KomponistINNEN – vergessen oder unterdrückt?
Clara Schumann ist eine der bekannten weiblichen Komponisten. Aber es gibt noch mehr. Foto: Verena Huber
Studium Generale in Miesbach
Bach, Mozart, Beethoven, Liszt, Schumann – die Liste von Komponisten ließe sich ewig fortführen. Wir kennen alle die zahlreichen mannigfaltigen Werke der großen Meister. Aber hat es in der früheren Zeit nicht doch auch komponierende Frauen gegeben? Dieser Frage ist Timm Tzschaschel auf den Grund gegangen.
Wieso kennen wir, abgesehen von ein paar Ausnahmen, nur Musik-Literatur von männlichen Komponisten? Es muss doch außer den bekannten weiblichen Pendants, wie Clara Schumann und Fanny Hensel, geb. Mendelssohn, noch mehr geben. Wieso kennen wir die anderen Komponistinnen nicht? Sind sie einfach nur in Vergessenheit geraten? Hatten sie zu wenig Talent? Oder ist Diskriminierung die Ursache? Ein spannendes Thema, das es zu erforschen gilt.
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Timm Tzschaschel hat sich den unzähligen unbekannten Komponistinnen angenommen. Hat nachgeforscht, wie viele es auf diesem Gebiet gibt und welche Werke sie geschrieben haben. Im Studium Generale der VHS Miesbach trägt er nun an drei Montagen seine Ergebnisse vor. Vom ersten Teil der musikalischen Vorlesung handelt dieser Artikel.
Chronologische Musikgeschichte der Komponistinnen
Das früheste Beispiel einer komponierenden Frau hat Timm Tzschaschel im tiefsten Mittelalter gefunden. Es ist natürlich Hildegard von Bingen, eine Universalgelehrte, die sich auch der Musik verschrieben hat. In knapp 80 Kompositionen nimmt sie eine Sonderstellung in der Gregorianik ein. Die einstimmigen Vertonungen ihrer Gedichte weisen oft große Sprünge und einen weiten Tonumfang auf.
„Sinfonia“ auf dem Buchdeckel einer Komponistinnen-Sammlung. Foto: Verena Huber
Weiter ging es dann erst im 17. Jahrhundert mit Chiara Margarita Cozzolani. In den Motetten der Italienerin bewegen sich die Gesangsstimmen bereits mehrstimmig in Terzintervallen. Außerdem finden sich hier viele Melismen und eine frühe Dur-/Moll-Tonalität. Barbara Strozzi, eine weitere italienisch-stämmige Komponistin bezeichnet Tzschaschel als „Expertin des Liebesliedes“. Sie verstand es besonders, das Leid in ihren über 125 Stücken auszudrücken.
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Die früheste erhaltene Oper aus weiblicher Schöpfung wird Francesca Caccini zugeordnet. Sie orientierte sich mit instrumentalen Zwischenspielen und tänzerischer Musik bereits Richtung Renaissance. Die frühesten veröffentlichten rein instrumentalen Kompositionen jedoch hat wohl Isabella Leonarda geschrieben. Ihre Triosonaten und Solo-Motetten könnten der Gesellschaft als leichte Unterhaltungsmusik gedient haben.
Nicht nur in Italien wurde komponiert
Im 18. Jahrhundert hatte Timm Tzschaschel dann auch zwei deutsche Komponistinnen entdeckt: Wilhelmine von Bayreuth und Anna-Amalia von Braunschweig-Wolfenbüttel. Letztere wirkte vor allem durch ihr Mäzenatentum positiv in die Musik ein.
Mozarts Zeitgenossinnen und Rivalinnen. Foto: Verena Huber
Einige weibliche Schöpferinnen lassen sich mit berühmten männlichen Personen in Bezug bringen. Da gab es einerseits Marianna von Martines, die bei Joseph Haydn gelernt hat. Andererseits Maria Theresia von Paradis, die wohl berühmteste Zeitgenossin Mozarts. Und dann war da noch Maria Szymanowska, eine Berufsmusikerin, Pianistin und Komponistin. Sie soll mit ihren Mazzurken und Walzern Johann Wolfgang von Goethe inspiriert haben.
Interessanter Ausblick
Begleitet von musikalischen Beiträgen, plauderte Timm Tzschaschel, wie es die Zuhörer von ihm gewohnt sind, vor sich hin. Er informierte, gab Anregungen und einen interessanten Ausblick auf den zweiten und dritten Teil der Reihe. Darin kommt er nämlich neben den großen Meisterinnen Clara Schumann und Fanny Hensel auch auf Florence Price und Ethel Smyth zu sprechen.