Abgrundtief schön – die Bilderwelt von Katharina Schellenberger
Katharina Schellenberger: die titellosen Werke laden zum sich selbst entdecken und versenken ein. Repro: IW
Ausstellung in Tegernsee
Bilder, luftig leicht und feminin. Fröhlich und verspielt – auf den ersten Blick nur. Katharina Schellenberger unterzieht unangenehme, sperrige Bildinhalte einer Schönheitskur und wirft damit Fragen zur Existenz des menschlichen Daseins auf.
Betritt man die Galerie Orange von Peggy Neumann in Tegernsee, ist man sogleich eingenommen von der anziehenden Farbigkeit der Bilder. Lebensfreude geht aus von ihnen, wie Urlaub im Süden, die Leichtigkeit eines Sommertages mitten im Schnee.
Vergänglichkeit des Körpers, Verletzlichkeit der Seele
In ihren luftigen Farben erzählen diese Bilder dann aber Geschichten von Geburt und Tod, Wachsen und Vergehen, Krankheit und blühendem Leben, Leichtigkeit und zähem Ringen. Es sind anziehende Bildwerke von lebendiger Leichtigkeit. Bis man den Blick scharf stellt, einzelne Elemente fokussiert, analysiert und der Verstand erkennt: Da kommt nichts Fröhliches leichthin daher! Da geht es ums Ganze. Um die Unsicherheit und Endlichkeit menschlichen Daseins, um die Fragilität des Bewusstseins. Aber auch um den Aufbruch in Unbekanntes, die Entdeckung ungeahnter Welten.
Blick in den Eingang der Galerie Orange. Foto: Ines Wagner
Zuerst bemerkt man beispielsweise eine Katze. Die sieht lustig aus mit ihren türkisen Schnäuzchen. Dann kommt man nicht umhin, die dunklen Augenringe zu bemerken, den schicksalsergebenen Blick, mit dem sich die – inzwischen sehr müde aussehende Katze – am Bild festklammert, vielleicht auch am Leben? Mittlerweile hat man die rosarote Brille geputzt, es dominiert der Tod, in immer noch fröhlichen Farben. Aber nun mit ganz anderem Gewicht.
Collagenartige Bildwelten aus Träumen und Erinnerungen
Die Bilder ziehen an und verstören zugleich. Sie erzählen Geschichten, die sich immer wieder wandeln, je länger man hinblickt. Längst ist es keine Katze mehr, sie ist ein fragiles Wesen. Ein gelbes Pferd hat sich ins Bild geschoben. Linien überlagern sich. Folgt das Auge ihnen, entdeckt es immer neue Welten, Ebenen, Geschichten. Erinnerungen vermischen sich mit Tagträumen, Albträumen und aktuellen Geschehnissen zu collagenartigen Bildwelten.
Malerin Katharina Schellenberger in ihrem Atelier. Foto: KN
Katharina Schellenberger betitelt ihre Werke selten. Zumeinst sind sie bloß durchnummeriert, damit der Betrachter sich selbst in ihnen verlieren und finden kann. Die Konfrontation mit den schweren Bildinhalten gelingt ihr mit ungeheurer Zartheit und Leichtigkeit.
Beim Abtauchen in die Tiefen der Bilder meint man, in die Untiefen der menschlichen Seele hinab zu steigen. Zur Distanzierung von dem, was man dort finden könnte, zum Selbstschutz vielleicht, sind es komische Elemente, märchenhafte Figuren, die man dort findet. Die surreal-grotesken, verträumt-verstörenden Bilderwelten erscheinen ohne logische Abfolge, ohne Anfang und Ende. Man kann sich verlieren in immer neuen Interpretationen. Die Bilder von Katharina Schellenberg findet man auch u.a. in den Staatlichen Gemäldesammlungen München.
Starke Frauenporträts von Katharina Schellenberger (Ausschnitt). Foto: KN
Parallel zur Ausstellung in Tegernsee werden ab 30. Januar in Irschenberg in der Kaffeerösterei Dinzler, Cooperationsoartner von Galerie Orange, fünf weitere Werke der Künstlerin aus Landsberg am Lech zu sehen sein. Feminin, kraftvoll, lasziv, verführerisch, nachdenklich – Katharina Schellenberger hat in feinen Linien und gedeckteren Farben Frauenporträts gemalt, welche die ganze Palette der klugen Weiblichkeit ausleuchten.