Kunst als Quelle für Veränderung
Serie „Duo“ von Antonia Leitner und Bild von Kerstin Skringer. Foto: MZ
Ausstellung in Lenggries
Unter dem Titel KRAFTWERKe eröffnet heute die Kunstwoche Lenggries ihre jährliche Ausstellung im Casino der Prinz-Heinrich-Kaserne. Wir durften schon bei den Aufbauten dabei sein und erlebten spannende Kunst und inspirierende Begegnungen mit Künstlern.
Günther Unbescheid packt gerade noch die letzten Materialien aus seinem Auto aus. Der Vorsitzende der Künstlervereinigung Lenggries und seine Stellvertreterin Antonia Leitner hatten schon vor Wochen die Intention erklärt, warum die Ausstellung KRAFTWERKe heißt und warum sie an diesem Platz stattfindet:
Lesetipp: KRAFTWERKe in der Kaserne
Es geht der Künstlervereinigung darum, mit Kunst etwas zu bewirken, nicht nur zu unterhalten. Der Standort der maroden Kaserne sei dafür ideal, meinten sie, er bedeute Aufbruch zu Neuem und die Kunstwerke oder KRAFTWERKe sind dabei eine Quelle für Veränderung.
Wie immer haben die Lenggieser eine Reihe von Gastkünstlern eingeladen.
Skulptur von Herbert Saller. Foto: MZ
Im Freien empfangen die Besucher bereits Skulpturen von Herbert Saller und Hannes Kinau. Innen lädt ein Skulpturenweg ein, die Veränderung der Form und des Ausdrucks vom Metall zum Holz zu verfolgen. Besonders spannend erscheint mir das Kinau-Band, eine Variante des Möbiusbandes, eine Fläche mit nur einer Seite und einer Kante. „Wenn ich mit einem Bleistift beginne, eine Linie zu ziehen, komme ich nach zwölf Metern wieder an den Ursprung“, erklärt mir der Holzbildhauer.
Hannes Kinau mit seinem Knauband „einseitig“. Foto: MZ
Ergänzt werden die Skulpturen durch großformatige Bilder mit floralen Motiven von Heidi Willberg. Die Kraft ihrer Werke kommt aus den kräftigen Farben und bemerkenswerten Formen und Kompositionen.
Die Kombination von Filz und Foto oder von Barbara Urban und Birgit Haberl findet sich im 1. Stock. Barbara Urban gestaltet große Kugeln aus Schafwolle, die zum Berühren aufgehängt sind, und lässt sie in Wechselwirkung mit Mensch und Natur treten. Das Ergebnis hält die Fotografin in ihren Bildern fest.
Werke von Heinz Stoewer. Foto: MZ
Heinz Stoewer präsentiert im Raum gleich daneben, im dem er die Wand hinter seinen Bildern mitgestaltet hat, seine abstrakte und figurative Kunst. Mit seinen homoerotischen Bildern will er einerseits queere Sichtweisen in die Gesellschaft tragen und andererseits die Bedeutung körperlicher Attraktivität hinterfragen.
Three Guitars von Daniel McCharen. Foto: MZ
In einem kleinen Raum hängen drei Gitarren. Davor ein Bedienungspaneel. Ein interaktives Kunstwerk von Daniel McCharen, das die Besucher einlädt, sich an dieser mechanisch-elektronischen Installation gemeinsam zu dritt an eine Klangkomposition zu wagen.
Die Künstlervereinigung Lenggries selbst ist ebenfalls mit überraschenden und eindrucksvollen KRAFTWERKen dabei. In der ehemaligen Küche hat Antonia Leitner ihre Serie „Duo“ installiert. „Die drei Werke zeigen von Anflug über Verknüpfung hin zu Verschmelzung den Prozess“, erklärt die junge Bildhauerin. Sie werde noch Motoren einbauen, damit sich die Bronzeskulpturen drehen. Gegenüber sind dieselben Figuren, aber in Gips, also statt mit glänzender, mit matter Oberfläche zu sehen.
