Kunst-Quartett mit Damen
Gabriele Cremer (l.) und Karoline Haberzettl beim Hängen der Bilder. („Sonnenaufgang“ und „Ruhe im Wald“, Acrylbilder von Karoline Haberzettl). Foto: Hannah Miska
Ausstellung in Hausham
Der Kunstkreis Hausham holt die Corona-Pause zügig auf: Kaum sind die Bilder der letzten Ausstellung abgehängt, öffnet eine neue Ausstellung ihre Pforten. Diesmal zeigen drei Malerinnen und eine Bildhauerin ihre beachtenswerte Kunst: ein Kunst-Quartett mit Damen.
Karoline Haberzettl – Neugierig und impulsiv
Schon immer hatte sie eine eigentümliche Begeisterung für Farben. Und dennoch begann die in Miesbach aufgewachsene Karoline Haberzettl erst mit Anfang 40, Malkurse an der Volkshochschule zu belegen. Sie fing sofort Feuer, begann mit Aquarellfarben und Pastellkreiden und ging bald darauf über zu Acryl. Irgendwann schlug ihr Lehrer vor: Geh doch mal zum Kunstkreis Hausham. Dort ist sie nun seit fünf Jahren dabei und hat schon in mehreren regionalen Ausstellungen ausgestellt.
In der jetzigen Ausstellung zeigt sie nun auch Arbeiten mit Sand und Steinmehl , sie malt auf Malpappen und sogenannten Casanis (Holzkörpern). „Ich bin ungeheuer neugierig auf neue Materialien. Und während ich in den Anfängen der Malerei noch mit Vorlagen gearbeitet habe“, erzählt sie, „mache ich heute alles aus dem Bauch heraus. Dabei habe ich keinen Plan, die Idee formt sich erst während des Malens.“
Haberzettl stellt die wunderbare Serie „Münsing I, II und III“ aus, in der Form, Linie und Farbe auf das Schönste integriert sind; eine andere Serie („Schwarz trifft Weiß“, „Weiß liebäugelt mit Schwarz“) erscheint impulsiv und ungeduldig, ein anderes Bild kommt bunt und fröhlich daher und trägt zurecht den Namen „Farbenfreude“. Auch die realistischen Motive sind durch abstrakte Ideen und einen impulsiven Pinselstrich gekennzeichnet. Aber was immer Haberzettl malt: Sie setzt ihre kreativen Ideen technisch perfekt und farblich gelungen um.
Gabriele Cremer – Denkanstöße durch Phantasie und Emotion
Es war schon immer ihre Leidenschaft: das Malen. Nur konnte sie es in der kleinen elterlichen Wohnung nie richtig praktizieren – die Mutter war ordentlich und Gabriele kleckste. Den Beruf wählte sie dann jedoch ganz zielgerichtet aus: Sie wurde Grund- und Hauptschullehrerin mit dem Hauptfach Kunst und Werken. Dennoch: Mit drei Kindern sowie mehreren beruflichen Umzügen blieb das eigene Hobby zunächst auf der Strecke. Erst als die Söhne aus dem Haus waren, fand sie Zeit und Muße für ihr Talent und meldete sich für einen fortlaufenden Malkurs an der Volkshochschule an. Als der Lehrer nach vier Jahren aufhörte, erklärte er der Klasse: „Von nun an wird Frau Cremer den Kurs weiterführen.“ Die war zwar völlig überrumpelt, nahm die Herausforderung jedoch an und gibt nunmehr im zehnten Jahr Malkurse an der Volkshochschule Miesbach.
„Meeresbucht“ (l.) und „Erderwärmung“, Steinmehle mit gefärbten Pigmenten. Beide Bilder sind ein Beitrag Cremers zum Thema Klimawandel. Foto: Hannah Miska
Und natürlich malt sie seit vielen Jahren selbst. Begonnen hat sie mit Aquarell, malt inzwischen aber mit Acryl und hat sich vom anfänglichen Naturalismus entfernt. „Der Weg zur Abstraktion fiel mir sehr schwer“, sagt sie, „aber ich finde, dass richtige Kreativität erst dann entsteht, wenn man seine Phantasie bemüht und etwas Neues schafft.“ Was in diesem Prozess entsteht, ist oft ungewiss. „Ich bin spontan und wie Karoline habe ich anfangs nie einen Plan. Ich appliziere Farben, es entsteht eine Idee und die entwickle ich dann weiter.“
Vielleicht ist der fehlende Plan ja der Grund, dass den Bildern beider Malerinnen zuweilen eine attraktive Unruhe innewohnt, eine Unruhe, die sich im Kopf festsetzt und die Gedanken weiter beschäftigt. Cremer gestaltet ihre Bilder dabei am dunkleren Spektrum der Farbskala – sie benutzt Farben, die sich zurückhalten und nicht in den Vordergrund drängen. Dennoch sind ihre ausgereiften Bilder ausgesprochen expressiv , voller Emotion und regen an zur Interpretation. Was Besseres kann einem passieren in der Berührung mit Kunst?
Dorothee Geißler – Gartenzwerge, Vögel und kreativer Alltag
„Seit ich auf dieser Welt bin, dreht sich alles oder fast alles um Farben“, sagt sie.
Dorothee Geißler mit ihren Collagen „Dompfaff“ und „Die gelbe Tasche“. Foto: Hannah Miska.
Sie hätte es nicht sagen müssen: Man sieht es. Dorothee Geißlers großformatige Bilder sind ein Hingucker. