Ernst Hürlimann

„Ja so sans'“ karikierte Ernst Hürlimann

Kuratorin Sandra Spiegler. Foto: MZ

Mit der inhaltlich und optisch gelungenen Ausstellung „Ja, so sans‘“ gedenkt das Olaf Gulbransson Museum des 100. Geburtstag von Ernst Hürlimann. Die humorvollen und gleichermaßen bissigen Karikaturen des Münchners sind auch heute noch aktuell.

Bei einer exklusiven Führung durch die soeben eröffnete Sonderausstellung erläutert mir Kuratorin Sandra Spiegler ihr besonderes Konzept. Sie habe es gemeinsam mit der Witwe und der Enkelin des Zeichners entwickelt. Auf diese Weise sei der Mix aus persönlicher Beziehung zum Künstler mit ihrem Wunsch, einen Bezug zu Tegernsee herzustellen, für jeden Besuchenden verständlich geworden.

175 Zeichnungen in Petersburger Hängung

Die Präsentation empfängt mit einer überdimensional großen auf die Wand geklebten Zeichnung. Mit dieser Technik sind noch einige weitere Karikaturen vergrößert dargestellt und da ohne Glas auch zum Fotografieren geeignet. Die Originalzeichnungen, indes, insgesamt 145, sind in Petersburger Hängung angebracht.

Ernst Hürlimann
Ja so sans‘. Foto: MZ

Das sei Michael Becks Beitrag, „er bringt Pep ins Museum“, sagt Sandra Spiegler. Der Vorsitzende der Olaf Gulbransson Gesellschaft und Galerist habe unkonventionelle Ideen. Diese Art der Hängung sei wie eine Klaviatur, schwinge hoch und runter und der besuchende sei gezwungen, einmal den Kopf zu recken und einmal in die Knie zu gehen. „Das macht die Ausstellung lebendig“, meint die Kuratorin und ergänze ihre Sicht von Storytelling.

Ausstellung erzählt Geschichten

In der Tat erzählt die Ausstellung eine Menge von Geschichten, da die Karikaturen nach Themen gruppiert sind und damit das Werk strukturieren. Zunächst lernt der Besuchende den Künstler selbst kennen, der wie viele seiner Zeichnerkollegen von der Süddeutschen Zeitung, fast alle schon im Gulbransson Museum ausgestellt, Architekt war und die Karikatur als Nebenerwerb betrieb.


Zu Vernissagen. Foto: Foto: MZ

In dieser Abteilung finden sich sowohl biografische Züge von Ernst Hürlimann als auch der Blick des Münchners auf Tegernsee und der Blick zurück nach München. „Man kann nicht ohne einander und findet das jeweilige andere besonders witzig“, meint Sandra Spiegler. Schön bei Ernst Hürlimann sei, dass die Zeichnungen allgemein verständlich seien und kaum tagespolitisch. So könne sich der Betrachtende immer wieder selbst finden und schmunzeln, etwa der geplagte Bauherr, der mit seinen Plänen von Kreti zu Pleti marschieren müsse.

Ernst Hürlimann und Olaf Gulbransson

Die Kuratorin betont auch die Verbindung zu Olaf Gulbransson, auch er habe immer wieder Typen gezeichnet, die aktuell bleiben. Und auch er habe als I-Tüpfelchen meist Über- und Unterschriften angebracht.

Ernst Hürlimann
Die Fernsehfamilie. Foto: MZ

Zum großen Bild der Fernsehfamilie erzählt Sandra Spiegler, dass Ernst Hürlimann gemeinsam mit Ernst Maria Lang den „doppelten Ernst“ als Duo gegründet habe. Hürlimann Linkshänder Lang Rechtshänder hätten sie gemeinsam, ohne sich in die Quere zu kommen, gezeichnet. Dazu gebe es einen Film, der im Begleitprogramm angeboten wird.

Beim Thema „Kunst und Kultur“ nimmt der Karikaturist so einiges aufs Korn, etwa, dass der Normalbürger nicht alles versteht, was unter moderner Kunst angeboten wird.


Bayern. Foto: MZ

Die zahlreichen Klischees, die mit „Bayern“ verbunden sind, hat der Zeichner humorvoll dargestellt. Hier findet sich auch ein sogenanntes „Lustbild“, da es die Lust zum Zeichnen wiedergibt, wir würden es eher als Wimmelbild nennen. Die vielen vielen Typen hat der Karikaturist auch einzeln in anderen Zeichnungen verwendet.

Klischees greift er auch bei den Themen “Bier“ und „Wiesn“ auf, aber es findet sich auch Aktuelles, wie beispielsweise „Hams vorbestellt?“

In den hinteren Vitrinen sind eine Vielzahl von Büchern ausgestellt, die Ernst Hürlimann illustriert hat, so auch die frühen „Blasius“-Bände.


Steh ich jetzt endlich richtig?. Foto: MZ

Beim Thema „Fremdenverkehr“ und „Urlaub“ kommt das Phänomen zutage, dass sich die Einheimischen zuhause gar nicht so gut auskennen, im Urlaub sich dagegen alles anschauen, nein, fotografieren, sehr aktuell, wenn auch heute nicht mehr mit der Leica.

Ausziagn, die Touristen kommen!

Köstlich die Zeichnung an der Isar in München mit dem Ruf: „Ausziagn, die Touristen kommen!“. Und erheiternd die Zeichnung vom Diaabend, bei dem sogar der Regen vorgeführt wird. Und der Stauberater ist heute aktueller denn je.


Gebotszeichnung. Foto: MZ

Ernst Hürlimann war nicht nur Zeichner bei der SZ und beim Fernsehen, sondern er schuf auch Zeichnungen im öffentlichen Raum, wie in der U-Bahn. „Gebotsplakate“ nennt sie Sandra Spiegler.


Begegnung im Morgengrauen. Foto: MZ

Über den „Wintersport“ geht es in die „Berge“. Hier findet der Besuchende zwei eingefärbte, relativ große Zeichnungen, die Hürlimann live für das Fernsehen gefertigt hat. Er karikierte den Ansturm auf die Berge ebenso wie eine Begegnung im Morgengrauen, „eins meiner Lieblingszeichnungen“, bekennt Sandra Spiegler. Die Ausstellung geht mit den Themen „Fasching“ und „Wetter“ zu Ende aber vorher gibt es noch etwas Besonderes zu sehen: Einen Skioverall mit Hürlimannzeichnungen, eine Bogner-Kreation. Bei der Schlange am Lift aber scheint sich einer verirrt zu haben.


Skioverall von Bogner. Foto: MZ

Die Ausstellung „Ja so sans‘“ von Ernst Hürlimann ist im Olaf Gulbransson Museum bis zum 19. Juni zu sehen. Ein umfangreiches Begleitprogramm mit Führungen ergänzt die Präsentation.

Zum Weiterlesen: Marc Chagall in Tegernsee

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