Die junge Bühne Miesbach verzaubert im Oktober

Auf geht´s zur Reise in den Süden. Foto: Pia von Miller

Theater in Miesbach

Der Frühling in London war kalt und regnerisch. Damals, als Frauen noch nicht ohne ihre Männer verreisten, taten es einige doch. Mit der Inszenierung von „Verzauberter April“ nahm die „Junge Bühne Miesbach″ das Publikum mit auf eine vergnügliche Reise in den Süden.

Im ungemütlichen, nasskalten April nach dem Ersten Weltkrieg stößt die Anwaltsgattin Lotty Wilton (Sonja Fischbacher) auf eine Anzeige, die sie zum Träumen bringt. Von einem märchenhaften Castillo am Mittelmeer ist da die Rede, von Sonnenschein und Meer. Vermietet wird das paradiesische Schlösschen vom britischen Geschäftsmann Anthony Wilding (Nikolaus Ruml). Es hat allerdings einen stolzen Preis.

Nikolaus Ruml, Sonja Fischbacher und Veronika Halmbacher mit wunderbarer Mimik
Nikolaus Ruml, Sonja Fischbacher und Veronika Halmbacher mit wunderbarer Mimik. Foto: Pia von Miller

Kurzentschlossen überredet Lotty ihre biedere Bekannte Rose Arnott (Veronika Halmbacher) dazu, sich ihr anzuschließen. Da das Budget immer noch nicht reicht, gewinnen sie zwei weitere Frauen für ihr Anliegen. Mrs. Graves, eine schon recht betagte Lady begleitet die beiden. Monika Greindl spielt die herrische, alte Lady überzeugend. Strenge Regeln und Umgangsformen sind ihr wichtig. Ihre bissigen Kommentare lassen dem Publikum kurz den Atem stocken und lösen dann doch schallendes Gelächter aus.

Die vierte im Bunde ist die junge Adelige Lady Caroline (Pia von Miller), die als Femme fatale Unabhängigkeit zur Schau stellt. Erst im sanften Klima Italiens lässt sie ein bisschen hinter ihre Fassade blicken und gibt die nicht so glamourösen Aspekte ihres Lebens preis.

Perfektion bei Bühnenbild und Kostümen

Bühnenbild, Kostüme und Regie veranschaulichen den Wechsel vom regnerischen London ins paradiesische „San Salvatore“. Während die Damen in Großbritannien in strengen Kleidern und perfekten Frisuren vor dem schlicht gehaltenen Hintergrund hin und her schreiten, bewegen sie sich gelöst im leichtlebigen Italien. Das ansprechende Bühnenbild, von Pia von Miller gestaltet, ist im sonnigen Süden in hellen Türkistönen gehalten, mit luftigem Aquarell im Hintergrund. Schrittweise sichtbar entspannen sich die Protagonisten im sonnigen Süden. Haarsträhnen fallen ins Gesicht. Sanft fallende Stoffe umhüllen die Rundungen. Und sogar die Männer, die dann doch wieder ins Spiel kommen, entspannen sich in der ungewohnten Umgebung.

Sonja Fischbacher und Michael Probst im eingefahrenen Moment ihrer Ehe als Ehepaar Wilton
Sonja Fischbacher und Michael Probst im eingefahrenen Moment ihrer Ehe als Ehepaar Wilton. Foto: Pia von Miller

Augenrollen und Naserümpfen

Die Regisseurin Regina Weber-Toepel setzt auf Humor statt Romantik bei der Inszenierung des Stückes „Verzauberter April“, dessen Grundlage der im Jahre 1922 erschienene Roman von Elizabeth von Arnim ist. Veronika Halmbacher, die die Tugend-beflissene Rose verkörpert, hat sich von ihrem Ehemann, dem bekannten Schriftsteller Frederick Arnott, innerlich entfernt. Äußerlich angepasst, aber dann doch rebellisch, zeigen sich ihre inneren Kämpfe vor allem in ihrer Mimik. Sie rollt die Augen, rümpft die Nase, presst ihre Lippen zusammen und fesselt die Aufmerksamkeit der Zuschauer sogar, wenn sie keinen Ton von sich gibt.

Originelle Darstellung

Besonders interessant ist die Szene, in der beide Ehepaare in ihren Londoner Wohnzimmern parallel zu sehen sind, die jeweils nicht agierenden mit eingefrorenen Bewegungen, die beiden anderen handelnd. Unterschiedliche Worte und Menschen, aber dieselben Konflikte.

Lotty, die den Stein des Geschehens mit dem Finden der Anzeige ins Rollen gebracht hat, ist eine sehr positive Persönlichkeit. Etwas naiv, aber durchaus ehrlich in ihrer Bereitschaft, das Schöne im Leben zu sehen, steckt Sonja Fischbacher als Lotty letztlich alle um sich herum an mit ihrem Ja zum Leben.

Barbara von Miller und Monika Greindl sorgen für anhaltendes Lachen
Barbara von Miller und Monika Greindl sorgen für anhaltendes Lachen. Foto: Pia von Miller

Lachen, das ansteckt

Auch die Männer, die nach und nach im Schlösschen eintreffen, können sich der wundersamen Wandlung nicht entziehen. In der wohl lustigsten Szene stürmt der Anwaltsgatte Wilton (Michael Probst) mit nur einem kleinen Handtuch bedeckt auf die Bühne, der explosiven Badewanne gerade noch entkommen. Ihm nach rennt Constanza, wundervoll dargestellt von Barbara von Miller. Man nimmt der kleinen, temperamentvollen Frau die Italienerin einfach ab. Umsorgend, liebevoll, aber auch laut, forsch und energisch führt sie das Haus, mithilfe des auch ganz italienischen Hausdieners, dargestellt von Thomas Oppelt.

Musik darf nicht fehlen

Wie immer kommt bei der Inszenierung der „Jungen Bühne Miesbach“ die Musik nicht zu kurz. Mit Klaviermusik und Männergesangseinlagen verstärkt sich die jeweilige Stimmungslage. Lieder, die perfekt zu grauen Tagen im London der 20er Jahre passen, werden von lebenslustigen Hits wie „Wochenend und Sonnenschein“ abgelöst.

Wenn dann die sympathischen Herren mit den Strohhüten singend durch das Publikum schreiten und Rosen verteilen, fühlen uns auch wir, emanzipierte Frauen und Männer des 21. Jahrhunderts, an diesem höchst vergnüglichen Theaterabend fast wie im Paradies.

Fünf Mal haben Sie noch die Gelegenheit, die Aufführung „Verzauberter April“ zu sehen. An folgenden Terminen wird gespielt.

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