Horst Hermenau

Klangwelten verbinden sich mit Wort Schrift Bild

„mehr erfahren“ und „haben“, Collagen. Foto: MZ

Ausstellung in Holzkirchen

Arbeiten aus 20 Jahren stellt der Holzkirchner Künstler Horst Hermenau derzeit in seiner Heimatgemeinde aus. 31 unterschiedliche Werke, die eindrücklich seinen Werdegang beleuchten und die künstlerische Sicht auf das Thema „Wort – Schrift – Bild“ fokussieren, wie Laudator Alexander Glas in seinen einführenden Worten erklärt. Eine besondere Vernissage, musikalisch begleitet von der Tochter des Künstlers, der Jazzpianistin Andrea Hermenau und dem amerikanischen Jazzmusiker Tim Collins am Vibraphon.

Horst Hermenau
Laudator Alexander Glas und Horst Hermenau. Foto: MZ

Entspannt und gespannt lauschten die rund 130 Gäste im Autohaus Steingraber in Holzkirchen den Ausführungen von Alexander Glas, dem emeritierten Professor der Universität Passau, der die vier Werkgruppen dieser Ausstellung fachkundig beschrieb. Mit großer Begeisterung und anhaltendem Applaus begleiteten sie die professionellen Musikeinlagen des Duos Hermenau und Collins. Swing und traditioneller Jazz waren bei „Interface“ von Hank Jones, „Voyage“ von Kenny Barron und einem von Andrea Hermenau arrangierten albanischen Volkslied zu hören. Lustvoll gestalteten die beiden Musiker „Luiza“, einen der seltenen Walzer von A.C. Jobim. Mit Hingabe, viel Schwung und Gefühl erklangen „My foolish heart“ von Victor Young und „Valcour“ von Tim Collins. So einfach, leichtfüßig und schnell kann man ein Publikum zu strahlendem Mitwippen animieren.

Horst Hermenau
Andrea Hermenau und Tim Collins. Foto: MZ

Die Schriftart Capitalis Quadrata

Als erste Werkgruppe führt Alexander Glas in die Schriftart Capitalis Quadrata ein, eine Art Urschrift mit Quadraten, Senkrechten, Waagrechten, Diagonalen, Kreisen, in der die persönlichen Merkmale des Künstlers durch die Pinselführung Gestalt annehmen. Der Schreibduktus wird, einem Steinmetz gleich, von links unten nach rechts oben, mit Verschlankungen geführt. Diese Objekte aus den Jahren ab 2002 entsprechen einer klassischen, eleganten Schrift, wobei Horst Hermenau die Schriftart gleichsam spielerisch, entdeckend aufnimmt und künstlerisch in Rhythmen umwandelt.

Horst Hermenau
o.T., „Zwischenräume“ und o.T., Acryl auf Papier. Foto: MZ

„Am Ende werdet ihr und die Wirklichkeit eins sein“ schreibt er in seinem Bild „In der Schwingung“ von 2005 und verbindet Texte aus der indischen und tibetanischen Kultur. Deutlich wird sein Anliegen beim „Guru“, bei dem ein Porträtkopf mit malerischen Mitteln verarbeitet und zu komplexen Systemen gewandelt wird.


„Guru“. Foto: MZ

Kinderschriften lassen Neues entdecken

Bei der zweiten Werkgruppe mit Kinderschriften wie „Liebe Oma“ können Betrachter nachspüren, welche Neuentdeckungen Kindern gelingen, wenn sie versuchen, ihre Anliegen auf einem kleinen Format auszudrücken. Ein quadratischer Zettel etwa veranlasst das Kind, den Brief an die Oma als abstraktes Gemälde zu gestalten.

Wort Schrift Bild
Aus der Reihe „Liebe Oma…“. Foto: MZ

Dabei geht es nicht um den Inhalt des Textes, über den einige Leserinnen vor dem Bild rätseln, sondern um die Komposition der Schriftzeichen. Nur sie interessiert den Maler. Sie berührt, begeistert und inspiriert ihn. Sie verarbeitet er und stellt sie mit seinem Kunstwerk in den Mittelpunkt.

Objekte aus Pappe

Etwa ab 2015 beschäftigt sich Horst Hermenau mit der dritten Werkgruppe der Ausstellung Wort – Schrift – Bild. Hier kommt seine künstlerische Entdeckerlust besonders deutlich zum Vorschein. Er arbeitet mit Pappkartonresten, Fundstücken aus Pappe mit Aufdrucken, die weiterverarbeitet wurden, teilweise durch Farbe, durch Paketfolie mit Werbeaufdrucken und dergleichen. „Auch das ist sehenswert“, sagt Laudator Glas und erklärt den Unterschied zu anderen Werken. Hier herrscht eine unmittelbare Konkretheit, die über das Material entsteht. Sie wirkt spielerisch, leicht, ironisch, humorvoll. Wieder beweist der Künstler sein enormes Gespür für Formen, Farben und Komposition.

Wort Schrift Bild
o.T., „Cabutto“, o.T., „kret“, Acryl auf Pappe. Foto: MZ

Horst Hermenau erklärt, dass er die Hängung der Objekte nicht klassisch gestaltete, sondern rhythmisch, in spielerischer Zuordnung. Er wollte punktuell Akzente mit Leuchtfarben setzen und umrahmen. Für ihn entsteht so aus einem Abfallprodukt durch eine künstlerische Bearbeitung letztendlich eine neue Wertigkeit, auch durch die Art der Rahmung. „Fixstern“, „Nordlicht“, „Das Und-Bild“ und „Der richtige Punkt“ nennt er seine bemerkenswerten Objekte.

Collagen erzählen Geschichten

Als vierte Werkgruppe sind die in den vergangenen Jahren entstandenen Collagen zu sehen. Sie folgen laut Glas „einer hintergründigen Konsequenz und einer heterogenen Erzählung und greifen auf das Wissen unseres kulturellen Erbes zurück“. Wir fragen: Führen uns Worte in die Irre? Welche Geschichten erzählen sie? Malen sie ein Bild der Empfindlichkeit, einer verworrenen Zeichenwelt? Überlagern sich Bedeutungen? Wie echt sind Bildunterschriften? Wo beginnen, wo enden Wahrheit und Fiktion? Was macht die Welt der Medien mit uns?

Wort Schrift Bild
„fresh“, „% Rabatt“, Collage auf Digiprint. Foto: MZ

All diese Fragen verarbeitet Horst Hermenau in seiner ihm eigenen Gestaltung, in seinen Collagen. Er vereinigt komplexe Bilder und Gedankenwelten. Er „öffnet die Türen seiner Werkstatt im übertragenen Sinn“, wie es Professor Glas ausdrückt.

Ausgangspunkt seien hierbei, wie der Künstler erklärt, Fundstücke aus Plakatresten, teilweise auch gefundene Zigarettenschachteln, Fotos. Aus diesen erstellt er Collagen, vergrößert sie, druckt sie aus. In einem weiteren Arbeitsschritt bemalt er die Collagen und überzeichnet sie danach. So sehen wir sie dann, die neue Welt im Jahr 2020 im „Homeschooling“ oder „Die Wahrheit“.

Die Ausstellung von Horst Hermenau „Wort Schrift Bild“ ist bis 9. Juli 2022 zu besichtigen in der Galerie im Autopavillon Steingraber, Robert-Bosch-Str.1, 83607 Holzkirchen, Mo-Fr von 10-18 Uhr und Sa von 10-13 Uhr.

Zum Weiterlesen: Horst Hermenau und die Steine des Eros

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