Die Karawane hilft weiter
Pascal Violo (links) und seine Mitstreiterinnen packen für Bosnien. Foto: Bruno Maul
Hilfsprojekt für Geflüchtete
Im Jahr 2020 gründete Pascal Violo mit der „Karawane der Menschlichkeit“ ein Hilfsprojekt für Geflüchtete. Gerade ist er zurück aus Bosnien. Dort ist der Winter eisig kalt – in den Zelten von Bihac.
Eigentlich ist Pascal Violo Reisefotograf – und wurde ausgebremst von der Pandemie, als er im Jahr 2020 eine Reportagereise zu den Eisbären in Kanada geplant hatte. Stattdessen sah er im Fernsehen die Bilder des brennenden Flüchtlingslagers Moria. Erschüttert von diesen Aufnahmen entschloss er sich, vor Ort auf Lesbos zu helfen. Aus dem couragierten Schritt eines Einzelnen wurde der gemeinnützige Verein Karawane der Menschlichkeit. Das erste Hilfsprojekt führte Pascal Violo auf die Insel Lesbos in das Lager Kara Tepe.
Im letzten Jahr hat die „Karawane der Menschlichkeit“ Sach- und Geldspenden in Flüchtlingslager an der türkisch-syrischen Grenze, in Bosnien, in Italien und in den Libanon gefahren. Darunter waren mehrere hundert Paar solide, in guter handwerklicher Qualität gefertigte Waldviertler Schuhe. Gute Schuhe gehören zu dem Wichtigsten für Menschen auf der Flucht. Sie sichern das Überleben.
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Weihnachtstraum wurde wahr
Karawane der Menschlichkeit unterstützt das Projekt Casa Sankara. Foto: Bruno Maul
Seit einem Jahr unterstützt die Karawane auch das Projekt Casa Sankara im Süden Italiens. Dort ist es 500 Geflüchteten gelungen, sich aus den Fängen der Mafia zu befreien und ein eigenes landwirtschaftliches Projekt auf 16 Hektar zu gründen. Seit neun Jahren mittlerweile ernten und verarbeiten die Geflüchteten jährlich über 200 Tonnen Tomaten. Sie kooperieren dabei mit den wenigen Fair-Trade-Bauern der Umgebung. Um die Mitarbeiter morgens zu den Feldern zu bringen, fehlte bislang ein Kleinbus. Pascal Violo und seinem Team gelang es, das Weihnachtswunder zu vollbringen und durch eine Spendenaktion den Bus zu finanzieren.
Jetzt ist bitterkalter Winter
Auch in den Flüchtlingslagern liegt immer wieder Schnee. Kälte kriecht durch die Planen der ungeheizten Zelte. Pascal Violo kennt die Situation. Immer wieder passiere es, dass Kinder in den ungeheizten Zelten nachts erfrieren. Er macht deutlich: “Heizmaterialien kosten ‚nur‘ fünf Euro pro Kind im Monat – aber sind für die Flüchtlingsfamilien unmöglich aufzubringen.“ Der überschaubare Beitrag macht deutlich: Es sind viele, kleine Spenden, die hilfreich sind. „Jeder Beitrag hilft, gemeinsam können wir so ein Zeichen der Menschlichkeit setzen“, so der Gründer des Projektes.
Die Geflüchteten in Bosnien kämpfen sich durch Kälte und Schnee. Foto: Bruno Maul
Auf geht’s nach Bihac
Für die notleidenden Menschen in Bosnien – Geflüchtete wie Einheimische – haben Pascal Violo und sein Team in den letzten Wochen 10.500 kg Sachspenden gesammelt, in 1.245 Kisten verpackt, sie in ein Sammellager transportiert und schließlich auf einen LKW verladen. Damit sind sie nach Bihac in Bosnien gefahren. Neben den Sachspenden haben sie auch Geld gesammelt, um gemeinsam mit der Hilfsorganisation SOS Bihac Lebensmittel und Medikamente vor Ort zu besorgen.
Die Gestrandeten hausen teilweise in wilden Camps im Grenzland. Foto: Bruno Maul
Dort haben die Helferinnen und Helfer der Karawane geflüchtete Menschen auch im sogenannten „Dschungel“ – in wilden Camps im Nirgendwo nahe der bosnisch-kroatischen Grenze – getroffen. Unter ihnen auch der Fotograf Bruno Maul aus dem Allgäu, der die Arbeit der Karawane fotografisch dokumentiert. Die Menschen hausen in Ruinen, unter Zeltplanen unter unvorstellbaren Umständen. Sie haben so gut wie nichts. Und somit auch so gut wie nichts zu verlieren auf ihrem Weg in ein neues, sicheres Zuhause. Pascal Violo berichtet: „Einige erzählten, dass sie schon seit zwei Jahren dort leben und das „game“, also den Versuch eines Grenzübertritts, schon 36 mal gewagt haben. Sie wurden aber jedes Mal erwischt und ihnen wurden dann die Schuhe weggenommen, manchmal wurden sie auch mit Stöcken verprügelt.“
Gestrandete ohne Perspektive
Zlatan Kovačević (links) von SOS Bihac hat während des Bosnien-Kriegs vor mehr als 30 Jahren ein Bein verloren. Doch dieses Handicap hält ihn nicht davon ab, zu helfen. Foto: Bruno Maul
Politisches Versagen und fehlende Menschlichkeit
Alle drei Projekte – Kara Tepe, Casa Sankara, Bihac – wären eigentlich nicht nötig, so Pascal Violo: „Sie sind nur da, weil es keinen legalen Weg gibt, in Europa Schutz und Asyl zu suchen. Weil die Menschen, die es bis an die EU-Grenze geschafft haben, für andere als Abschreckung dienen sollen. Weil sie Spielzeug der Politik sind.“ Diese Ungerechtigkeiten, das politische Versagen und die fehlende Menschlichkeit sind Antrieb für ihn und seine Mitstreiter. „Menschen für Menschen“ ist das Motto der „Karawane der Menschlichkeit“.