Kammermusikfest auf höchstem Niveau
Vielfalt und jede Menge Highlights beim 30. Jubiläum. Collage: Internationales Musikfest Kreuth am Tegernsee
Musikfest am Tegernsee
Das Internationale Musikfest Kreuth wird 30 Jahre alt. Von der „Wanderschaft“ der hochkarätigen Veranstaltungsreihe profitiert inzwischen die ganze Region. Und natürlich gibt es zahlreiche Highlights zum Jubiläum.
Die nicht ganz freiwillige Wanderschaft hat dem Musikfest nicht geschadet, im Gegenteil. Heute sind die Veranstalter zufrieden mit der „Öffnung“ in Richtung Tegernseer Tal, auch wenn die Logistik nach wie vor eine große Herausforderung bleibt. Der Namenszusatz nach der Umbenennung des Oleg Kagan Musikfest Kreuth in Internationales Musikfest Kreuth am Tegernsee verortet sich klar und ist ein Statement, betont Helge Augstein, der künstlerische Leiter des Musikfests: Auch wenn eines Tages der große Wunsch in Erfüllung gehe, nach Wildbad Kreuth zurückzukehren, würde das nicht wieder der ausschließliche Spielort sein.
Drei Spielstätten etabliert
Inzwischen haben sich die drei markanten Spielstätten rund um den Tegernsee gut etabliert. Jede habe ihre Vorteile, erläutert Intendant Dieter Nonhoff – die Tenne auf Gut Kaltenbrunn ebenso wie das Seeforum in Rottach-Egern und die Pfarrkirche St. Quirinus in Tegernsee. Auch der Geschäftsführer der Tegernseer Tal Tourismus GmbH, Christian Kausch, freut sich. Das Musikfest biete eine gute Chance, die ganze Region zu vermarkten. Immer mehr Gäste legten ihren Urlaub auf die Zeit, in der das Musikfest stattfindet.
Was erwartet die Gäste zum Jubiläum?
„Die Kunst liegt in der Mischung“, erklärt Dieter Nonhoff und Helge Augstein ergänzt: „Wir haben fast nur Highlights.“ Insider und anspruchsvolle Klassikfans würden mit den Konzerten ebenso angesprochen wie ein breites Publikum. Innerhalb des Rahmens der Kammermusik auf höchstem Niveau dürfe es jedoch auch immer wieder Experimente geben, insbesondere im Jubiläumsjahr.
Das Dahlqvist Quartett reist aus Schweden an. Foto: Nicklas Thegerström
Das diesjährige Musikfest steht ganz im Zeichen der Violine, um dessen Begründer Oleg Kagan zu ehren, dessen 30. Todestag sich ebenfalls jährt. Umso erfreuter sind die Veranstalter, dass Alexander Kagan der Einladung an den Tegernsee folgt. Der Sohn von Oleg Kagan und Natalia Gutman spielt als Primarius des schwedischen Dahlkvist Streichquartetts Werke von Wolfgang Amadeus Mozart, Maurice Ravel und Edvard Grieg beim Jubiläumskonzert auf Gut Kaltenbrunn.
Auch das Beethovenjahr wirft seine Schatten voraus: Starviolinist Frank Peter Zimmermann und Pianist Martin Helmchen spielen die Sonaten Opus 12 Nr. 1 D-Dur, Nr. 2 A-Dur, Nr. 3 Es-Dur und Opus 23 a-Moll des großen Komponisten, dessen Geburtstag sich 2020 zum 250. Mal jährt. Das dritte Konzert im Zeichen der Geige bestreitet der junge Violinist Emmanuel Tjeknavorian, ein neuer „Rising Star“ am Klassikhimmel, gemeinsam mit Pianist Maximilian Kromer.
Klarinette am Eröffnungsabend
Programmtechnische Vielfalt und Experimentierfreude auf höchstem Niveau beweist auch die Wahl des Eröffnungskonzertes, das zum dritten Mal auf Gut Kaltenbrunn stattfindet und mit der Klarinette die Veranstaltungsreihe einleitet. Mit Sabine Mayer steht eine herausragende Klarinettistin auf der Bühne und mit ihr eine ungewöhnliche Besetzung: vier Saxofone und ein Klavier. Auf diesen „tänzerischen Abend“ dürfen sich die Gäste freuen – auf dem Programm stehen unter anderem Igor Strawinskys „Feuervogel“ und Johann Sebastian Bachs Tänze aus den Französischen Suiten.
Der musikalische Facettenreichtum setzt sich im nächsten Konzert fort, wenn Lisa Smirnowa am Klavier zusammen mit dem New Classic Ensemble Wien „große Werke in kleiner Besetzung“ spielt – von Giordano bis Mozart.
Bariton Benjamin Appl und Schauspieler Harald Krassnitzer. Fotos: Benjamin Appl: ©Uwe Arens/Sony Classical und Harald Krassnitzer: ©Thomas Ramstorfer
Freunde von Konzerten mit Lesung werden erfreut sein, dass es in diesem Jubiläumsjahr gleich zwei davon gibt. Ein „Gänsehautkonzert“ verspricht Helge Augstein für die Winterreise von Franz Schubert mit dem jungen Star-Bariton Benjamin Appl. Schauspieler Harald Krassnitzer liest dazu aus den Tagebüchern der Österreichisch-Ungarischen Nordpolexpedition 1872 bis 1874. Und den Abschluss der Reihe bildet eine Konzertlesung mit Olaf Bär und Peter Handkes „Don Juan (von ihm selbst erzählt)“ mit Werken von Wolfgang Amadeus Mozart und Johannes Brahms mit Matthias Buchholz an der Viola und dem Auryn Quartett.
Musik kennt keinen Brexit
Ebenfalls für Abwechslung im Konzertprogramm des Internationalen Musikfests Kreuth sorgen die acht großartigen Sänger und Sängerinnen aus Großbritannien: „Voces8“. Ihre Musik aus mehreren Jahrhunderten ist unter dem Titel „After Silence“ nach Aldous Huxley zusammengefasst – und wo kämen ihre Stimmen besser zur Geltung, wenn nicht in der Pfarrkirche St. Quirinus Tegernsee? Dass es in diesem Jahr bei nur einem Konzert in der ehemaligen Klosterkirche Tegernsee bleiben muss, liegt an der heiklen Brandschutzsituation. Helge Augstein appelliert, die Probleme bald zu lösen, vor allem hinsichtlich der Musica Sacra: „Unsere Solidarität gilt Herrn Schober.“
Miloš Karadaglić füllt internationale Hallen. Foto: Lars Borges/Mercury Classics
Erstmalig in den 30 Jahren Musikfest gibt es heuer auch ein reines Gitarrenkonzert, das insbesondere junge Menschen anziehen soll. Miloš Karadaglić gehört zu den angesagtesten Gitarristen derzeit und seine YouTube-Aufrufe bewegen sich weit über dem Durchschnitt klassischer Stars. „Live ist er jedoch unwiderstehlich“, versprechen die Veranstalter und freuen sich, dass sie den Musiker an den Tegernsee locken konnten. Normalerweise spielt er vor ausverkauften Hallen wie der Londoner Royal Albert Hall – und im Seeforum quasi zum Anfassen nahe am Publikum.
Liebhaber der Klassik dürfen sich also in diesem Sommer wieder auf zwei außergewöhnliche musikalische Wochen freuen. Es lohnt sich, frühzeitig Karten zu sichern, denn die Beliebtheit des Musikfestes steigt Jahr um Jahr.
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