„Im Gewühle der Gefühle“
Karl Grüner bei seiner heiteren Lesung im Grünen Raum. Foto: Becky Köhl
Lesung in Bad Wiessee
Mit einer heiteren Stunde erfreute Karl Grüner die Gäste im Grünen Raum. Er las aus seinem Gedichtband „Im Gewühle der Gefühle“ und zeigte damit, dass er nicht nur Maler, sondern auch Poet ist.
Die Ausstellungsreihe im Grünen Raum in Bad Wiessee, die KulturVision e.V. gemeinsam mit Kulturmanager Carsten Gerhard organisiert, steht unter dem Motto „Sehnsucht“. So hat auch der Schlierseer Maler Karl Grüner ein Bild diesem Thema gewidmet.
Lesetipp: Kunst als Überraschung
Während der Ausstellungszeit ist auch immer eine Veranstaltung geplant, die den schönen Raum im Zentrum des Ortes bereichern soll. Karl Grüner entschied sich dazu, eine Lesung zu veranstalten. Während sich draußen gerade das Wetter von Sommerhitze zu kaltem Regen wandelte, ging es drinnen um Gefühle.
Der Maler und Poet indes relativierte umgehend: Große Gefühle seien nicht sein Ding und wer aus dem Titel romantische Liebesgedichte ableite, irre sich. Er habe „Im Gewühle der Gefühle“ eher ironisch gemeint, zudem liebe er die Alliteration, den Stabreim.
12 Monate des Jahres
Seine Gedichte, so leitete er die Lesung ein, seien im Stile der klassischen Ballade, so wie man sie von Goethe und Schiller gelernt habe, angelegt. Mit seinen Versen wolle er gelehrig sein, erheitern und Altbekanntes in Erinnerung rufen. Als Rahmen habe er die 12 Monate des Jahres gewählt und zu jedem Monat eine Ballade verfasst.
Allerlei Gereimtes und Ungereimtes schreibt Karl Grüner im Untertitel des Büchleins, das er mit eigenen jeweils passenden Fotos illustriert hat.
im Publikum saß auch die bekannte Filmemacherin aus München Angelika Weber (2.v.l.). Foto: Monika Haimerl
Seinen Humor kann er in allen zwölf Texten zeigen, etwa: „Mit Aspirin und sauren Gurken vertreibt der Mann den üblen Schurken“, womit der Silvesterkater gemeint ist. Aber er kann auch die Politiker im Februar aufs Korn nehmen und schreibt: „Die Politiker laut schreien, in Passau und Vilshofen auch, bezichtigen nach altem Brauch angesichts gefüllter Krüge die Gegner allesamt der Lüge.“
Im März allerdings die Säfte steigen und dann heißt es: „Im Frühling schwelgen eben viele im Gewühle der Gefühle.“
Wir erfahren, dass April vom lateinischen aperire, also öffnen abgeleitet sei, und tatsächlich: „Knospen sind es ohne Frage, die sich öffnen dieser Tage.“
Spiel nicht mit dem Feuer
Im Mai ist es die „Blütenpracht, die viele Menschen glücklich macht“. Aber der Autor verschweigt auch nicht, dass im Mai hundert Höllenhunde lauern und Verbrechen geschehen: „Der Mensch verschwendet Energie, teils zum Leben, teils zum Hassen und vermag es kaum zu fassen, welches Unheil er gebiert, wenn er statt Liebe Zwietracht schürt.“
Und ungetreuen Eheleuten legt er im Juni ans Herz: „Merke: Spiel nicht mit dem Feuer, die Wirkung ist oft ungeheuer.“ Auch im Juli hat Karl Grüner einen Rat parat: Es werde im Familienurlaub Computerstopp verordnet: „So wird der Urlaub zum Entzug von der Online-Sucht. Wie klug!“ dazu passt ein Foto des einsamen Anglers im Boot.
Reiselust und Reisefrust im August führen oft dazu, dass keine Familieneinigkeit erzeugt wird. Und wenn dann noch Ebbe in der Kasse ist, schließt der Poet: „So sind alle nun zufrieden, auch wenn sie daheim geblieben.“ Kinder lassen dazu am See Bötchen fahren.
Die Wiesn ist das Septemberthema und im Oktober nimmt Karl Grüner die Laubbläser aufs Korn ebenso wie den neuen Spleen des Halloween. Von Sankt Martin im November heißt es: „Dass auch die Kinder Liebe lernen ist die Botschaft der Laternen.“
Katechismus-Pisatest
Von „Jingle Bells“ und anderem Kitschgesang spricht der Poet im Dezember und von Hochprozentigem zur Betriebsweihnachtsfeier. Aber er empfiehlt auch. „Erhellend wäre, das steht fest, ein Katechismus-Pisatest“, denn der eigentliche Zweck des Weihnachtsfestes würde durch den Hoho stammelnden Weihnachtsmann allerorten ersetzt.
Regina Biegel an der Zither. Foto: BK
So sind die Verse eine gelungene Mischung von Heiterkeit mit Tiefgründigkeit. Die Lesung von Karl Grüner wurde von Regina Biegel aus Miesbach an der Zither umrahmt. Jeweils zum Quartalsende streute sie einen stimmigen musikalischen Beitrag ein.