Feuerwerk auf Saiten
Höchste Konzentration beim Konzert in Waakirchen: Virtuosen Wolfgang Netzer und Luis Borda. Foto: Karin Sommer
Gitarrenkonzert in Waakirchen
Fulminanter hätte der Start in die neue Saison für die Waakirchner Kleinkunstbühne wohl kaum ausfallen können. Mit dem Duo Wolfgang Netzer & Luis Borda teilten sich zwei weltbekannte Gitarristen und Komponisten die Bühne der Grundschule in Waakirchen und legten die Latte für die restliche Spielsaison sehr hoch.
Für Wolfgang Netzer war es ein Heimspiel, war der gebürtige Garmischer doch schon in verschiedenen Formationen zu Gast in Waakirchen. Diesmal aber brachte er aber einen ganz besonderen Musiker mit. Luis Borda gilt als einer der heute weltweit bekanntesten Tangokomponisten und -interpreten. Das Programm dieses Abends ging jedoch über den Tango hinaus, bewegte sich leichtfüßig zwischen Stilrichtungen, Kulturen und deren verschiedenste Ausdrucksformen.
Gitarren, die sich blind verstehen
Dynamisch gestalteten die beiden Gitarristen das Programm, wechselten zwischen ihren Kompositionen, zwischen Solostücken und gemeinsamen Darbietungen, zwischen leise, zart und intensiv, dicht, drängend. Über weite Strecken schien es, dass sich die Gitarren blind verstanden, nur manchmal war ein Blick zwischen den Musikern nötig, damit zwei Gitarren und zwei Menschen wieder zu einem Ganzen wurden.
Durch die Scheinwerfer mussten die Saiten wiederholt gestimmt werden: Wolfgang Netzer und Luis Borda mit feinstem Gehör. Foto: Karin Sommer
Wolfgang Netzer ist ein Weltbewohner, reiste nicht nur nach Budapest, Istanbul, Kairo, Tunis, Kalkutta, Mumbai und Rio, sondern lebte dort auch über längere Zeiträume. Außergewöhnliche Musikprojekte entstanden und auch das nicht geübte Ohr hört unumstritten Einflüsse aus dem Erlebten in der vermeintlichen Fremde in den von ihm komponierten Stücken. Das Stück „Every second“ erinnert ihn an die Zeit, in der er mit Jane Goodall unterwegs war, damals als er die Filmmusik zu „Jane’s Journey“ schrieb, einer Dokumentation über die Lebensreise der berühmten Verhaltensforscherin. „In jeder Sekunde können wir unser Leben ändern“, erinnert der Gitarrist das Publikum an die prekäre Situation unseres Planeten und an die Dringlichkeit unserer Umkehr.
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Die kleinste Gitarre des Abends
Auch seine Musikinstrumentenwahl des Abends in Waakirchen zeigt die durch Reisen geprägte Vielseitigkeit von Wolfgang Netzer. Während er die erste Hälfte mit der Gitarre bestreitet, kommen in der zweiten Hälfte ihre Schwestern zum Zug. In „This was“ darf die Oud ihre feine Stimmung verbreiten und ebnet der kleinsten Gitarre des Abends den Weg, der Cavaquinho, die aus Portugal stammt und trotz ihrer Winzigkeit einen beeindruckenden Klang hervorbringt.
Luis Borda oder die Liebe zur Gitarre. Foto: Karin Sommer
Luis Bordas Karriere begann einst als Gitarrist der argentinischen Kult-Rockband „Ave Rock“. Tief ist er seither in das Verständnis für sein Instrument eingedrungen. Seine Liebe zur Gitarre kann viele Gesichter haben, sich im Rock, Funk, Latin, in der Klassik oder im Tango ausdrücken. Wenn Luis Borda seiner Gitarre den ersten Ton entlockt, wünscht sich der Zuhörer nur, er möge nie aufhören, zu spielen, ganz egal, welche Stilrichtung es auch sei. „El día que me quieras“ – der Tag, an dem du mich lieben mögest – war einer der nachhaltig betörenden Tangos des Abends. Balladenartig, gefühlvoll und von einer Virtuosität, die selten zu hören ist.
Nach eineinhalb wie im Flug vergangenen Stunden und zwei Zugaben entließ das begeisterte Waakirchener Publikum die beiden Weltstars und darf sich nun auf ein weiterhin sehr interessantes Programm freuen. Die Webseite der Kleinkunstbühne Waakirchen wurde rundum erneuert und präsentiert kommende Programmhits, jedoch ist eines klar: Die Nächsten werden sich anstrengen müssen, um mit dem hohen Niveau des Eröffnungskonzertes mithalten zu können.