt, in die sie passt. Neuere Arbeiten der Valleyer Künstlerin sind nun in der der Galerie im Autopavillon Steingraber in Holzkirchen zu sehen.
Ist Kunst eine Imitation der Natur, ihre Verlängerung gewissermaßen? Oder sind Kultur und Natur Gegensätze, verhalten sich zueinander wie Feuer und Wasser? Über diese Fragen streitet man sich in Philosophie und Kunst seit Jahrhunderten. Und es wird noch komplizierter: Manche fragen sich, in welchem Maße Kunst uns aufrütteln soll. Oder reicht es, wenn die Betrachtung von Kunst unsere Wahrnehmung schult, uns als Betrachter also auf uns selbst zurück führt? Vielleicht steht die Kunst ja auch einfach nur für sich da, als „l’art pour l’art“?
Mirtha Monge lässt sich keiner dieser Schablonen zuordnen – und doch irgendwie allen. Ihre Ausstellung „Hommage an die Erde“ ist nun bis zum 31. August 2024 in der Galerie im Autopavillon Steingraber in Holzkirchen zu sehen. Mit der Präsentation zweier Filme wurde die Ausstellung vor Kurzem eröffnet.
Beeindruckt durch die intensiven Farben: Ruf des Meeres (Ölmalerei). Foto: Petra Kurbjuhn
Kunst und Film
Nein, mit Natur an sich habe ihre Kunst nichts zu tun, sagt Mirtha Monge und überrascht damit. Denn ihre Bilder stellen eine intensive Auseinandersetzung mit der Natur dar. Da ist zum Beispiel „Ruf des Meeres“: Sicher auch eine Erinnerung an Mirtha Monges Kindheit in Peru, aber in erster Linie beeindruckt diese Ölmalerei dadurch, dass die Farben den Betrachter geradezu einsaugen, das Auge verliert sich darin. Auch „Atem der Erde“ beeindruckt durch intensive Farbgebung. „Natürlicher“ noch sind die Lehmkugeln, die am Boden ausgestellt sind. Sie liegen auf einem Blätterteppich in Naturdrucktechnik und kommen ganz prominent in einem der beiden Kurzfilme vor, die bei Mirthe Monges Vernissage gezeigt wurden.
„Atem der Erde“. Foto: Petra Kurbjuhn
Wahrnehmung und Transformation
Der Film (Kamera: Georg Nikolaus) stellt die Musik des in Freiburg lebenden und aus Equador stammenden Komponisten Mesías Maiguashca ins akustische Zentrum. Dessen sphärische Klänge und pulsierende Rhythmen untermalen die fließenden Bewegtbilder, mit deren Hilfe der Betrachter durch die Elemente gleitet. Zu sehen sind Künstlerhände, die die besagten Lehmkugeln formen. Das erinnert stark an den jüdischen Mythos des Golem, ein Wesen, dass aus Lehm gebildet die Aufträge seines Schöpfers ausführt. Kunst ist also auch eine Art Schaffen aus dem Nichts, der Schöpfer gibt den Zweck vor. Vielleicht steckt das hinter der Überlegung der Künstlerin, wenn sie ihrer Kunst einen Auftrag mitgibt: „In meiner Kunst geht es um die Wahrnehmung“, betont die gebürtige Peruanerin. Und um die Transformation, die damit einhergehe. „Ich möchte, dass wir mit dem Herzen sehen“, ergänzt die Künstlerin.
Beschäftigung mit der eigenen Person
Die Kalligraphie von Rosario Young-Poblete (links) nennt die noch lebenden Völker im Regenwald Perus. Foto: Petra Kurbjuhn
Ihre Arbeit sei zudem eine Auseinandersetzung mit den eigenen Ahnen, erklärt Mirtha Monge. Und das zeigt sich an den beiden Kalligraphien (von Rosario Young-Poblete), die in der Holzkirchner Ausstellung zu sehen sind. Eine hängt im Erdgeschoss neben einem Werk, das den Umriss einer Person zeigt und aus Asche und Eisenpigmenten besteht. Die Kalligraphie, erläutert Mirtha Monge, nennt die noch lebenden Völker im Regenwald Perus. Das südamerikanische Land stellt Mirtha Monges Heimat dar. Aber auch das Oberland, der Artehof in Valley und das Mangfalltal, sind Mirtha Monges Heimat: Die Landschaften inspirieren sie immer wieder zu neuen Werken, erzählt sie. Und lösen eine kontinuierliche Beschäftigung mit der eigenen Person aus. Ihre neueren Arbeiten, die in der Galerie im Autopavillon Steingarber ausgestellt sind, variieren von einem Spiel mit Form und Farbe (Tuschezeichnungen) bis hin zum schöpfenden Umgang mit Materialien: Das Papier ihrer Künstlerbücher hat sie selbst hergestellt. „Eindrucksvoll“, entfährt es einem Betrachter, und man ist geneigt, zustimmend zu nicken.
Mirtha Monges neuere Arbeiten beinhalten auch Tuschezeichnungen, die mit Formen und Farbtönen spielen.. Foto: Petra Kurbjuhn
Ob Kunst nun eine Imitation der Natur ist oder deren Gegensatz – Mirtha Monges Arbeiten zeigen auf eindrucksvolle Weise, dass beides der Fall sein kann. Und dass im Zentrum sowohl der Imitation als auch des „Gegensetzens“ immer die Person des Künstlers steht.
13 Künstlerbilder aus selbstgeschöpftem Papier aus Abaka Fasern und gesponnenen Suri Alpaka Wollfäden. In der Mitte befindet sich die Ölmalerei “Lichtorgonen“. Foto: Petra Kurbjuhn
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