„Spiel, Spaß und Deutschlernen“ an der Mittelschule Miesbach

Spielerisch lernen die Kinder das Lesen der Uhr. Foto: Franziska Jacobi

Integrationsprojekt an der Mittelschule Miesbach

Während die einen ihre Sommerferien am Badesee oder in der Ferne verbringen, drücken die anderen die heimische Schulbank. Franziska Jacobi, zuständig für die Jugendsozialarbeit an der Mittelschule Miesbach, hat ein beispielhaftes Integrationsangebot für Schüler/innen zwischen 9 und 12 Jahren entwickelt, das in der vergangenen Woche erstmals stattfand.

Ein Pilotprojekt im Landkreis

Für mich ist die Nachricht eine kleine Sensation: Ein Angebot zur schulischen Integration von Flüchtlingskindern und Kindern mit Migrationshintergrund in den Sommerferien? Kaum zu glauben. Aber wahr! Franziska Jacobi, die Soziale Arbeit studiert hat und seit einem Jahr im Auftrag der Diakonie – Jugendhilfe Oberbayern an der Mittelschule Miesbach tätig ist, erläutert mir bei unserem ersten Treffen Anfang Juli das von ihr entwickelte Angebot: Die Idee sei spontan entstanden und sowohl mit Simone Groher, Jugendsozialarbeiterin an der Grundschule Miesbach, als auch mit dem Integrationsbeauftragten des Landkreises, Max Niedermeier, besprochen worden. Ziel sei es, Schülern mit Migrationshintergrund den Übergang an die Mittelschule oder in die nächsthöhere Jahrgangsstufe zu erleichtern. Das Angebot setzt dabei zu gleichen Teilen auf spezielle Sprachförderung (Deutschlernen), aber auch auf ausgewählte Freizeitaktivitäten (Spiel und Spaß).

Vier Stunden täglich, eine Woche lang. Noch gibt es viele Unbekannte: Jacobi hat die benachbarten Kommunen über das Angebot informiert und an ihrer eigenen Schule publik gemacht. Bis zum letzten Schultag könne man sich anmelden. Doch wie viele Schüler/innen teilnehmen werden, ist völlig offen. Auch ob der Zeitpunkt, die dritte Ferienwoche, günstig gewählt ist, kann man im Vorhinein nicht sagen. Allerdings haben Kinder in der Altersgruppe von 9 bis 12 Jahren erfahrungsgemäß eine starke Bindung zur Schule und sind offen für freiwillige Schulveranstaltungen.

Integrationsprojekt
Franziska Jacobi ist seit September 2017 im Auftrag der Diakonie Jugendhilfe Oberbayern für die Jugendsozialarbeit an der Mittelschule Miesbach tätig. Foto: Katja Klee

Eines aber steht fest: Jacobi ist hochmotiviert und auf jeden Fall selbst dabei. Und für den Fall, dass ihr die Teilnehmer/innen die Tür einrennen, hat die charmante und kompetente junge Frau längst weitere Mitstreiter geworben.

Umsetzung und Zukunftsplanung

Fast fünf Wochen später, am letzten Tag des Programms, treffe ich Franziska Jacobi noch einmal. Ich bin neugierig zu erfahren, wie die Woche war. Ein 12-jähriges ausländisches Mädchen öffnet mir die Schulhaustür und weist mir freundlich den Weg nach oben. Also hat es geklappt. Glückwunsch! Franziska Jacobi lacht. Ja, das Angebot fand statt, auch wenn nur zwei Kinder, ein 13-jähriger Junge und das Mädchen, das mir die Tür geöffnet hatte, teilgenommen haben. Die beiden – sie stammen aus dem Irak bzw. aus Syrien – haben vom ersten bis zum letzten Tag zuverlässig mitgemacht. Und sie sind Freunde geworden. Der Bub hatte in der Woche Geburtstag und hat Kuchen für die kleine Gruppe mitgebracht. Es war Zeit für Gespräche und so entdeckten die Kinder, dass ihre Familien sogar eine gemeinsame Bekannte haben.

Integrationsprojekt
Georg Zech vom Landesbund für Vogelschutz e.V. leitete die Kinder beim Nistkästen-Bauen an. Foto: Franziska Jacobi.

Auch die Lernphasen, die Jacobi selbst durchgeführt hat, waren ein voller Erfolg: Zum Kennenlernen am ersten Tag verfassten die Kinder einen Steckbrief und tauschten sich über ihre Hobbys und den typischen Tagesablauf in der Familie aus. Anschließend machten die Kinder einen Ausflug an den Tegernsee und fuhren auf den Oedberg. Tag 2 war den Themen Schulalltag, Schulmaterialien und Essen gewidmet. Passend zum Lernthema wurden danach gemeinsam Waffeln gebacken. Die Kinder kauften selbstständig die Zutaten dafür ein, buken die Waffeln, deckten den Tisch und anschließend wurde gemeinsam gegessen. Als Franziska Jacobi bemerkte, dass die Kinder Probleme hatten, die Uhr zu lesen, baute sie tags darauf eine entsprechende Lerneinheit ein. Außerdem bearbeitete sie das Thema „Wald“ mit einem Lesetext und als Vorbereitung für die einzige Spiel- und Spaßphase, die sie nicht selbst gestaltete. Georg Zech vom Landesbund für Vogelschutz e.V. baute an diesem Tag mit den Kindern Nistkästen.

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Die Stadtrallye am Freitag rundete das Sommerangebot ab. Foto: Franziska Jacobi.

Zum Abschluss am Freitag wiederholten die Kinder das Gelernte mittels eines Fragebogens, sie übten noch einmal die Uhrzeiten und gingen dann auf Stadtrallye durch Miesbach. Mit einer kleinen Belohnung fürs Mitmachen und einem großen Erfahrungsschatz kehrten sie nachhause zurück. Auch Franziska Jacobi möchte die wertvollen Erfahrungen dieser Woche nicht missen. Gemeinsam mit der Schulleitung, Lehrkräften, Max Niedermeier und anderen wird sie abwägen, wie es mit dem Angebot „Spiel, Spaß und Deutschlernen in den Sommerferien“ weitergeht. Das strahlende Lachen der Kinder hat jedenfalls gezeigt, dass Integration gelingen kann. Das Projekt an der Mittelschule Miesbach sollte „Schule machen“.

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