Frau Hullewulle – Kinderbücher für die Ferien
Jennifer Roger in der Abteilung für Kinderbücher in ihrer Bücheroase Schliersee. Foto: Hannah Miska.
Sommerzeit, Lesezeit – nicht nur für Erwachsene. Eine Stippvisite bei Jennifer Roger in der Ecke für Kinderbücher der Schlierseer Bücheroase.
Neulich hat uns Julian besucht. Julian ist 5 Jahre alt und reist noch nicht allein, also brachte er seinen Papa mit. Wir hatten ein großes Programm: Schliersbergalm mit Trampolin, Pool und Sommerrodelbahn, Bötchenfahrt und Baden, Rugby-Training (mein Mann ist Engländer) im Garten. Was aber, wenn es regnet?
Wir brauchten einen Notfallplan: Ein paar Spiele – und, natürlich: ein Buch. Ich spazierte also zur Schlierseer Bücheroase. Da war ich genau richtig. Jennifer Roger – die Inhaberin, die selbst einen fünfjährigen Janosch hat – kennt sich bestens aus und empfahl mir gleich mehrere Bücher.
Frau Hullewulle und die Erd-Umhacker
Da gab es zum Beispiel „Das Städtchen Drumherum“, einen mit dem österreichischen Kinder- und Jugendbuchpreis ausgezeichneten Kinderbuchklassiker der 1995 verstorbenen österreichischen Autorin Mira Lobe. In dem von Susi Weigel wunderschön illustrierten Buch, nunmehr bereits in der 19. Auflage erschienen, geht es um einen Bürgermeister, der seine kleine Stadt vergrößern will.
Das Städtchen Drumherum. Erzählt von Mira Lobe, gemalt von Susi Weigel. Foto: Hannah Miska.
Und weil er nicht weiß, wohin mit den vielen neuen Häusern, dem Kaufhaus, der Tiefgarage, dem Rummelplatz und dem Zoo, beschließt er, dass der Wald und der Teich weichen müssen. „Hurra“, freut er sich, „was bin ich doch für ein kluger Mann. Morgen früh fangen wir an. Morgen kommen die großen Bagger, die Erd-Umhacker, die Bäume-Umschmeißer, die Wurzel-Ausreißer.“
Womit der Bürgermeister nicht gerechnet hat: Mit dem Protest der Kinder, die nun nicht mehr wissen, wo sie ihre Schiffchen schwimmen lassen und Indianer spielen können; mit dem Protest der alten Leute, die immer auf den Bänken im Wald gesessen und den Vögeln zugehört hatten; und mit dem Protest der Maulwürfe, Vögel, Käfer, Libellen, Frösche und Igel.
Zum Glück gibt es jedoch die kleine Frau Hullewulle — einen Waldgeist, der im Sommer grüne, im Herbst rote und im Winter weiße Haare hat, und der ein bisschen zaubern kann. Und so zaubert sich Frau Hullewulle in den Kopf des Bürgermeisters… und zum Schluss gibt es zu jedermanns Freude einen Wald und eine größere Stadt. Das Buch, 1970 das erste Mal erschienen, hat mit seinem Nachhaltigkeits-Anspruch noch heute Gültigkeit.
Löschmeister Wasserhose und der kalte Kaffee
Ein zweites Buch, das mir Jennifer Roger in die Hand drückte, lässt vermutlich alle Kinderherzen höher schlagen. Es heißt „Bei der Feuerwehr wird der Kaffee kalt“.
Bei der Feuerwehr wird der Kaffee kalt. Erzählt von Hannes Hüttner, illustriert von Gerhard Lahr. Foto: Hannah Miska.
Hannes Hüttner, preisgekrönter Kinderbuchautor, beschreibt darin auf unterhaltsame Weise, was die Feuerwehrleute so machen, wenn sie mit Tatü tata durch die Gegend rasen, und warum es Löschmeister Wasserhose, Wachtmeister Meier und all den anderen nicht gelingt, ihren Kaffee in Ruhe zu trinken: Bei Oma Eierschecke brennt es, Emil Zahnlücke ist im Eis eingebrochen, und im Zoo ist eine dicke Linde umgefallen — direkt vor das Futterhaus, wo das Heu für die Elefanten, die Kartoffeln für die Hängebauchschweine, die Regenwürmer für die Frösche und die Fleischstücke für die Tiger lagern. Kurzum: Die Kinder erfahren alles, was sie schon immer mal über die Feuerwehr wissen wollten.
Edison und die Erleuchtung
Ich schaute mir ein drittes Buch an. Es heißt „Edison. Das Rätsel des verschollenen Mäuseschatzes“ und ist die von Torben Kuhlmann erzählte und von ihm selbst illustrierte Geschichte eines Mäuseabenteuers.
Edison. Das Rätsel des verschollenen Mauseschatzes. Erzählt und illustriert von Torben Kuhlmann. Foto: Hannah Miska.
Die kleine Maus Pete erscheint eines Tages in der Mäuseuniversität, wo sie bei einem Mäuseprofessor vorstellig wird und um Hilfe bittet: Einer von Petes Vorfahren hat einen vergilbten und zerknitterten Zettel mit einer Nachricht von einem Schatz zurückgelassen.
Pete und der Professor begeben sich auf die Suche, erleben natürlich so allerlei aufregende Sachen, sind aber vor allem wissbegierig und erfindungsreich, um an den Schatz tief auf dem Meeresboden zu gelangen. Dann machen sie eine Entdeckung… nein, hier wird nichts verraten.
Das Buch ist eines von etlichen preisgekrönten Mäusebüchern des Autors, in denen man immer auch etwas erfährt — über Raum und Zeit („Einstein“), über die Geschichte der Luftfahrt (Lindbergh) oder über den ersten Flug zum Mond (Armstrong). Alle Mäuseabenteuer sind atemberaubend illustriert und eine Schatzkiste auch für Erwachsene.
Grünes Herz und kluger Kopf
Ich entschied mich für „Das Städtchen Drumherum“. Als ich es unserem kleinen Besucher Julian gab, konnte ich es mir nicht verkneifen, zu seinem – eher konservativen – Papa zu sagen: „Damit aus Deinem Sohn mal ein Grüner wird“.
Julian mit seinem Lieblingsbuch und dem Papa. Foto: Hannah Miska.
Der Papa knurrte, schickte mir aber zwei Wochen später ein Foto von Julian – im Bett liegend und mit dem „Städtchen Drumherum“ vor der Nase. Darunter stand: „Das ist jetzt Julians Lieblingsbuch!“
Ich musste schmunzeln. Vielleicht würde dem kleinen Julian ja gelingen, was den Kindern des Bürgermeisters, die übrigens ganz namensverwandt, Julius und Juliane heißen – im Städtchen Drumherum gelungen war: ihrem Papa ein grünes Herz zu schenken. „Unser Vati ist ein kluger Kopf“, sagen sie zum Schluss und sind stolz auf ihn.
Für welches der Kinderbücher aus Jennifer Rogers Kinderbuchecke man sich auch entscheidet: Es ist das richtige. Höchste Zeit also, noch vorm Urlaub in der Bücheroase vorbeizuschauen.
Torben Kuhlmann: Edison. Das Rätsel des verschollenen Mauseschatzes. NordSüd Verlag 2018.
Mira Lobe und Susi Weigel: Das Städtchen Drumherum. Verlag Jungbrunnen 2019
Lesetipp: Die Bücheroase Schliersee