Human nature – bewegender Film von Adam Bolt
CRISPR-die Genschere. Foto: pixabay
Film mit Diskussion in Holzkirchen
Die CRISPR Revolution, das ist der Untertitel des Dokumentarfilms, erste Veranstaltung des 5. Zyklus der Reihe „anders wachsen“ im FoolsKINO. Er beschreibt die neue Methode der Gentechniker, in die DNA einzugreifen, menschliches Leben zu verändern. Verstörend. Aber da ist auch David.
David hat Sichelzellenanämie, seine roten Blutkörperchen transportieren aufgrund einer genetischen Störung nicht genügend Sauerstoff. Menschen mit dieser Erkrankung brauchen, so die Krankenschwester, immer wieder einen Ölwechsel, frisches Blut also, und werden trotzdem nicht alt. David ist ein fröhlicher Junge, spielt Basketball und dann wieder krümmt er sich vor Schmerzen. Ihm kann mit CRISPR geholfen werden. Dieses neue Tool der Gentechniker ist natürlich vorkommenden Bakterienstämmen abgeschaut. Man entdeckte eine bestimmte sich immer wiederholende DNA-Sequenz, die von sogenannten Abstandshaltern unterbrochen wird. Diese später CRISPR genannte Sequenz führt zur Immunität gegenüber eindringen wollender Fremd-DNA, also beispielsweise Viren.
Plakat Human nature Die CRISPR Revolution
Der Film zeigt in wissenschaftlich fundierter Weise, wie die Technik funktioniert und was dahintersteckt. Ist das auch für den Laien relevant? Absolut, denn die Folgen der Technik betreffen die gesamte Menschheit. CRISPR nämlich ist nichts Böses, zunächst, es ist das Immunsystem der Natur. Jetzt aber hat es der Mensch für sich entdeckt und kann es anwenden. Mit dem programmierbaren Protein Cas9 kann die DNA an beliebigen Stellen geschnitten und neue DNA eingefügt und damit die Evolution verändert werden. Heute ist man so weit, dass man Schweine für die Organtransplantation beim Menschen zielgenau züchtet. Man hat aber auch, damit endet der Film, kürzlich in China Zwillingsembryonen so verändert, dass sie gegen HIV immun sein sollen.
Schöne neue Welt
Was bereits seit Jahren im Gespräch ist und angewendet wird, ist die Präimplantationsdiagnostik. Zunächst war die Methode gedacht zur Erkennung von genetischen Erkrankungen und Auswahl des gesunden Embryos. Hier kann aber dem in der Petrischale gezüchteten Embryo je nach Wunsch der Eltern auch entsprechendes Genmaterial eingebaut werden, das Stichwort lautet Designerbaby. Wie es Aldous Huxley 1932 in „Schöne neue Welt“ voraussagt, können Menschen mit bestimmten (gewünschten) Eigenschaften hergestellt werden. Beklemmend die Szene im Film, als Wladimir Putin davon spricht, Soldaten zu produzieren, die keinen Schmerz verspüren. „Das ist schlimmer als die Atombombe.“ Andererseits wären krebskranke Menschen zweifellos dankbar, wenn sie ohne Schmerzen wären.
Geist aus der Flasche
Die Ambivalenz dieser wissenschaftlichen Revolution, die alles verändern kann, wird besonders deutlich im Traum der Genetikerin Jennifer Doudna, in dem Adolf Hitler Interesse an der Technik bekundet. Diese Szenen sind es, die dem Nichtwissenschaftler eindringlich vor Augen führen, was sich hier mehr oder weniger unbeobachtet, abspielt. Denn besonders dramatisch wird es, wenn CRISPR vererbt wird, wenn also Keimzellen editiert werden. „Dann ist der Geist aus der Flasche“, sagt ein Wissenschaftler im Film. So heißt auch ein Kapitel „Spielen wir Gott?“ Schon seit der Kultivierung des Bodens durch die Landwirtschaft habe der Mensch in die Natur eingegriffen, jetzt aber stehe die Frage im Raum: Wo sind die Grenzen?
Christof Langer, Theologischer Referent am KBW Miesbach leitete die lebhafte Diskussion. Foto: MZ
Der Film beginnt mit dem sympathisch-authentischen David und er endet auch mit ihm. Ja, er finde es cool, dass es diese Technik gibt, aber jeder solle selbst entscheiden können, ob er sie an sich anwenden wolle. Und: „Ich habe durch die Krankheit auch gelernt.“
Wir sollten lernen demütig zu sein, ist eine der letzten Botschaften des Filmes, der in wissenschaftlich gründlicher ebenso wie in emotionaler Weise zeigt, dass Wissenschaft weder gut noch böse ist. Der Mensch entscheidet, wie die Erkenntnisse angewendet werden.
Verantwortung des Wissenschaftlers und des Bürgers
Christof Langer, Theologischer Referent am Katholischen Bildungswerk Miesbach, dem Kooperationspartner von KulturVision in der Initiative „anders wachsen“, leitete die anschließende lebhafte Diskussion, bei der es insbesondere um die Verantwortung des Wissenschaftlers ebenso wie die jedes Bürgers ging.
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