Kultur verbindet Kulturen: Das Traumschiff
Die 14 Kinder und ihre Betreuer. Foto: Nele von Mengershausen
„Kunst aus dem Wald“, ein integratives Ferienprogramm fand vom 27.08.2018 bis 31.08.2018 auf dem Tannerhof in Bayrischzell statt, finanziert vom Verein Kultursprung e.V. – Kunst und Soziales am Tannerhof und dem Kreisjugendring Miesbach, in Kooperation mit der Katholischen Jugendstelle Miesbach. Das Ergebnis wird am 29. September in Holzkirchen präsentiert.
Im Fokus des integrativen Ferienprogramms „Kunst aus dem Wald“ stand ein ganzheitliches ganztägig ausgerichtetes pädagogisches Konzept, das auf Bewegung im Freien und Förderung von kreativ-gestalterischen Fähigkeiten, Steigerung der Selbstwirksamkeit der Kinder sowie ihrer sozialen Kompetenzen setzte. Unter Anleitung eines ausgebildeten Waldpädagogen und einer erfahrenen Psychologin verbrachten die Kinder den halben Tag im Wald; spielerisch lernten sie die Zusammenhänge dieses Lebensraumes kennen.
Ziel: ein Gemeinschaftswerk
Gemeinsam eingenommene Mahlzeiten zelebrierten das soziale Miteinander. Die andere Hälfte des Tages wurden die Kinder im Atelier von pädagogisch erfahrenen Künstlern/innen betreut. Neben der Vermittlung von Wissen und Techniken für die Bearbeitung von Holz, Fundstücken aus dem Wald, Gips und Schrott vom Wertstoffhof und dreidimensionalem Arbeiten, förderte das Ferienprogramm die individuellen kreativen Ausdrucksmöglichkeiten der Kinder. Ziel war es ein Gemeinschaftswerk entstehen zu lassen in dem Sinne, dass das Ganze mehr ist als die Summe der Einzelteile.
Das Ferienprogramm wurde dankenswerterweise aus Fördermitteln des Kreisjugendrings Miesbach sowie des Vereins Kultursprung e.V. – Kunst und Soziales am Tannerhof finanziert und konzeptionell und organisatorisch in Kooperation mit Jürgen Batek von der Katholischen Jugendstelle umgesetzt.
Der Neuhauser Künstler Georg Brinkies. Foto: NvM
Als Initiatorin des Projektes konnte ich die Künstlerkollegen Cornelia Heinzel-Lichtwark und Georg Brinkies aus dem Landkreis Miesbach zur Mitarbeit an dem Projekt begeistern. Tanja Englhart, Diplompsychologin mit mehrjähriger Berufserfahrung in der Flüchtlingsintegration, organisierte die Teilnahme der anerkannten Flüchtlingskindern aus dem Landkreis Miesbach und übernahm zusammen mit dem Waldpädagogen Georg Hahn die pädagogische Betreuung während des Projekts. Das spätsommerliche gute Wetter bot den perfekten Rahmen für erlebnispädagogische Aktivitäten in der wunderbaren Natur rund um den Tannerhof.
Erlebnispädagogik im Freien. Foto: NvM
Uschi Häusler unterstützte mit ihrer langen Berufserfahrung als Kindergärtnerin das gesamte Betreuerteam. Burgi Moser vom Tannerfeldstüberl sorgte für beste Mittagsverpflegung, ausgewogen gesunde Kost, die die Kinder in gemeinschaftlichen Miteinander auf der Terrasse des Stüberls genossen.
14 Kinder unterschiedlicher Herkunft
Insgesamt haben 14 Kinder aus dem Landkreis Miesbach im Alter zwischen acht und 12 Jahren an diesem Projekt teilgenommen, darunter vier anerkannte Flüchtlingskinder aus dem Kongo sowie zwei syrische Mädchen.
Beim Trommeln. Foto: NvM
Aus pädagogischen Gründen wurde die Gruppe in eine Waldgruppe und eine Ateliergruppe eingeteilt, so dass jedes Kind in den vollen Genuss aller Angebote kam.
Naturerlebnisse faszinieren
Die Mädchen wie die Jungen waren fasziniert von der Fülle an Naturerlebnissen, die ihnen auf den waldpädagogischen Bergtouren mit Georg Hahn und Tanja Englhart geboten wurden. Zu dem ganzheitlichen Konzept zählte auch der Besuch der Dorflinde sowie der St. Margarethen-Kirche, deren barocke Innenwandgemälde insbesondere von den syrischen Mädchen bestaunt wurden. Auch das Schachspielfeld vor dem Rathaus wurde von den Kindern mit Begeisterung genutzt.
Beim Schachspiel. Foto: Tanja Englhart
Eine unter strengen Sicherheitsbedingungen durchgeführte Baumfäll-Aktion bewerteten die Kinder als eines der vielen Highlights des waldpädagogischen Programms: Georg Hahn fällte fachgemäß einen morschen Kirschbaum, dessen Äste, Flechten und Baumschwamm die Kinder in ihr anschließendes künstlerisch-kreatives Arbeiten einbezogen. Ein breitgefächertes Angebot an Spielen rund um Natur- und Umweltwissen rundete die bewegungsreichen waldpädagogischen Erkundungen ab.
Im Atelier. Foto: NvM
Die Kinder im Atelier widmeten sich der Gestaltung ihres Beitrags zu Gesamtkunstwerk. Georg Brinkies hatte zuvor in seinem Atelier 14 unterschiedliche Rohlinge aus Holz angefertigt, die zusammen die Grundstruktur eines Schiffes ergaben und jedes Kind gestaltete mit seinem Teil eine eigene Welt. Es wurde gesägt, gehämmert, geleimt – immer unter der achtsamen Anleitung von Brinkies. Cornelia Heinzel-Lichtwark zeigte den Kindern, wie man durch „vergipsen“ Fundstücke aus Wald und Flur, aber auch Schrott vom Wertstoffhof zu neuen Formen verhelfen kann, die in der Skulptur einen neuen Platz fanden. Als das Schiff Gestalt annahm, kümmerte ich mich um die Fertigung des Segels mit Textbotschaften der Kinder, die sie gern in den Wind schicken würden.
Jedes Kind fertigt ein Einzelteil. Foto: NvM
Die Momente, sich im kreativen Fluss zu bewegen, wurden von Tag zu Tag üppiger. Das Ganze ist mehr als die Summe ihrer Teile – diese wunderbare Eigendynamik kreativer Prozesse wurde augenscheinlich erlebbar und wird den Kindern und allen Beteiligten sicher noch lang in Erinnerung bleiben. Selbst Trommeln und Singen in der Sonne vor dem Atelier hatte seinen Platz. Für die Vernissage am letzten Tag des Ferienprogramms hatte Georg Hahn noch schnell ein Lied komponiert. Alle sangen sofort mit und hatten viel Freude daran.
Ein Traumschiff entsteht
Am Ende der Woche war ein Traumschiff mit Segel entstanden. Die Eltern der Kinder, Freunde und alle Gäste des Naturhotels Tannerhof wurden dann zur Vernissage eingeladen.
Fazit: den „sogenannten Tropfen auf den heißen Stein zu träufeln“, dieses Bild begleitet ja viele Menschen, die sich in der komplexen Arbeit mit Flüchtlingen einbringen. Auch uns war dieses Bild vertraut, als wir begannen über ein sinnvolles Projekt in diesem Kontext nachzudenken. Wir wissen nun, dass unser Projekt einen kleinen Beitrag zu nachhaltiger Integrationsarbeit geleistet hat.