Unmittelbare Kunst von Kerstin Zottl
o.T. Acryl auf Leinwand. Foto: MZ
Ausstellung in Bayrischzell
„Heti“ nennt Kerstin Zottl ihre Ausstellung im Tannerhof Bayrischzell. Die Bilder lassen sich nicht in ein System einordnen, sie laden ein, den eigenen Assoziationen freien Lauf zu lassen.
Heti, so lerne ich bei Wikipedia, ist ein Begriff aus dem Segelsport und in der Tat mehrere Bilder erinnern mit ihren konkreten dreieckigen Formen an Segel, andere haben wieder ganz andere Strukturen. Die Künstlerin, die an der Akademie für Bildende Künste in München studierte, erzeugt farbige Flächen unterschiedlicher Form und unterschiedlicher Farbgebung.
Freie Farbflächen
Manche dieser Strukturen überlagern sich, andere grenzen sich ab, oft ist ein Weißraum dazwischen. Die Bilder haben keinen Titel, das weist auf die Freiheit hin, die sich die Künstlerin bei ihrer Arbeit nimmt. Sie will keine Botschaften mit ihrer Kunst vermitteln, sondern sie komponiert frei assoziativ Farbflächen miteinander.
o.t. Acryl auf Leinwand und Collage. Foto: MZ
Der Betrachtende ist nicht aufgefordert, etwas zu erkennen, sondern er darf sich einfach nur mit Kunst, fern des Alltags befassen und als ästhetische Erfahrung genießen. Die Besucherin ist eingeladen, die von den Farben und den Kompositionen manifestierten Energien zu spüren, aufzunehmen und damit in den Dialog mit den Bildern zu treten.
o.T. Acryl auf Leinwand. Foto: MZ
Neben den Gemäden hat die Künstlerin auch vier Collagen ausgestellt, in denen die Betrachterin ebenfalls spazieren gehen und frei assoziieren kann.
Das Unmittelbare
Heti, das erfahre ich in der Ausstellung, ist auch ein finnischer Begriff und heißt „unmittelbar“. Das passt noch viel besser als die Segelyacht. Kerstin Zottl sagt: „Auf das Sammeln von einfachen Materialien (wie Luftpolsterfolie), Objekten oder Bildern folgt meist ein collageartiges Arrangieren, das ich dann übermale.“ Dabei interessiere sie das Unmittelbare und sie entscheide spontan, welches Leinwandformat und welche Farben sie verwende. „Für mich fühlt es sich an wie ein improvisierter Tanz, und so bringt mein Körper auch Farben und Formen zum Ausdruck.“
o.T. Acryl auf Leinwand. Foto: MZ
Eine Interpretation der Werke ist somit obsolet. Wenn sich die Künstlerin die Freiheit nimmt, fern jedes kunsthistorischen Regelwerks ihre Bilder zu komponieren, dann kann auch das Publikum frei entscheiden, ob es sich angesprochen fühlt oder nicht.
Begriff der Freiheit
In diesem Sinne ist das Werk von Kerstin Zottl auch politisch zu sehen. In einer Demokratie muss der Begriff der Freiheit in seinem ursprünglichen Sinne gewahrt werden und darf nicht missbraucht werden. Die Gemälde sind in diesem Kontext eine Einladung zur Freiheit. Sie wurde von der Künstlerin in Anspruch genommen und sie darf vom Publikum ebenso wahrgenommen werden.
o.T. Acryl auf Leinwand. Foto: MZ
Valeska Marina Stach schreibt auf der Webseite von Kerstin Zottl: „Schichten werden freilegt, verdeckt, Flächen offen gelassen. Leerstellen im Bild wechseln sich ab mit dicht geballten Farb- und konzentriert-dynamischen Linien-Feldern. Der Duktus der Künstlerin ist gestisch, ihre Bewegung des Pinsels ist physisch spürbar. Die sichtbare Auseinandersetzung mit (De)-Fragmentierung lässt die Inhalte ihrer Bilder hinter der transparenten Material-Hülle wie von innen ausgefüllt durchscheinen. Die Zersetzung und der Wiederaufbau von Spannungsflächen lässt die Farben in Kerstin Zottls Malerei als atmenden Impuls flächenläufig in den Raum vibrieren.“
o.T. Acryl auf Leinwand. Foto: MZ
Zum Weiterlesen: LAUT/LEISE im Tannerhof Bayrischzell