Kühe sind meine Seerosen
Christian Stadelbacher: Kühe und Wasserkarren in Kulturlandschaft. Foto: Monika Ziegler
Ausstellung in Bad Tölz
Christian Stadelbacher malt Kühe. Er malt sie als Individuen in ihrer Landschaft des Isarwinkels. Was wie ein Idyll aussieht, ist für ihn Anlass darüber zu reflektieren, was Lebensqualität ausmacht.
„Ich male mir die Welt rosa“, sagt der Künstler in seinem Ausstellungsraum öHa im Zentrum von Bad Tölz. Hier arbeitet der aus Freiburg stammende Maler, hier zeigt er sein Bilder und hier hat er einen Raum für kreative Begegnungen geschaffen. Die derzeitige Ausstellung heißt „Rosa“, die Farbe taucht in allen möglichen und unmöglichen Zusammenhängen auf.
Da sind also zuallerst die Kühe. Sie sind weder lila noch rosa, sondern sehr realistisch gemalt, auch wenn Christian Stadelbacher die Meinung vertritt, dass alles Denken und Malen eine Vereinfachung, also letztlich Abstraktion darstellt. Er malt Kühe zumeist nach fotografischen Vorlagen, gern vom Reithamer Fotografen Thomas Plettenberg, der für seine Kuhfotografie im Landkreis bekannt ist. Wenn er auf die Kühe vor seinem Fenster in Gaissach schaue, dann komme er in eine wunderbare kontemplative Stimmung, erzählt Stadelbacher. „Die Kühe sind meine Seerosen“, lächelt er in Anlehnung an Claude Monet.
Kühe verschwinden in Laufställen
Und natürlich haben alle seine Kühe Hörner. Der Charakter einer Kuh drücke sich in der Behornung aus, ist der Künstler, der sich als einer der letzten Tiermaler bezeichnet, aus. Warum? Weil die Kühe in Laufställen verschwinden. Das Verbot der Anbindehaltung habe dazu geführt, dass jetzt 500 Tiere im Stall gehalten und ständig gemolken werden, weil sie ja durch die Haltungsoptimierung bedeutend mehr Milch produzieren als früher.
Christian Stadelbacher war Unternehmensberater und hat sich dabei insbesondere den soft skills gewidmet. Ihm wurde klar, dass bei der Lösung jeglicher Probleme neue Probleme netstehen, dass die permanente Steigerung des Bruttosozialproduktes keine Lösung darstellt und dass man anstelle von Wachstum Lebensqualität setzen muss. Diese findet er in der neuen Heimat und indem er sich mit den Themen der Region auseinandersetzt und zum Diskurs anregt.
Nicht normierte Einzelstücke zertifiziert
Sein zweites Thema sind die Wasserkarren oder Wasserbanzen. Hier kommt ein Aspekt seiner früheren Arbeit zutage, der ihn umtreibt: Die Dominanz von Sicherheitshinweisen und Normen, die schön langsam das Produkt selber verdrängen. „In der Landwirtschaft ist alles normiert“, sagt der Künstler, das einzige Gerät, das keine Auflagen erfüllen muss, sei der Wasserkarren. Und deshalb würden die Landwirte hier Wiederverwertungskultur pflegen, aus alten Teilen neue Banzen zusammenschweißen.
Christian Stadelbacher mit seiner Zertifizierungs-Schablone. Foto: Monika Ziegler
„Und ich gehe herum und zertifiziere den Karren als nicht normiertes Einzelstück“, erklärt Christian Stadelbacher und zeigt seine Schablone und seinen Rucksack mit den Sprühfarben. Natürlich frage er die Bauern vorher und komme dabei mit ihnen ins Gespräch. Gestaltungsfreiräume seien nötig, meint er.
Freiräume, in denen der Mensch entscheiden könne, ob er die billige Supermarktmilch „Ja!“ kaufe, die er auch in rosa statt in blau gemalt hat. Das „Ja“ wird uns vorgeschrieben, sagt er, „aber wir haben die Entscheidung der freien Handlung.“