Welche Geschichten wollen wir in dieser Welt kreieren?
Die Konferenz der Tiere. Foto: Petra Kurbjuhn
Ein Mann, Papier, eine Schere, eine Leinwand und Scheinwerfer. In der Kirche. Er zerknüllt eine Zeitung und fragt: Nehmen wir an, das ist unsere Welt. Was sind die Kräfte, die daran ziehen. Und was sind die Kräfte, die verbinden? Johannes Volkmann entwickelt seine Vision der Konferenz der Kinder.
Der Nürnberger Gründer das Papiertheaters ist zu Gast bei der diesjährigen Filmale der Reihe „Kino in der Kirche“ der evangelischen Kirche in Miesbach. Trotz herrlichen Sommerwetters und trotz Eröffnung des Miesbacher Volksfestes haben sich zahlreiche Besucher, klein und groß, in der Apostelkirche eingefunden und lauschen gebannt der Geschichte von der Konferenz der Kinder, die mit den Tieren beginnt.
Erich Kästners Roman
Johannes Volkmann schneidet drei Figuren aus, den Löwen Alois, dem Elefanten Oskar und die Giraffe Leopold. Auf der Grundlage von Erich Kästners Roman „Konferenz der Tiere“ aus dem Jahre 1949 erzählt er, wie sich die Tiere Sorgen machen um die Entwicklung der Welt, denn die Erwachsenenkonferenzen verlaufen schon damals ergebnislos.
Die Herrschenden lehnen den Antrag der Tiere ab. Foto: Petra Kurbjuhn
Die tierischen Forderungen, Kriege einstellen, Waffen verschrotten, Grenzen aufheben werden von den herrschenden Erwachsenen abgelehnt und alle weiteren Bemühungen der Tiere, Gehör zu finden, scheitern. Bei Erich Kästner greifen die Tiere zu einer letzten Möglichkeit, sie entführen die Kinder, um die Erwachsenen zum Nachdenken zu bringen.
Konferenz der Kinder
Johannes Volkmann aber hat eine andere Idee. „ich will lieber eine Geschichte erzählen, wo die Kinder mitspielen“, sagt er. Und die Kinder vor mir in der Reihe nicken begeistert.
Von 2014 bis 2018 arbeitete der Visionär an der „Konferenz der Kinder“. Er fragte sie: Was bereitet dir Sorge? Welche Botschaft hast du an die Welt? Was brauchst du? Worauf kannst du verzichten? Welchen Brief schreibst du an die Regierung deines Landes? Wo wohnt das Glück? Diese und viele weitere Fragen sind in einem Buch zusammengefasst.
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Zur großen Erheiterung des Publikums schneidet er jetzt aus der Leinwand ein Fenster aus, aus dem Kinder aus aller Welt antworten. In 30 Ländern der Welt füllten insgesamt 1000 Kinder und Jugendliche das Buch mit vielen Fragen aus.
Johannes Volkmann schneidet ein Fenster für die Kinder. Foto: Petra Kubjuhn
Darunter auch eine Klasse der Oberlandrealschule Holzkirchen unter der Leitung von Elisabeth Schick-Billy. Vor einem Jahr nahmen sie mit diesem Projekt an der Abschlussveranstaltung des 3. Zyklus „Anders wachsen“ im KULTUR im Oberbräu sowie bei der „Anders wachsen“ – Konferenz im April im Waitzinger Keller in Miesbach teil.
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Die Kinder im Film von Johannes Volkmann mit dem Titel „Das ist der Gipfel“ haben solche Antworten: Deutschland soll mehr Flüchtlinge aufnehmen, es soll kein Mensch auf der Straße leben müssen, Bildung muss besser werden, alle Menschen sollen glücklich sein, wir wünschen uns mehr Freiheit, Natur und Musik.
Der 1. Gipfel der Konferenz der Kinder
Im September des vergangenen Jahres fand in Nürnberg die Gipfelkonferenz der Kinder statt, wo alle Antworten der 1000 Bücher zusammengestellt wurden. „Und was ist passiert?“ fragte Johannes Volkmann das Publikum. „Nichts, niemand hat zugehört.“
Gedanken der Kinder Raum geben
Man müsse also die Gedanken der Kinder in die Köpfe der Erwachsenen hineinrieseln lassen, sie öffentlich sichtbar machen, ihnen mehr Raum geben. Und der Künstler schneidet das Fenster größer aus.
Johannes Volkmann und Stephan Klier vom Papiertheater. Foto: Petra Kurbjuhn
Womit kann man die Erwachsenen packen? Stephan Klier, der am Projektor die Vorstellung begleitet, weiß es: mit dem Auto. Und so gehen die Kinder jetzt mit Farbeimer und Pinsel durch die Städte und fragen die Erwachsenen, ob sie ihre Botschaften auf deren Autos schreiben dürfen. Manche lehnen ab, manche erlauben es.
Die Kinder dürfen ihre Botschaften auf Autos malen. Foto: Petra Kurbjuhn
Auch der Fürst zu Liechtenstein. Auf dessen Auto prangt: Keinen Krieg!
Johannes Volkmann fragt das Publikum in der Apostelkirche: „Wer würde sein Auto zur Verfügung stellen?“ Und die Arme fliegen hoch. Die Konferenz der Kinder lebt also weiter.
Wir müssen etwas tun. Foto: Petra Kurbjuhn
„Wir müssen etwas tun, jetzt, sofort“, ruft Johannes Volkmann auf und bittet, an seinem aktuellen Projekt mitzuwirken: Kinder mögen ihre Plastikspielzeugwaffen zu ihm schicken. Am 18. Oktober wird daraus zur 2. Gipfelkonferenz der Kinder eine „Skulptur des Friedens“ im Innenhof der Kongresshalle auf dem Reichsparteitagsgelände der NS-Zeit in Nürnberg errichtet.