Das rote „K“ leuchtet wieder
TOBEL, Erwin Schwentner, Cornelia Heinzel-Lichtwark, Georg Brinkies und e.lin bestreiten die große Kunstausstellung zum 11. Schlierseer Kulturherbst. Foto: Cordula Flegel
Kulturherbst Schliersee – Eröffnung
Der 11. Schlierseer Kulturherbst startete am Donnerstag. Spektakulär und facettenreich war die Eröffnung der großen Kunstausstellung samt Feuerwerk, in der eine Malerin und fünf Bildhauer ihre Werke zeigen. Jetzt gibt es bis zum 28. Oktober ein ebenso abwechslungsreiches wie hochkarätiges Kulturprogramm.
Wer derzeit gen Schliersee fährt, sieht schon von weitem auf dem Hügel vor dem See das große rote „K“ leuchten – es ist Kulturherbst-Zeit. Was vor elf Jahren als Idee für die stade Zeit nach der Hauptsaison gedacht war, ist längst zu einem der wichtigsten und hochkarätigsten Kulturereignisse des Landkreises avanciert. Ganze dreieinhalb Wochen lang erstrahlt der Schliersee im Glanz der Kunst und Kultur. Bürgermeister Franz Schnitzenbaumer freut sich, dass die Veranstaltungsreihe, die dazu gedacht war, den Einheimischen nach Ablauf der Saison kulturelle Highlights zu bieten, inzwischen auch einen großen Einfluss auf den Tourismus hat. Und Schirmherr der Reihe, Landrat Wolfgang Rzehak, hebt insbesondere die Bedeutung der einheimischen Künstler hervor. Deren Leistung strahle weit über Europa hinaus, wie die Arbeiten von TOBEL, dem heuer der „Große Preis der Biennale Argentiniens“ verliehen wurde.
Die Schlierseer Künstlerin Cornelia Heinzel-Lichtwark vor dem eindringlichen Porträt ihrer Schwester. Foto: Cordula Flegel
Viele Menschen aus dem Landkreis freut besonders, dass mit der diesjährigen Hauptausstellung eine Schlierseer Künstlerin geehrt wird, die sich viele Jahre um die Kunst in der Marktgemeinde verdient gemacht hat: die bemerkenswerte Malerin Cornelia Heinzel-Lichtwark. Ihre Werke, die Besucher sonst im Atelier am See betrachten können, entfalten nun im großen Ausstellungsraum der Vitalwelt ihre Größe und Wirkung.
Gefühl, Haltung und Entschlossenheit
Es ist eine sehr persönliche Ausstellung, die ihre Wirkung auf die Besucher nicht verfehlt. Michael Lichtwarck-Aschoff, der Bruder der Künstlerin, gab den Besuchern der Vernissage in seiner Laudatio starkes Kopfkino mit – Szenen der Kindheit, die erklären, warum Cornelia Heinzel-Lichtwark eine unbeirrbare Künstlerin ist, die konsequent ihren Weg geht und sich weigert, gegebene Dinge einfach zu schlucken, die nichts einfach hinnimmt, ohne zuvor gründlich darauf herumzukauen.
Gemeinschaft und Wandel
So strahlen die ungewöhnlichen und berührenden Porträts eine große Intensität aus, weil die Gefühle beharrlich von Innen nach Außen gearbeitet sind. Deren Ausdruck zeigt sich zumeist in den Augen, aber auch in Händen und deren Gesten. Die Künstlerin interessiert nicht, ob die Porträts schön sind und den Personen tatsächlich ähneln. Wichtig ist der Ausdruck von starken Gefühlen, von einem Wandel, einer Entwicklung. Obwohl die Porträts einzelne Menschen zeigen, fügt sich das Gesamtbild zur starken Gemeinschaft ihrer Familie. Das Werk der Schlierseerin ist vielfältig. Zu den Malereien und Collagen gesellen sich detailliert gearbeiteten Kleinplastiken aus Holz, Horn und gebrannter Modelliermasse. Sie halten der Gesellschaft ebenso gnadenlos ironisch den Spiegel vor wie die bizarren Illustrationen von Tieren, die ganze Fabeln zu erzählen scheinen.
Ironie und innen und außen
Da gibt es immer etwas zu entdecken: Erwin Schwentners Skulpturen. Foto: Cordula Flegel
Im Kurpark am See befinden sich die Objekte von fünf namhaften Bildhauern, die einen hochinteressanten und abwechslungsreichen Skulpturenpark ergeben. Verlässt man die Vitalwelt seeseitig, passiert man zuerst die karikaturistischen, persiflierten Figuren von Erwin Schwentner, die er lapidar „Plastik“ nennt. Sie scheinen den flanierenden Touristen einen Zerrspiegel vorzuhalten. Sie sind echte „Typen“.
Begegnung und Gespräch am See
Georg Brinkies Skulptur läd zum Austausch ein. Foto: IW
Aus heimischer Fichte, im Winter in Fischhausen geschlagen, sind die beiden korrespondierenden Holzobjekte des Bildhauers Georg Brinkies. Sie wirken wie beschützende Wächter der Szenerie und zugleich scheinen sie sich miteinander auszutauschen, im Wachsen einer gemeinsamen Idee.
Bildhauer TOBEL aus Valley zeigt mit seinen beiden tonnenschweren Steinskulpturen die Wucht der Stille, die aus dem Inneren des Steins herausgearbeitet ist. Sie laden zur Kontemplation ein, aber auch zum Hineinhören in die ewige Spirale aus Zeit und Raum.
An Bildhauer TOBEL aus Valley wurde 2018 der „Große Preis der Biennale Argentiniens“ verliehen. Foto: Cordula Flegel
Skulpturen im See
Die blauen, in den See hinein rollenden, überdimensionalen „Wasserperlen“ von Objektkünstler e.lin machen auf unser kostbarstes Gut aufmerksam: Auf den Wert von Wasser in einer Zeit, in der es nicht selbstverständlich ist, dass jeder Mensch Zugang zu kostenlosem, trinkbaren Wasser hat oder dass sogar Seen Trinkwasserqualität haben.
e.lin „Wassertropfen“. Foto: IW
Unweit der Wasserperlen dreht sich versonnen Otto Wesendonks Skulptur „Gruß an Aphrodite“ aus Bronze und Stahl im Wasser. Sie lässt die Besucher einmal mehr den Blick auf die atemberaubend schöne Kulisse rund um den Schliersee richten.
Kulisse des Kulturherbst Schliersee und Otto Wesendoncks Aphrodite. Foto: IW
Johannes Wegmann, der seit elf Jahren den Schlierseer Kulturherbst gemeinsam mit Marion Riedl von der Gästeinformation organisiert, ist dankbar, dass jedes Jahr so viele Helfer und die Gemeinde die Veranstaltungsreihe unterstützen. Die Dichte an Kunst- und Kulturschaffenden rund um den See, aber auch die Fülle außergewöhnlicher Veranstaltungsorte, sind ein Glücksfall für die Gemeinschaft. Vor allem aber hat Johannes Wegmann eine Vision: dass aus dem Schlierseer Kulturherbst heraus am Kurpark ein fest installierter Skulpturenpark entstünde.