Feinste Papierarbeiten mit „Musterwechsel“
Katrin Hering mit Wearable Art. Foto: Petra Kurbjuhn
Ausstellung in Holzkirchen
„Musterwechsel“ nennt Katrin Hering ihre Ausstellung von Papierarbeiten in der Galerie im Autopavillon Steingraber. Es sind stille Arbeiten, die man sehr nah aber auch aus der Ferne betrachten sollte, wobei sich immer wieder je nach Lichteinfall ganz unterschiedliche Eindrücke, aber auch Einsichten ergeben.
Wir dürfen coronabedingt allein mit der Miesbacher Künstlerin die Ausstellung anschauen und erfahren, wie sie arbeitet und was ihr künstlerisches Anliegen ist. Katrin Hering ist eine perfekte Handwerkerin, hat den Umgang mit dem Stecheisen in der Buchbinderei erlernt, nachdem sie als Mathematikerin in der freien Wirtschaft arbeitete.
Diese beiden Kompetenzen werden in ihren künstlerischen Papierarbeiten offenbar. Mit enormer Geduld und Präzision stanzt sie sich wiederholende Strukturen in Papier und fertigt unterschiedliche Muster. Dabei sind es vier Variationen, die ihren „Musterwechsel“ kennzeichnen.
Twinkle, twinkle. Foto: Petra Kurbjuhn
In vier Arbeiten, die im Erdgeschoss zu sehen sind, wird deutlich, wie Katrin Hering ein und dasselbe Muster in der Anordnung verändert und dabei ganz unterschiedliche Wirkung erzielt. Ganz rechts ist das Grundmuster ganz gerade in Reih und Glied angeordnet, daneben ist es verschlungen, im dritten Werk schaut es aus als funkelten Sterne und ganz links kann der Betrachter trudelne Blätter vermuten.
Im Obergeschoss fallen sofort Installationen in der Mitte des Raumes auf. Katrin Hering fertigt neben ihren gestanzten feinen Papierarbeiten auch Theaterkostüme aus Papier. Sie bestehen aus Streifen von hochwertigem Papier, kombiniert mit ein wenig Stoff, damit es angenehmer zum Tragen ist. „Tragbare Kunst“, sagt sie dazu und verrät, dass sie selbst gern diese Teile trägt.
Ausschüttung des Heiligen Geistes. Foto: Petra Kurbjuhn
Davor ist eine Papierinstallation aufgestellt, die aus unendlich vielen Lagen von Papierstreifen besteht, die breit auseinanderfächern. „Ausschüttung des Heiligen Geistes“, nennt Katrin Hering die Arbeit, die sie zur Konfirmation ihres Sohnes fertigte und die ihr, wie sie erzählt, das Thema Heiliger Geist näherbrachte. In einer gestanzten Arbeit hat sie dasselbe Thema anders bearbeitet und damit einen zweiten tatsächlichen Musterwechsel realisiert. „Steter Tropfen – Heiliger Geist II“ nennt sie die Arbeit, in der unregelmäßig angeordnete Tropfen von oben niederfallen.
Auch das Doppelbild „Inverse“ gehört in diese Kategorie, wobei das eine Bild aus vielen Lagen besteht, das andere aber nur aus einem Blatt Papier.
Relief, Detail. Foto: Katrin Hering
Üblicherweise arbeitet Katrin Hering mit einem Papier, in das sie ihre Muster stanzt. Auf der linken Galerieseite findet der Besucher jetzt eine neue Technik, einen dritten Musterwechsel. Hier nämlich hat sie zum Teil sehr viele Lagen Papier übereinandergelegt und erzielt dabei eine Art Relief, das wie Schieferplatten wirkt. In einer anderen Arbeit kommt sich der Betrachter vor, als würde er im Meer schwimmen, man sieht die Wellen und den Himmel, der aber nur wenig Raum einnimmt und ist beklemmt.
Splodges, entdecke die Fehler. Foto: Petra Kurbjuhn
Katrin Hering erzählt, dass ihr ein weiterer Musterwechsel besonders spannend erscheint, der nämlich, wo in einem Muster nur ein Element aus der Reihe tanzt. Deutlich wird dies in der dreiteiligen Reihe „Splodges“. Im ersten Bild ist noch alles perfekt, im zweiten und dritten aber sind Defekte eingebaut. „Wo genau hört das Muster auf und wo fängt etwas Neues an“, fragt die Künstlerin.
Dies werde auch in ihrer Arbeit „Horizont“ deutlich, die man von nah und fern betrachten muss und bei dem der Betrachter nicht mehr genau entscheiden kann, wo das Meer aufhört und wo der Strand beginnt und wo die Horizontlinie ist.
Horizont. Foto: Petra Kurbjuhn
Auf der rechten Seite hat Katrin Hering zwei Arbeiten mit identischem Muster, aber jeweils in weißem und schwarzem Papier gehängt und auch noch eins auf den Kopf gestellt. Die Muster sehen hier aus wie feinste Wäschestickerei. Das schwarze ist uns bekannt aus der Irschenberger Kunstausstellung, wo man im Dunklen die Papierarbeiten Katrin Herings betasten durfte.
Auf dem Kopf und Wurzelwerk. Foto: Petra Kurbjuhn
Lesetipp: Kunst als öffentliche Angelegenheit
Die Künstlerin äußert ihren Dank an Kurator Horst Hermenau und die Familie Steingraber, dass die Ausstellung trotz Lockdown für Besucher zugänglich ist. Für ihre Unterstützung bei der Auswahl und Hängung dankt sie insbesondere Micol Krause.