Horst Orlich

Horst Orlich: Wenn Gedanken laufen lernen

Ein Film von Horst Orlich. Foto: Petra Kurbjuhn

Filmeabend in Holzkirchen

Seit 60 Jahren setzt der Holzkirchner Horst Orlich seine Gefühle und Gedanken in Filme um. Von den rund 150 Streifen wurden viele ausgezeichnet. Jetzt zeigte der 89-Jährige im FoolsTheater „The best of“, 11 Animationsfilme aus 35 Jahren, jeder so aktuell, wie gerade eben erst gedreht.

Mit jugendlicher Frische begrüßte der Filmemacher sein Publikum im voll besetzten Saal, besonders aber seine Frau Gertrud. Sie habe ihn „mit vielen Ideen beflügelt, aber auch mit berechtigter Kritik die Flügel gestutzt“, wie er lächelnd bemerkte.

Der Geschichtenerzähler Horst Orlich

Der gelernte Grafiker ist der geborene Geschichtenerzähler. Zuerst habe er sich durch Fotografie, dann durch Malerei und letztlich durch den Film ausgedrückt. Da könnten die Gedanken sichtbar werden und laufen lernen.

Horst Orlich
Moderator und Filmer Horst Orlich. Foto: Petra Kurbjuhn

Über seine vielen Preise mag der erfolgreiche Filmer nicht sprechen, sie seien dennoch aufgezählt: 24mal erhielt er den Bayerischen Löwen bei den Bayerischen Filmfestspielen, 45mal wurde er bei den Deutschen Filmfestspielen geehrt und 13mal bei den Weltfilmfestspielen.

In der Region machte er sich einen Namen durch sein Format bei der Volkshochschule „Zu schade für die Schublade“, ein Forum für Freizeitfilmer und durch den Kurzfilmabend.

Lesetipp: „Zu schade für die Schublade“ endet nach 22 Jahren

Mit einem Selbstporträt startete nun seine filmische Reise durch die Vergangenheit. „ER“ wird erdrückt von Maschinen, bedroht von Ungeheuern, umgarnt von Spinnen und letztlich passgenau zurecht gebogen um zu funktionieren.

BigMac
BigMac is watching you. Foto: Petra Kurbjuhn

1984 produzierte Horst Orlich angelehnt an den Roman von George Orwell „Orwellich“. Hier drückt er den Überwachungsstaat Big brother durch „Big Mac is watching you“ aus und sagt: „Heute ist es Big Donald Trump.“

Christus kam nur bis Hoyerswerda

Als einen seiner wichtigsten Filme bezeichnete Horst Orlich den aus dem Jahre 1991 stammenden Film „Der Palästinenser“ mit dem Untertitel „Christus kam nur bis Hoyerswerda“.

Ausländer raus
Aus „Der Palästinenser“. Foto: Petra Kurbjuhn

Der Filmemacher erzählte, dass sein Freund, der vor einem Jahr verstorbene Pater Nikolai, ihm Fotos gezeigt habe, wie Jesus wohl in der Realität ausgeschaut habe. Diese Fotos verknüpfte der Filmer mit Bildern aus der Tagesschau und Zeichnungen zu einem bedrückenden Ganzen.

Ehrenpreis für Humanität in Hiroshima

Endlose Gänge auf Ämtern, unendliche Anträge, beschämende Unterkünfte, Banner mit „Ausländer raus“, das Blabla der Politiker und letztlich die Anschläge in ganz Deutschland auf Asylbewerber.

Dieser Film erhielt bei den Weltfestspielen in Hiroshima den Ehrenpreis für Humanität und wurde bei arte weltweit ausgestrahlt. In Warschau indes wurde ein ganz anderer Film prämiert, denn Horst Orlich zeichnet sich zwar in seinem Schaffen insbesondere durch Zeitkritik aus, aber er hat auch eine poetische Ader.

Verzauberte Zeiten

„Verzauberte Zeiten“ heißt der melancholische Film nach dem Gedicht „La Rosa“, in dem ein Mann sein ganzes Leben lang die große Liebe sucht und einer Illusion nachhängt.

Erich Kästner und Hermann van Veen

Eine Illusion ist vermutlich auch das Gedicht von Erich Kästner „Übermorgen“, das mit der Zeile beginnt: „Und als der nächste Krieg begann“ und in dem die Frauen ihre Männer einsperren und den sogenannten Feinden den Hintern versohlen. Diesen Film hat Horst Orlich mit Schattenrissen gefertigt.

Er verwendet für seine Animationsfilme die unterschiedlichsten Techniken. 900 Aquarelle etwa hat er zum Gedicht von Hermann van Veens „Die Hoffnung hat Milchzähne gefertigt“ gemalt.

Fantasie hängt am Tropf

Dass die Fantasie wichtiger ist als das Wissen hat schon Albert Einstein erkannt. Horst Orlich aber erkannte, dass die Fantasie am Tropf auf der Intensivstation hängt. Erst als der Chirurg unendlich viele Negativschlagzeilen aus dem Bauch herauszieht, kann die Fantasie wieder den Blick öffnen.

In „Ja Ja“ hat der Filmemacher einen „Eintopf aus aufgewärmten Zeitschleifen“ gekocht, hier erzählt er anhand von Filmausschnitten aus 50 Jahren, wie sich zwar die Technik entwickelt hat, der Mensch aber stehengeblieben ist. „Ja Ja“.

Lesetipp: Das bunte Grokodil ist die Lösung

GROKOdile
Rotes und schwarzes Krokodil haben das WIR noch nicht erkannt. Foto: Petra Kurbjuhn

Den Großen Bayerischen Löwen erhielt Horst Orlich erst kürzlich für seinen Film „GROKOdile“. Hier zeigt er sein Credo: Die großen politischen Parteien ergehen sich in Verständnisproblemen, aus der Börse wird das Böse, aber nach dem reinigenden Unwetter kommt das kleine Krokodil herausgekrochen und hält das „WIR“ hoch.

Horst Orlich
Der Filmemacher Horst Orlich. Foto: Petra Kurbjuhn

Anhaltender Applaus für einen großen Filmemacher und einen ungemein sympathischen Menschen, der sich auch mit 89 Jahren noch einmischt. Wein für ihn und Blumen für seine Frau Gertrud von Ingrid Huber, Chefin des KULTUR im Oberbräu, die Horst Orlich zu diesem Abend eingeladen hatte.

Gefällt Ihnen dieser Beitrag? Bitte besuchen Sie uns auf