Jaromir Konecny und sein Alter Ego Lolek Nĕmec
Jaromir Konecny. Foto: Isabelle-Grubert-Random-House
Neuerscheinung auf dem Buchmarkt
„Die unglaublichen Abenteuer des Migranten Nĕmec“ titelt Jaromir Konecny seinen neuen Roman. In ihm verknüpft er seine eigenen Erfahrungen als Migrant mit denen der Flüchtlinge von heute. Entstanden ist ein neuer Schwejk.
Kein Wunder, ist doch der Autor gebürtiger Prager, der 1982 in die Bundesrepublik floh und im niederbayerischen Flüchtlingslager ausreichend Erfahrungen als auf seine politische Anerkennung Wartender sammeln konnte. Später studierte und promovierte Konecny in Chemie und lebt heute als Autor und Wissenschaftskabarettist in München. Insbesondere machte er sich einen Namen als Mitbegründer der Poetry und Science Slam Szene. Damit trat er auch im Rahmen der Wissenschaftstage Tegernsee im Mai in Bad Wiessee auf.
Jetzt also erschien sein neuer Roman, dessen Protagonist von den Erlebnissen des Autors zehrt. Lolek Nĕmec nämlich ist ein tschechischer Migrant mit tatsächlich unglaublichen Erlebnissen, so lag er 13 Jahre im Koma, verlor seine geliebte Anna an einen Rivalen und jetzt steht er vor Gericht. Zwar inzwischen promovierter Chemiker, wird ihm vorgeworfen, er habe sein Abiturzeugnis gefälscht. Zur Strafe muss er als Sozialleistung in einem bayerischen Flüchtlingslager aushelfen.
Bürokratie zum Abwinken
Und fühlt sich wie zu Hause, denn das alles kennt er: Sprachprobleme, Bürokratie zum Abwinken, ablehnende Haltung so mancher Dorfbewohner, angeheizt vom Bürgermeister, der aus dem Grundstück ein Golfressort machen will und zu kriminellen Methoden greift. Anderseits gibt es aber auch viele hilfsbereite und mitfühlende Menschen, die sich um die Flüchtlinge aus dem Irak, Eritrea und Syrien kümmern. Auch Nĕmec gibt sein Bestes, um die Integration der Flüchtlinge zu meistern.
Jaromir Konecny beim Vortrag. Foto: Matthias Hataj
Das ist der Plot des Buches, das Konecny zu einer fortwährenden witzigen Lektüre mit Tiefgang macht. Sein Nĕmec nämlich ist ein Vielredner, der in jeder Situation umständlich und ausführlich Geschichten aus seiner Vergangenheit zum Besten gibt, damit schließt er an Jaroslav Hašeks Roman vom braven Soldaten Schwejk an. Auch Nĕmec scheint ein naiver, bisschen einfältiger Typ zu sein, der sich aber durch Hausverstand und Widersätzlichkeit auszeichnet. Mit Witz und Eigensinn beharrt er so zum Beispiel auf seiner Liebe zu einer neuen Anna, die ihn zunächst massiv abweist.
Slivovitz und eine Prise Erotik
Wie Schwejk verdient sich Nĕmec seinen Unterhalt mit Hunden, aber nicht mit deren Verkauf sondern mit einem Intelligenzspiel für Hunde. (So etwas gibt es übrigens wirklich.) Und natürlich spielt der gute Slivovitz auch eine Rolle. Damit, mit seinem Witz, immer mal wieder auch mit einer Prise Erotik, gewinnt Nĕmec nicht nur die Sympathie von Bruni, die alles Menschenmögliche für ihre Flüchtlinge tut, sonder auch die Sympathie der Flüchtlinge selbst.
Dabei zeichnet Konecny sehr lebendige Charaktere, die von Wertschätzung zeugen und deutlich machen, dass „hinter jedem Flüchtling ein Mensch steht.“ Das ist die Kernaussage des Buches und damit ist es ein wertvoller und notwendiger Beitrag zur Integration.
Das Buch steckt neben seiner zuweilen skurillen Handlung voller Philosophie. Da sagt der Obdachlose: „Deutschland ist voller Hunde. Je mehr Individualismus in einem Land, umso mehr Hunde gibt es dort.“ Oder der taoistische Spruch: „Von dem Schauen kommt das Staunen, und von dem Staunen kommt die Freude.“
1.12., 17.45 Uhr, Lesebühne im Hugendubel am Stachus
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Einen Moment bitte! oder zwei?