Horst Orlich in Dorfen
„Intensivstation“ heißt der Film, den Horst Orlich an diesem Wochenende zu den Südbayerischen Filmfestspielen in Dorfen einreichen wird. Es ist ein Animationsfilm, in dem der Patient die Fantasie ist. Sie hängt am Tropf und der Arzt muss feststellen, dass eine Operation unumgänglich ist. Als er die arme kranke Fantasie aufschneidet, quellen nur so die Schlagzeilen aus ihr heraus, wie Börsenberichte, Daxverluste, usw. Alles was der Fantasie im Magen liegt, füllt bald den ganzen Operationssaal aus. Als letztes kommt: „Vergelt’s Gold.“
Befreit von diesem Ballast, schafft es die Fantasie, zurück auf der Intensivstation, sich selber wieder zuzuflicken und aufzustehen. Die Kurve über ihrem Bett, die vor der Operation einen Abwärtstrend aufzeigte, dreht sich jetzt um und gleichzeitig reißt die Wand ein Stück auf. Sichtbar wird eine bunte Blumenwiese.
Dieser Film, den der 80jährige Filmemacher gemeinsam mit seiner Frau Gertrud drehte, ist die Fortsetzung eines Films, in dem er die Fantasie aus dem Computer ausbrechen lässt. Er sagt: „Heute laufen alle Menschen auf einer Schiene, Verzweigungen werden verneint.“ Wenn immer nur Vorgedachtes nachempfunden werde, bleibe letztlich die Fantasie auf der Strecke. Deshalb habe er sich dieser so wichtigen Komponente unseres Lebens angenommen.
Er hoffe, dass er in Dorfen mit seinem Film erfolgreich sein und für den Bundeswettbewerb in der Kategorie Animations- und Fantasiefilme nominiert werde, der nach Ostern in Waiblingen bei Stuttgart ausgerichtet wird.
Zwischendurch aber finden vom 23. bis zum 25. März in Bad Wiessee die Bayerischen Filmfestspiele statt, wo Horst Orlich ebenfalls mit seiner Fantasie am Tropf zugegen sein wird. Nachdem der Holzkirchner Filmemacher bereits mit zahlreichen Hauptpreisen ausgezeichnet wurde, steht zu hoffen, dass er auch diesmal mit einem „Großen Bayerischen Löwen mit Rautenschild“ nach Hause gehen wird.
Gertrud und Horst Orlich sind seit vielen Jahren für ihre Animations- und Experimentalfilme bekannt, in denen sie zeit- und gesellschaftskritische Themen aufgreifen. Dabei arbeiten sie mit einfachen Mitteln und sind nicht vom Computer abhängig. Ihre Fantasie ist schlicht aus blauer Knete gefertigt. „Das macht viel Arbeit“, erzählt Orlich, „aber ich bin stolz darauf, dass ich meine Geschichten so besser erzählen kann als wenn sie vom Computer kommen.“
Und so steht der 80-Jährige mit seiner Kamera an seinem Tisch, wo er die Fantasie im Bett aufgebaut hat und dreht Einstellung für Einstellung.
Seit 50 Jahren ist es das Hobby des gelernten Grafikers und seiner Frau, Filme zu drehen, über 100 sind es inzwischen und viele Jahre engagierte sich der Holzkirchner für die Freizeitfilmemacher und kreierte den Abend „Zu schade für die Schublade“.
Jetzt mit 80 will er nur noch Filme drehen, Ideen haben er und seine Frau genug, schließlich gibt unsere Zeit genügend Stoff her.
PS: „INTENSIVSTATION“ wurde in Dorfen, unter 28 ausgewählten Beiträgen, von der Jury zum besten Film des Wettbewerbes ausgewählt und mit dem 1. Platz bedacht