Jeffrey Archer und „Der Traum des Lebens“
Buchcover von „Der Traum des Lebens“. Foto: MZ
Buchtipp von KulturVision e.V.
Der letzte Satz des Buches ist ein Hammer. Man legt das Buch weg und denkt sich: Der traut sich was. Jeffrey Archer hat mit seinem neuen Buch “Der Traum des Lebens“ wieder einmal bewiesen, was für ein exzellenter Kenner der Politik und Wirtschaft er ist und wie spannend er erzählen kann.
Ich habe die 704 Seiten an drei Tagen gelesen. Das geht nur im Urlaub und deshalb empfehle ich diesen Schmöker auch als Sommerlektüre. Der britische Autor Jeffrey Archer war Politiker, kennt also die Verhältnisse und Abläufe in der britischen Regierung aus eigener Erfahrung.
Familienepos von Jeffrey Archer
Mit seinen Romanen wurde er weltberühmt. Insbesondere das Familienepos „Die Clifton Saga“ aus sieben dicken Bänden bestehend, fand auch in Deutschland begeisterte Leser. Politik und Wirtschaft in den USA waren das Thema der Bücher „Kain und Abel“ und „Abels Tochter“, sowie „Kains Erbe“, worin er beschreibt, wie eine Tochter eines polnischen Einwanderers in den USA Präsidentin wird. Und wie sie gegen die Waffenlobby vorgeht und dabei fast ihr Leben verliert. Aktueller geht es nicht.
Die Flucht gelingt mit einem Frachtschiff. Foto: pixabay
Ebenso aktuell ist sein im vorigen Jahr erschienener Roman „Der Traum des Lebens“. Hatte er schon in der “Clifton Saga“ das Thema eines russischen Dissidenten aufgegriffen, steht hier der Russe Alexander aus Leningrad mit seiner Mutter Elena im Mittelpunkt des Geschehens.
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Sein Vater wollte eine Gewerkschaft der Hafenarbeiter gründen und wurde durch den KGB ermordet. Alexander, der den Drang nach Freiheit und Unabhängigkeit geerbt hat, macht sich ebenfalls unbeliebt, zudem wird Elena von einem KGB-Mann belästigt. Ihr Bruder Kolja sieht nur in der Flucht einen Ausweg und schafft es, die beiden in einer Kiste in ein am Hafen ankerndes westliches Schiff zu schmuggeln.
Zwei Schiffe, zwei Geschichten
Es sind zwei Schiffe, die da ankern, ein britisches und ein amerikanisches, Alexander wirft eine Münze, aber immer wieder fragen sich die beiden Flüchtlinge, ob sie das richtige Schiff gewählt haben. Jeffrey Archer löst diese Frage genial: Er erzählt beide Geschichten. Alex und Elena fahren nach New York und lassen sich in Boston nieder und Sascha und Elena kommen nach Southhampton.
Alex wird Unternehmer in Boston. Foto: pixabay
In zwei voneinander unabhängigen, aber sich immer begegnenden Erzählsträngen erfährt der Leser, wie sich „Der Traum des Lebens“ für Alexander und seine Mutter verwirklicht. Beide sind intelligent und fleißig, beide sind sparsam und anspruchslos, das sind sie aus ihrer Vergangenheit so gewohnt.
Zahlreiche Widrigkeiten
Und so kommen beiden trotz zahlreicher Widrigkeiten gut zurecht. Elena, die gute Köchin, arbeitet sich sukzessive von der Spülerin hoch bis zu eigenen Restaurants. Sascha bzw. Alex studieren, verdienen sich nebenbei ihren Lebensunterhalt. Sascha wird in England Politiker der Labourpartei und Alex wird in Boston Unternehmer. Beide finden sie ihre große Liebe.
Sascha wird Politiker in London. Foto: pixabay
Von Jeffrey Archer ist man es gewohnt, dass er mit zahlreichen Nebenschauplätzen den Roman abwechslungsreich gestaltet und auch die Nebenfiguren plastisch werden lässt. So muss Alex in den Vietnamkrieg ziehen, wo er seinem Vorgesetzten das Leben rettet. Sascha indes kämpft an anderer Front, seine politische Widersacherin von den Konservativen macht ihm mit Intrigen das Leben schwer.
Unterhaltung, Spannung und politische Bildung
Was wie simple Unterhaltung klingt, hat immer kenntnisreiche Hintergründe. Dem Autor gelingt es, Unterhaltung, Spannung und politische Bildung unter einem Dach zu vereinen. Dem Exilrussen wird letztlich ein hohes Amt angetragen, lange ringt er darum, dann nimmt er an, aber sein Schulfreund kann sich damit nicht anfreunden.
Roter Platz in Moskau. Foto: pixabay
Jeffrey Archer widmet sein Buch Boris Nemtsow mit den Worten: „Ich wünschte ich hätte seinen Mut“. Der russische Physiker und Politiker, der Zeit seines Lebens für Demokratie und Freiheit in seinem Land kämpfte, wurde 2015 in Moskau an der Kremlmauer erschossen.