Das Platon’sche Höhlengleichnis – in Papier
Farb-, Licht- und Schattenspiele: Papiertheater Johannes Volkmann. Foto: Ines Wagner
Theater in Bayrischzell
Können zwei Augen das Gleiche sehen? Ist es so oder eher so? Wie viele Fragen gibt es eigentlich auf dieser Welt? Johannes Volkmann stellt die Welt auf den Kopf mit seinem Papiertheater und erklärt dazu noch das Höhlengleichnis von Platon.
Wie immer am Tannerhof konnte man sich auf ein verblüffendes, ungewöhnliches Programm einstellen am Donnerstag und Freitag Abend. Aber Papiertheater? Theater aus Papier? Mit Papier, in Papier, hinter und vor Papier, durch Papier hindurch! Der ursprünglich gelernte Holzbildhauer Johannes Volkmann macht in seinem Ein-Mann-Theater mittels Papier Denkprozesse sichtbar, hörbar, erfahrbar. Lässt Geschichten entstehen.
Es beginnt mit einem weißen Blatt Papier
Johannes Volkmann – bespielt eine Bühne aus Papier. Foto: Ines Wagner
Da ist die Bühne, eine große, unberührte Papierfläche. Darauf wird mit Schatten gespielt, mit Farben, Formen, Bewegungen. Johannes Volkmann schneidet, reißt, raschelt, wickelt, zerknüllt und entfaltet. Mit allerlei Werkzeugen, mit seinem Körper, Händen, Mund bearbeitet er die weiße Fläche und zugleich anhand des Höhlengleichnisses die Frage nach der Wirklichkeit. Denn ist das, was wir sehen, wirklich das, was es ist?
Ein Philosoph spielt mit seinen Gedanken
Johannes Volkmann deutet auf das Papierknäuel in seiner Hand: „Das ist ein Gedanke, der muss sich erst noch entfalten.“ So braucht es auch einen ersten Menschen, der die Höhle und mit ihr die bisher einzige Wirklichkeit, die er kennt, verlässt. Platons Höhlenmenschen sahen, kannten und erkannten nur Schatten. Volkmann hat sich mit seinem Publikum fragend voran getastet. „Ich sehe etwas, das du nicht siehst. Sie sehen etwas, was wir nicht sehen. Und wir fragen uns wirklich alle, was die dort sehen! Ist es so oder eher so, oder vielleicht doch alles ganz anders? Man muss es erst einmal auf den Punkt bringen!“
Er spielt voll kindlicher Hingabe mit der Wirklichkeit, mit Überschneidungen, farbigen Lichtern und Geräuschen. Denn wenn man die gewohnte Wirklichkeit nicht deutlich vor sich sieht, muss man auch genauer hinhören. Am Klavier begleitet ihn geheimnisvoll laut-leise Elisabeth Aigner-Monrath. Gemeinsam nehmen sie die Zuschauer mit auf eine Reise voller Verwirrungen, Täuschungen, Geheinmissen und schlussendlich Erkenntnissen.
Licht und Schatten gehören zusammen
Das Leben in Platons Höhle als Schattenspiel. Und Johannes Volkmann macht noch viel mehr daraus, ein Erkennen des Ich und Du, des Hier und Dort, des Miteinander. Wie der sprichwörtliche Schlag trifft den Höhlenmann die Erkenntnis, dass alles doch ganz anders ist. „Man darf die Dinge nicht getrennt sehen!“ Die Welt ist eben viel vielschichtiger, als man es sich vorstellen kann, und jeder sieht sie mit anderen Augen.
Wie erging es Platons Höhlenmensch? Johannes Volkmann und seine Erkenntnisse im Papiertheater. Foto: Ines Wagner
Johannes Volkmann ist seit 20 Jahren mit verschiedenen Inszenierungen unterwegs mit dem Papiertheater. Immer sind es Stücke, die Fragen aufwerfen, die tiefsinnig sind, philosophisch und hoch poetisch zugleich. Kindliche Neugier treibt ihn an, Lust am Spielerischen, Ernst an der Lage unserer Gesellschaft.
Johannes Volkmann kommt wieder
Am Freitag war mit „Unerhört“ eine weitere Darstellung zu sehen, die Brücken schlug zwischen Klang, Bild und Geste, gemeinsam mit der gehörlosen Künstlerin Barbara Schuster. Mittlerweile ist er ein gern gesehener Gast bei der Hofkultur am Tannerhof, wo man sich mit sicherer Hand ungewöhnlichen Künstlern und ihren Werken verschrieben hat. Gut zu wissen, dass er nächstes Jahr wiederkommen wird. Wir freuen uns darauf!
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