„Ganz staad gsogt“ Geschichten vom Kräuterwastl
„Ganz staad gsogt“ Geschichten vom Kräuterwastl. Foto: KN
Autorenlesung in Hausham
Ich finde das Haus irgendwo hinter Hausham und gehe durch den verwunschenen, regennassen Garten. Durch die Hintertür betrete ich die KreativWerkstatt Allerleirauh. Heimelige Beleuchtung, halbfertige Keramikteile und mittendrin Sebastian Viellechner, besser bekannt unter „Kräuterwastl.“
Meistens spricht der bekannte Kräuterpädagoge vor größeren Gruppen, aber heute freut er sich besonders über den kleinen Kreis. Weil der Kontakt dann direkt ist und sehr persönlich.
Er hat seine drei Bücher mitgebracht, aus denen er lesen wird. Das letzte, „Kräuterwastls Erkenntnis-Schatz“, ist erst vor wenigen Wochen erschienen. Es enthält sein über Jahrzehnte gesammeltes Wissen, seine Erfahrungen und Weisheiten und natürlich auch Rezepte, weil bei ihm alles sehr praktisch und umsetzbar ist.
Natur als Wegbegleiter
Das fing schon als kleiner Bub an. Er wuchs mittendrin auf in der Natur. Das war aber nicht nur romantisch und abenteuerlich. Nahrungsmittel waren knapp und so wurde auch in Wald und Wiese nach Essbarem gesucht. Löwenzahn ist eben nicht nur schön anzusehen, sondern wird zum Salat, zu Gelee und zum heilenden Tee weiterverarbeitet.
Bild 2: Abgeblühter Löwenzahn. Foto: Karin Sommer.
Aber heute ist der Wastl nicht als Kräuterpägagoge unterwegs, sondern als Dichter. Da geht es besonders um seine gefühlvolle Seite. Vom Gefühl hält er sowieso mehr als von der Vernunft. Seit seiner Kindheit wurde ihm oft wohlmeinend geraten, vernünftig zu sein. Er hat alle diese Ratgeber enttäuscht und bezeichnet sich selbst als fühlsam, einfühlsam und sensibel. Auf der Gefühlsebene bewegt er sich besser und ist mehr verbunden mit allem, das um ihn lebt.
Ideale musikalische Untermalung
Diese Verbundenheit ist in jedem seiner Gedichte spürbar. Sie handeln vom Stein, der ein lebendiges Wesen ist und somit seine eigene Weisheit besitzt. Vom Schmetterling, der sich majestätisch erhebt und von den liebenswerten Seltsamkeiten der Menschen. Die Stimme vom Wastl ist stark, tief und vibriert im Raum.
Fidelis Gantner-Huberti und Anni Reisberger Foto: Karin Sommer
Ergänzt wird sie durch die hellen Stimmen von Anni Reisberger und Fidelis Gantner-Huberti. „So hoid“ nennen sie sich und untermalen die Ausführungen von Sebastian Viellechner mit ihrem zweistimmigen Gesang. Spontan passen sie die Abfolge ihrer Lieder an die Gedichte an, nehmen Themen auf und führen sie weiter. Sie berühren mit englischen Coverversionen genauso wie mit bayrischen Volksmusikthemen. Mein Geheimtipp sind die von Anni Reisberger geschriebenen Lieder, die die Seele zum Lächeln bringen.
Körper und Seele reden miteinander
Die Seele hält der Wastl für sehr zentral in der Gesundheit. „Dann, wenn Körper und Seele nicht miteinander reden“, geht es bergab, meint er. Sein Gedichteabend ist bestimmt gut für beide. Die Seele freut sich über die intensiven Naturbeschreibungen. Augen zu und schon ist sie da, die Ruhe vor dem Gewitter, in der die Insekten verstummen. Schon rollt der Donner an. Gut, dass wir uns dann doch unter dem sicheren Dach der gemütlichen KreativWerkstatt „Allerleirauh“ von Ingrid Faltlhauser, einem Geheimtipp für Kreative, befinden und nicht mitten im Wald.
Auch den Körper kann man hier auch nicht vergessen. Vielleicht weil der Wastl so eine starke physische Präsenz hat. Möglicherweise auch, weil er von der Bedeutung der Berührung spricht, von der Wichtigkeit eines Händedrucks und vom Essen bei der Oma, bei der „ois wos am Tisch wor, gsund wor.“ Vielleicht weil er so junggeblieben wirkt mit seinen blitzenden Augen und seinem lebendigen Geist. Oder einfach, weil ein Gedichteabend auch ein sinnliches Erlebnis sein kann, das Körper und Seele anregt, miteinander zu reden.