Konzert 1 zu 1 oder der Finger in der Wunde
Pianist und Konzeptkünstler Peter Kees. Foto: Peter Hinz-Rosin
Konzerte in Ebersberg
Er schaute es vom Märchenkönig ab. Seine Eminenz der Botschafter von Arkadien Peter Kees. Mit seinem Angebot „Konzert 1 zu 1“ antwortete er auf den Teil-Lockdown mit einer Rebellion und spielte 14 Tage lang jeden Abend für nur einen Zuschauer.
Peter Kees ist nicht nur Konzeptkünstler, sondern auch Pianist. Und er hat immer wieder die spannendsten, manche sagen auch die verrücktesten Ideen. Jetzt also lud er täglich und das zwei Wochen lang zu einem Konzert ein. Dafür Werbung zu machen erschien uns überflüssig, denn es war nur ein einziger Zuhörer, respektive eine Zuhörerin, zugelassen. Laut Absprache mit dem Ebersberger Landratsamt sei diese Form der kulturellen Darbietung auch während des Teil-Lockdowns möglich, schrieb er.
Diese Art von Kultur ist für Peter Kees die Antwort auf die Festlegung, dass Kultur unter die Rubrik „Freizeitgestaltung“ zwischen Bordellen, Schaubuden und Sportstudios als reine Unterhaltung angesiedelt sei. „Was für eine Missachtung“, sagt er.
Screenshot Konzert 1 zu 1
Und so habe er im Schwejkschen Sinne ein Schlupfloch gesucht, um Kultur dennoch anbieten zu können. Dabei nahm er Anleihe bei König Ludwig II. Bekanntlich ließ dieser sich Opern seines Lieblingskomponisten Richard Wagner nur für sich allein aufführen. Diesem Prinzip folgte der Ebersberger Kunstverein als Antwort auf den Teil-Lockdown, der die Künste diskreditiert, wie Peter Kees sagt. In der Galerie Alte Brennerei spielte er für einen einzigen Zuschauer an seinem aus dem Aktionsraum 2 stammendem Fluchtfahrzeug, einem Konzertflügel. Dazu wurden Videos eingespielt.
Wertschätzung der Kultur
Mit diesem Angebot „Konzert 1 zu 1“ nutzte der Künstler das Prinzip der Wertschätzung der Kultur für nur eine einzige Person, die sich an diesem Abend als etwas ganz Besonderes fühlen durfte aus. Nicht nur, weil diese Person die einzige ist, der der Musikgenuss zuteilwird, sondern auch deshalb, weil Peter Kees nicht vom Blatt bekannte Stücke spielte, sondern improvisierte.
„Ich lasse die Musik aus mir herausfließen“, erklärte der Pianist. Jeden Abend sei das anders und jeden Abend folge seine Musik der Auseinandersetzung mit der gerade anwesenden Person. Dadurch erlebt diese eine Weltpremiere, die nur ganz allein für ihn erklingt und verklingt. Die Zuhörer werden jeweils zu elitären Personen erhoben, sie dürfen an diesem einen Abend sich wie König Ludwig II. fühlen und das macht die Musik, das macht der Pianist Peter Kees, Seine Exzellenz Botschafter von Arkadien.
Lesetipp: Holzkirchen wird Arkadien
In dieser Funktion war der Konzeptkünstler Gast der Initiative „anders wachsen“ im Juli 2019. Als Botschafter des seit der Antike als Sehnsuchtsort des Menschen beschriebenen Arkadien ließ Peter Kees die Gäste an zwei Tagen an seiner Botschaft teilhaben. Er sieht sich als „Chronist und Vermesser gesellschaftlicher und menschlicher Phänomene“ und bietet Gegenentwürfe zum herrschenden Mainstream an. Dabei ist für ihn Arkadien ein mögliches Modell für eine gerechte soziale Zukunft, in der Menschen friedlich miteinander im Wohlstand leben. In Holzkirchen diskutierte er mit jungen Menschen seine Intention vor Publikum, wobei beide Seiten voneinander lernten.
Sebastian (Urmel) Saurle, Laura Quaderer, Emil Ahlhelm und Peter Kees (v.l.). Foto: Jürgen Haury
Jetzt also gestaltete der unermüdliche Kämpfer für Kultur und eine bessere Gesellschaft das „Konzert 1 zu 1“ und versprach: „Sich fühlen wie König Ludwig“. Dabei aber wollte er ganz in der Schelmennatur eines Schwejk den Finger in die Wunde legen, die Wunde, die die Kulturschaffenden zutiefst schmerzt, dass man der Kultur die ihr zustehende Anerkennung verweigert. Das Konzept von Peter Kees fand überregionale Anerkennung, die großen Medien berichteten.