Kunst als Überraschung
Karl Grüner mit seinem Sehnsuchtsbild: Ukraine – Auferstehung aus Ruinen. Foto: RK
Ausstellung in Bad Wiessee
Als neunter Kunstschaffender stellt jetzt der Schlierseer Karl grüner seine Werke im Grünen Raum in Bad Wiessee aus. Die Reihe läuft unter dem Titel „Sehnsucht“ und dazu wählte der Maler ein Bild aus, das die Sehnsucht aller Anwesenden zur Vernissage ausdrückte.
Es heißt „Ukraine – Auferstehung aus Ruinen“ und zeigt eine leuchtende Blume der Hoffnung vor zerstörten Mauern. Aber auch weitere Bilder der Präsentation passen zu dem Thema „Sehnsucht“, das beim Kulturstammtisch von KulturVision für dieses Projekt ausgewählt wurde.
Seit September vergangenen Jahres stellt der Kulturmanager Carsten Gerhard seinen Grünen Raum im Herzen von Bad Wiessee für Ausstellungen zur Verfügung, die KulturVision e.V. für Mitglieder organisiert.
Karl Grüner bezeichnet sich selbst als spätberufener Maler. Erst vor fünf Jahren, mit 76 Jahren, begann er seine Arbeit mit Pinsel und Farbe. Aufgrund einer Erkrankung war er lange Zeit im Krankenhaus und nahm an Angeboten für Kunsttherapie teil.
Die Autorin durfte die Einführung halten. Foto: RK
In meiner Einführung schlug ich die Brücke zur Literatur. Auch Anna Wimschneider schrieb ihr erstes Buch „Herbstmilch“ im hohen Alter, ebenso die österreichische Autorin Ilse Helbich ihren Roman „Schwalbenschrift“. Ein ganzes Leben ist in diesen Büchern enthalten, aber nicht nur Erinnerungen, Erlebnisse und Erfahrungen, sondern vielmehr auch das Unerklärliche, das, was wir Intuition nennen. Durch rationales Denken ist die Intuition nicht zugänglich, wohl aber durch kreatives Tun, wie Schreiben oder Malen.
Bei Karl Grüner kommt eine zweite Ebene hinzu. Schon im Gymnasium wurde der Grundstein für sein späteres Malen gelegt, er lernte bei einem engagierten Kunstpädagogen Theorie und Praxis. Die Theorie konnte er bei seinem Philosophiestudium, insbesondere der Kunstgeschichte vervollständigen. Die Praxis für Gestaltung übte er in seinem Beruf aus.
Als Journalist bei der Münchner Kirchenzeitung und als Studienleiter beim Institut zur Förderung des publizistischen Nachwuchses übte er sich vor allem in Fotografie, in Layout, Grafik und Design. Bis heute ist er ehrenamtlich im Vorstand von Cristo Vive Europa, einer Organisation, die sich um Verbesserung der Lebensbedingungen der Menschen in Südamerika bemüht, für die PR-Arbeit zuständig.
Karl Grüner vor „Prometheus“ und „Phönix aus der Asche“. Foto: RK
Seit Karl Grüner in Schliersee wohnt hat er mehrere Bücher verfasst, viel fotografiert, Plakate und Flyer entworfen, auch den Katalog für die Ausstellung in Bad Wiessee gefertigt, sich also ein Leben lang mit Gestaltung befasst.
Diese, wie er sagt objektgebundene Arbeit, erhält durch die freie Malerei eine Ergänzung. Denn hier geht er weg von der Realität, hinein in die Fantasie und schöpft aus seinem Inneren. Er spricht von „Kunst als Überraschung“.
Tierfrieden. Foto: Karl GrünerSeine Bilder sind ungeplant, weg vom Denken, hin zur Intuition. Im Malprozess, so erzählt er, entstünden Formen und Strukturen, denen er im Nachhinein erst Namen gibt. Man möge die Bildtitel nicht anschauen, empfiehlt er, sondern die Bilder wirken lassen und eigene Assoziationen dazu finden.
Eigentlich wolle er keine Botschaften vermitteln und dann entwickeln diese sich doch ungewollt und ungeplant, eben als Überraschung für ihn selbst.
Symbolisch: Stufen von Hermann Hesse
In Bad Wiessee sind insgesamt 34 Bilder ausgestellt. Neben dem Sehnsuchtsbild, das auch das Plakat und die Titelseite des Katalogs ziert, sind die Bildinhalte sehr unterschiedlich.
In „Tierfrieden“ tauchen unterschiedliche Tierformen schemenhaft auf. In Blau erhebt sich „Prometheus“ und ebenso „Phönix aus der Asche“ sowie „Geister über dem Wasser“. Brennendes Rot breitet sich vor den Umrissen der Kirche aus – „Die Kathedrale brennt“ – und „Der Denunziant“ zeigt wie Judas auf ein Opfer außerhalb des Bildes hinweist.
„Umschlungen“ heißt ein in zarten Farben sehr zurückgenommenes Bild, während in Schwarz-Weiß „Flüchtende“ ihrem Sehnsuchtsort entgegenlaufen. Symbolisch für den Werdegang von Karl Grüner ist zweifellos das Bild „Stufen“, an das Gedicht von Hermann Hesse angelehnt: „Und jedem Anfang wohnt ein Zauber inne…“
Regina Biegel an der Zither. Foto: RK
Die kleine, aber feine Vernissage umrahmte Regina Biegel stimmungsvoll an der Zither und bei intensiven Gesprächen wurde deutlich, wie wichtig Kultur und Begegnung gerade für ältere Menschen sind. Ideen zur Umsetzung wurden ausgetauscht, etwa verbilligte oder freie Eintrittskarten für Bedürftige und organisierte Fahrten wie zu dieser Ausstellung.
Zum Weiterlesen: Sehnsuchtsort Tegernsee