Künstliche Intelligenz

Google geht Goethe

Mensch und Maschine. Foto: Jaromir Konecny

Wie arbeiten künstliche neuronale Netze im Zusammenhang mit Sprache? Was leisten neue Übersetzungsprogramme und wie funktionieren sie? In seinem Vortrag im Vorfeld der Wissenschaftstage Tegernsee beleuchte Jaromir Konecny das Thema Künstliche Intelligenz unterhaltsam und optimistisch.

Der tschechische promovierte Wissenschaftler und Poetry und Science Slamer ist bekannt dafür, Wissenschaft lebendig, verständlich und heiter zu präsentieren. In der Münchner Seidl-Villa ist er Gastgeber des Science Kabarets. Als Autor beweist er seinen schwarzen Humor, unter anderem in seinem Buch „Die unglaublichen Abenteuer des Migranten Nemec“.

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Jetzt war er auf Einladung der Volkshochschule im Tegernseer Tal mit einem Thema der diesjährigen Wissenschaftstage „Künstliche Intelligenz“ zu Gast. Er verblüffte zunächst die Zuhörer mit der Bedeutung des Wortes „Roboter“, das auf Tschechisch Zwangsarbeiter heißt.

Künstliche Intelligenz
Jaromir Konecny in der vhs Tegernsee. Foto: Monika Ziegler

Was sind künstliche neuronale Netze? Nichts anderes als statistische Optimierungsverfahren, die aus großen Datensätzen Muster erkennen und Sachen, wie Äpfel und Birnen, unterscheiden können. Aber eben auch Wörter, Phrasen und Sätze.

„Faust“ unbeschadet

In der Vergangenheit ohne die heutigen Verfahren ging das Übersetzen noch ziemlich schief. Jaromir Konecny versuchte Sätze ins Englische und wieder zurück ins Deutsche übersetzen zu lassen. Aus „Wer schwankt hat viel vom Weg“, wurde „wer winkt, hat viele Wege.“ Heute aber, so hat er herausgefunden, kämen auch die poetischen Perlen aus Goethes „Faust“ unbeschadet auf ihrem Weg ins Englische zurück.

Nur „Die Welt urteilt nach dem Scheine“ schaffte Google nicht, vermutlich weil es sich dem real existierenden Kapitalismus angepasst habe, vermutete der Vortragende. Hier kam nämlich „Die Welt bewertet Rechnungen“ heraus.

Große Datensätze

Die maschinelle Übersetzung hat eine lange Tradition, schon 1930 baute der Russe Peter Trojanski die erste Maschine, es folgten mehrere weitere Versuche in Russland und den USA, die an der Mehrdeutigkeit der Sprache scheiterten. Auch der Versuch, eine universelle Sprache zu kreieren, ging schief. Erst als die Computer mit großen Datensätzen arbeiten konnten, war die Tür für die neuronale maschinelle Übersetzung offen.

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Die Merkmale der Katze. Foto: Monika Ziegler

Hier wird nicht mehr nach Regeln, sondern nach Übereinstimmung von Merkmalen gearbeitet. Wenn das Programm das Bild einer Katze sieht, speichert es alle Merkmale ab. Ebenso verfährt es mit der Sprache. Jedes Wort wird durch sein Merkmal in einem Zwischenraum oder Interlingua als Zahl übersetzt und kann damit in die Fremdsprache übertragen werden.

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So kann ein Programm arbeiten: Vom König wird ein Mann subtrahiert, eine Frau addiert, heraus kommt die Königin. Foto: Jaromir Konecny

Jaromir Konecny sagte: „Wenn wir klug wären, könnten wir aus Interlingua eine universelle Sprache machen.“ Sind wir aber nicht. Andererseits aber haben wir andere Kompetenzen, denn „So lange die Sprache lebt, ist der Mensch nicht tot.“

Der Wissenschaftler setzte sich zudem mit allgemeinen Problemen der künstlichen Intelligenz auseinander und sagte: „50 Prozent der Jobs verschwinden“ und „ohne Bedingungsloses Grundeinkommen wird es nicht gehen“. Die nicht aufzuhaltende Entwicklung erfordere, dass bei Kindern in der Schule noch sehr viel mehr Kreativität und Neugier gefördert werden, damit sie sich an die neue Welt anpassen können.

China hat Nase vorn

Die deutsche Politik habe die Entwicklung verschlafen, jetzt lieferten sich die USA und China ein Wettrennen zum Thema KI, wobei China die Nase vorn habe, denn dort gebe es keinen Datenschutz, weshalb die Chinesen über riesige Datenmengen verfügten.

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Foto: Jaromir Konecny

Heute würde KI in erster Linie als Manipulationssoftware benutzt, um die Menschen zum Konsumieren zu bringen. Darüber hinaus gebe es in den Medien Panikmache, beispielsweise zum Thema „autonome Waffen“. Aber KI berge auch positives Potenzial. Er hoffe auf eine Riesenchance beim Thema Klimawandel, sagte Jaromir Konecny und konstatierte: „Künstliche Intelligenz wird uns nicht töten, sondern unsere natürliche Dummheit.“

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