Wieder entdeckt: Jecheskiel David Kirszenbaum
vhs-Leiter Thomas Mandl in der Ausstellung. Foto: MZ
Ausstellung in Holzkirchen
Eine informative und spannende Ausstellung eines nahezu in Vergessenheit geratenen Künstlers ist jetzt im Untergeschoss der vhs Oberland zu sehen: Karikaturen von Jecheskiel David Kirszenbaum, der die Entwicklung der Weimarer Republik hin zum NS-Staat weitsichtig dokumentierte.
Die Ausstellung schließt an den Schwerpunkt „1.700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland“ an. Sie ist eine Wanderausstellung, die durch ganz Deutschland reist und derzeit Station in Holzkirchen macht. „Jecheskiel David Kirszenbaum ist ein zu Unrecht in Vergessenheit geratener Künstler, der über viele Jahre das Leben und die Politik seiner Zeit festhielt“, sagt vhs-Leiter Thomas Mandl. Er sei der Frage nachgegangen: Wie fühlt man sich als Jude in Deutschland?
Der Künstler Jecheskiel David Kirszenbaum. Foto: MZ
Der polnisch-französischen Bauhausschüler Jecheskiel David Kirszenbaum wirkte in Berlin der zwanziger Jahre und nach seiner Emigration in Paris. Der Künstler beobachtete scharfsinnig die politische Entwicklung nach dem ersten Weltkrieg, in den sogenannten Goldenen zwanziger Jahren und in der Weimarer Republik.
Seine Karikaturen wurden in Kunst- und Kultur-Zeitschriften aber auch Satireblättern wie ULK oder Jugend und Roter Pfeffer veröffentlicht. Die Ausstellung gibt einen umfassenden Überblick über sein Schaffen, das sowohl Politik als auch Gesellschaft und das kulturelle Leben spiegelt. So spottet er über Künstlerkollegen, aber auch über sich selbst unter dem Pseudonym Duwdiwani.
Kunst und Künstler. Foto: MZ
Er zeichnete auch die Übergabe des Lorbeerkranzes von Goethe und Schiller an Wilhelm Külz, der das Gesetz der Bewahrung der Jugend vor Schund- und Schmutzschriften befürwortet hatte. In einer anderen Karikatur wendet sich Goethe demonstrativ von der Hakenkreuzflagge ab.
.Der Bauhauskünstler Foto: MZ
In Erinnerung an seine Ausbildung beim Bauhaus ist die Tafel „Wir pinseln in kubigen Kisten“ zu sehen. Der Karikaturist verwendete unterschiedliche Stile, expressionistisch, kubistisch und auch abstrakt.
Karikaturen in ULK, hier Wilhelm Külz. Foto: MZ
Die Ausstellung thematisiert besonders die kultur- und gesellschaftspolitischen Zusammenhänge: Die Stellung der Frau, aber auch die Stellung des Mannes in der neuen Zeit, Wiederaufrüstung, windige Geschäftsleute, Korruption, Antisemitismus.
So widmete er sich dem Professor für Rassenkunde Hans F. K. Günther in einer Karikatur aus dem Pariser Exil 1934. Und er stellte sich selbst als „recht goischen Jecheskiel“ dar.
.Rassenkunde Foto: MZ
Daneben kommen immer wieder Zeichnungen, die das Leben in der damaligen Zeit karikieren. Die Doppelmoral, wie sie Heinrich Mann in „Der Untertan“ geißelte, der Boxsport oder der Siegeszug des Radios, Teufel Alkohol und die Ehe und das Schuldprinzip.
Teufel Alkohol. Foto: MZ
Ganz am Ende nimmt er das Abführmittel Laxin als Mittel zur Gesellschaftskritik, Laxin als Konfekt zur Erreichung der geforderten schlanken Figur.
Jecheskiel David Kirszenbaums Karikaturen sind aktuell wie eh und je, sowohl was Politik als auch was Gesellschaft anbelangt. Wiederaufrüstung, Antisemitismus, windige Geschäftsleute, all das gibt es auch heute. So ist die Ausstellung auch für Schulklassen überaus empfehlenswert.
Andrea Pancur. Foto: Shendl Copitman
Zum Weiterlesen: Meet a Jew: Die jüdische kultur kennenlernen