Quo vadis Kultur in Bayern?
Bei der Veranstaltung von Kulturzukunft Bayern: Anna Kleeblatt, Volker Harbleib, Florian Streibl, Sanne Kurz, Wolfgang Heubisch, Thomas Kreuzer, Markus Michalke (v.l.). Foto: Screenshot MZ
Podiumsdiskussion in München
Wie stehen die Parteien zur Zukunft der Kultur im Freistaat Bayern und was werden sie für die Kultur tun, wenn sie bei der Landtagswahl wieder in das Parlament einziehen. Zu dieser Frage hatten Anna Kleeblatt und Dr. Markus Michalke von der Initiative Kulturzukunft Bayern eingeladen.
Das Anliegen der im vorigen Jahr gegründeten Initiative ist es, „Politik, Medien und die breite Öffentlichkeit auf die Missstände im kulturpolitischen Betrieb aufmerksam zu machen und Lösungen von der Politik einzufordern. Wir möchten, dass der Freistaat die Verantwortung übernimmt und das inhaltlich wie finanziell nicht bürgerlichem, privatem Engagement überlässt.“
Kultur hat zu geringen Stellenwert
Die Initiative Kulturzukunft Bayern ist eine unabhängige Vereinigung zahlreicher kulturfördernder Organisationen und will zum gemeinsamen Diskurs auffordern. In ihr sind 16.000 Bürgerinnen und Bürger des Freistaates vertreten, die der Meinung sind, dass der Kultur von der Politik ein zu geringer Stellenwert eingeräumt wird. Kürzlich berichteten wir über eine Veranstaltung, zu der auf Einladung der Initiative Minister Markus Blume Stellung zur Kulturpolitik in Bayern bezog:
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Jetzt saßen im Audimax der TU München die kulturpolitischen Sprecherinnen und Sprecher der im Landtag vertretenen Parteien mit einer Ausnahme: die AfD, so Markus Michalke, habe auf die Einladung nicht reagiert.
Alle andern aber stellten sich den Fragen der beiden Moderatoren. Es ging dabei vornehmlich um die Frage: Wie positionieren sich die Parteien im Landtagswahlkampf zur Zukunft der Kulturinfrastruktur? Die Gäste auf dem Podium waren: Thomas Kreuzer, CSU, Sanne Kurz, Bündnis 90/Die Grünen, Florian Streibl, Freie Wähler, Volkmar Halbleib, SPD und Dr. Wolfgang Heubisch, FDP.
Kultur schafft Identität
Markus Michalke konstatierte in seiner Anmoderation: „Bayern ist ein Kulturstaat.“ Ein wissenschaftlicher Standort sei ohne Kultur nicht denkbar, denn Kultur schaffe Identität. Dafür aber brauche es gemeinsame Visionen und einen Kulturatlas, um die Vielfalt der kulturellen Landschaft zu dokumentieren. Man sei kein Beschwerdeverein, sondern strebe eine gemeinsame Strategie an.
Mit Anna Kleeblatt hatte er fünf Fragen an die fünf Podiumsgäste vorab gestellt, jeder hatte exakt zwei Minuten Zeit dafür ein Statement abzugeben. Alle fünf waren sich darin einig, dass Kultur wichtig sei. Während aber die beiden Vertreter der Regierungsparteien feststellten, dass der Freistaat genug für die Förderung der Kultur tue, waren die drei Vertreter der Opposition der Meinung, dass durchaus Luft nach oben ist.
Thomas Kreuzer (CSU). Foto: Screenshot MZ
„Mit 965 Millionen Euro geben wir 236 Millionen mehr als zu Beginn der Legislaturperiode für die Förderung der Kultur aus“, informierte CSU-Sprecher Thomas Kreuzer. Sein Kollege von den Freien Wählern betonte, dass Kultur sinnstiftend und Resilienz fördernd sei.
Dass neben den großen Kulturstätten auch die freie Szene gefördert werden müsse, forderten einvernehmlich Volkmar Halbleib und Wolfgang Heubisch. Zudem solle ebenso der ländliche Raum einbezogen werden.
Kulturrat?
Die Frage, mit welchen Elementen man an der Kulturzukunft Bayerns bauen wolle, wurde unterschiedlich beantwortet. Florian Streibl schlug einen Kulturrat vor, der eine gesamtbayerische Strategie bei der Vergabe der Mittel im Auge habe, sein Kollege Thomas Kreuzer befürwortete die Idee nicht.
Wolfgang Heubisch (FDP). Screenshot MZ
Wolfgang Heubisch indes erinnerte daran, dass der Kulturrat seine Idee gewesen sei, die aber abgeschmettert worden sei. „Partizipation ist gefragt und nicht nur Entscheidungen von oben.“ Für Partizipation sprach sich auch Volker Harbleib aus und befürwortete sowohl Kulturrat als auch KulturAgenda.
Volker Harbleib (SPD). Screenshot: MZ
Die dritte Frage betraf Sanierungsmaßnahmen von Kulturbauten in München. Bei der vierten Frage, die sich um Modernisierungsaspekte drehte, betonte Thomas Kreuzer, dass Kultur nur vom Staat gefördert werden könne, was aber letztlich gemacht werde, das entschieden die Kulturakteure selbst.
Sanne Kurz (Bündnis 90/Die Grünen). Screenshot: MZ
Dem widersprach Sanne Kurz. Unter der Führung von Hans Maier habe die Kultur einen hohen Stellenwert gehabt, heute würde nur verwaltet. Es reiche nicht, mit der Schrotflinte die Mittel zu verschießen, es müsse Richtlinien in Form eines Kulturfonds geben. „Wir brauchen Visionen und Menschen, die dafür kämpfen“, forderte sie. Weltweit sei bekannt, dass Kultur heile, diese Erkenntnis wünsche sie sich für Bayern.
An Kultur wird zuerst gespart
Um die Kooperation der Kommunen mit dem Freistaat ging es bei der letzten Frage. Da die Kommunen für die Kultur zuständig seien, spreche er sich gegen einen landesweiten Kulturplan aus, sagte Thomas Kreuzer, allerdings sei die Kulturförderung der Kommunen rückläufig. Die Krux sei, so Sanne Kurz, dass Kultur eine freiwillige Leistung sei und daran werde zuerst gespart.
Florian Streibl (Freie Wähler). Screenshot: MZ
Das Gefühl für die Kultur müsse in den Kommunen geweckt werden, forderte Florian Streibl, dabei müsse der Staat unterstützen. Volker Harbleib kritisierte, dass die Kulturförderung im Freistaat nicht immer logisch sei, es gebe viele offene Fragen bei der Förderung und der Struktur der Kultur.
Fazit: Der Freistaat Bayern gibt fast eine Milliarde Euro für die Kultur aus. Wo diese Gelder hinfließen, sollte durch einen unabhängigen Kulturrat festgelegt werde. Dazu sind auch eine KulturAgenda und ein Kulturatlas erforderlich.
Für den Landkreis Miesbach hat KulturVision e.V. begonnen, einen solchen Kulturatlas zu erstellen.
Der Artikel basiert auf einer Aufzeichnung der Veranstaltung der Initiative Kulturzukunft Bayern.