Einen kontrastierenden Gegenpol dazu bietet das großformatige Bild von Kerstin Skinger, eigens für diesen Platz gemalt. Der Betrachter kann eine Widerspiegelung des Blickes nach draußen in diesem reduzierten, transparenten Bild ahnen. Spannend ist die Reflexion der Farben auf den spiegelnden Flächen der Bronzen.
KRAFTWERKe von Jürgen Dreistein und Ecki Kober
Die Bilder von Jürgen Dreistein sind wieder verhüllt. Sie hatten durch die Feuchtigkeit in der unbenutzten Kaserne gelitten und müssen erst wieder getrocknet werden. Er habe die Kraft der Sonne in seinen Farbstiftzeichnungen wiedergegeben, erzählt er uns. Eckis Kobers Arbeiten „Die Kraft der Vielfalt“ indes können wir bestaunen, starke große Aquarelle, die ermuntern, die Vielfalt in der Gesellschaft qua Kunst wahrzunehmen.
Portraits von Gabi Pöhlmann. Foto: MZ
Große Porträts, die die Kraft von Kindern beinhalten, hat Gabi Pöhlmann ausgestellt und erinnern daran, dieser Kraft freien Lauf zu gewähren.
Den Fluss des Daseins will Veronika Partenhauser mit ihren Videoinstallationen darstellen. Aus Makrofotografien unterschiedlicher Objekte, wie Textilstrukturen oder Offsetdruck, entstehen durch digitale Verfremdung psychedelische, sich ständig ändernde Strukturen. Es sei die Kraft der Veränderung, die sie zeigen wolle, betont die junge Künstlerin.
MACROVISIONS von Veronika Partenhauser. Foto: MZ
Einen großen Teil der Arbeiten von Klas Stöver finden wir noch verpackt vor, können aber an den bereits hängenden Bildern in Kleinformat ahnen, dass er sich mit dem Ort Prinz-Heinrich-Kaserne auseinandergesetzt hat. In seiner Fotoserie hat er sich auf Spurensuche durch die Gebäude begeben. Dazu passen Geräusche der Audio-Installation des Daniel McCharen, die aus dem Kellergeschoss heraufklingen: Stiefeltritte, Kantinengeräusche.
Sophie Frey mit ihren Bildern. Foto: MZ
Im Obergeschoss treffen wir auf Sophie Frey, die Aquarelle, Fotografien, Collagen und Hinterglasmalerei ausstellt. Mit einem Bild „Kernkraft“, der Kraft aus einem Apfelkern, deutet sie auf das Thema ebenso hin wie durch die Kraft, die aus Nestern entspringt, die sie als Installation und Foto präsentiert.
Paul Schwarzenberger will mit seinen Arbeiten die Besucher zur eigenen Hinterfragung anregen. So seine hintergründigen Fotocollagen, wie das Virus als Zwiebelturm einer Kirche. Die „Hirnbirn“, also eine Stirnlampe muss ich mir aufsetzen, um im dunklen Raum überhaupt die Werke anschauen zu können und bin damit gezwungen auch die Einzelwerke zu fokussieren, zu verweilen. Bruder Franz Schwarzenberger steuert seine Skulpturen bei.
Günter Unbescheid mit seiner Fotografie-Serie „Dhami“. Foto: MZ
Günter Unbescheid will mit seinen Fotografien von Schamanen „Dhami“ das Thema umkehren. Nicht der Mensch sei derjenige, der mittels seiner Kunst den Schöpfungsprozess initiiert und den Rezipienten damit berührt, sondern laut östlicher Philosophie sei der Mensch nur das Gefäß, in das die Kraft aus dem Kosmos ströme. Vor 40 Jahren fertigte der Wissenschaftler und Fotograf seine Arbeiten in Nepal und Indien und präsentiert darüber hinaus Tonaufnahmen von Trommeln und Gesängen.