Neue Insekten braucht das Land
Matthias Erhardt und Karl Bär (v.l.). Foto: MZ
Ausstellung in Holzkirchen
Spinnen, Wespen, Käfer und andere Insekten tummeln sich derzeit im Wahlkreisbüro von Karl Bär. Der Bundestagsabgeordnete der Grünen hat Matthias Erhardt eingeladen, seine Ausstellung gegen das Insektensterben in Holzkirchen zu präsentieren. Gestern Abend informierten sich zahlreiche Besucher über das Anliegen.
„Wir brauchen neue Insekten“, sagte Matthias Erhardt. Der Kreuther Grafiker hatte wie viele von uns feststellen müssen, dass die Windschutzscheiben kaum noch voller Insektenleichen sind, die Population also zurückgeht. Seine Antwort auf die bedrohliche Situation ist es, neue Insekten zu schaffen und künstlerisch darzustellen. Das solle sein Beitrag sein, das Problem öffentlich zu machen.
„Sie entstehen in meinem Kopf“, erklärte der Künstler bei der Vernissage. Er wolle eine Lanze brechen für die Insekten, die manchem lästig seien, aber heute sei man schon so weit, dass man sich über einen Mückenstich freue.
Matthias Erhardt erklärt seine Technik. Foto: MZ
Für die künstlerische Darstellung verwendet Matthias Erhardt die Drucktechnik. Zumeist sind es Linolschnitte, auch ein Holzschnitt und eine Kaltnadelradierung auf Kupferplatte sind dabei. Mit der Vervielfältigungstechnik wolle er die Vermehrung der Insekten nachempfinden, erklärt er. Und wenn er eine Druckplatte mehrfach drucke, dann schauen die Ergebnisse ein wenig unterschiedlich aus, „ebenso wie in der Natur, da sind Insekten einer Art auch ein bisschen unterschiedlich“, sagt der Künstler.
Reduktionstechnik. Foto: MZ
Er arbeitet mit der Reduktionstechnik, die er so erklärt: Von der ursprünglichen Druckplatte fertigt er mit einer Farbe einen Druck, dann schnitzt er Überflüssiges weg, färbt mit einer zweiten Farbe ein und druckt exakt über den ersten Druck. Diesen Vorgang wiederholt er vier- bis sechsmal, dann ist die Platte unbrauchbar. „Die Technik ist nicht wiederholbar“, betont Matthias Erhardt und entspreche damit dem Insektensterben.
Bundestagsabgeordneter der Grünen Karl Bär. Foto: Sabine Schreiber
„Das Insektensterben steht derzeit in der Öffentlichkeit kaum zur Debatte, aber das Artensterben ist die zweite ökologische Katastrophe, die unsere Zivilisation grundlegend bedroht“, erklärte Gastgeber Karl Bär. Es sei bekannt, dass Insekten wichtig für die Funktion unseres Ökosystems seien, sowohl für die Blütenbestäubung als auch für die Unratbeseitigung und als Nahrungsmittel für die Vögel.
Neue Insekten. Foto: MZ
Dabei habe die Vielfalt der Lebensräume, der Arten und die Vielfalt innerhalb der Arten dramatisch abgenommen und insgesamt sei die Biomasse stark zurückgegangen, wie eine Studie von Hobbywissenschaftlern aus Krefeld ermittelt habe.
„Wir können die Insekten nicht ersetzen aber wir können auf das Problem aufmerksam machen“, betonte der Politiker. Man dürfe in unserer Zeit voller Krisen nicht die ökologischen Probleme vergessen. Zudem seien Kunst und Kultur ein wichtiges Mittel, das unser Leben bereichere und dabei helfe, Krisen zu bewältigen. Deshalb wolle er auch künftig in seinem Wahlkreisbüro in Holzkirchen Ausstellungen zeigen.
Wie echt. Foto: MZ
Matthias Erhardt wies darauf hin, dass die Drucke in limitierter Auflage käuflich zu erwerben seien, ein Drittel des Erlöses werde er dem Bund Naturschutz spenden. Wer sich ein solches Bild zulegt, erhält fast den Eindruck eines echten Insektes, denn der Künstler hat zwischen Papier und Glasplatte einen freien Raum gelassen, wie bei einem aufgespießten Schmetterling.
Namen aber gab er seinen Neuschöpfungen nicht. Er habe aber die Idee, irgendwann einmal, vielleicht gemeinsam mit Kindern, den Insekten Namen zu geben und dazu Geschichten zu erfinden, woraus ein Buch entstehen könnte.
Zum Weiterlesen: Künstlerische Symbiose von Papier und Linoldruck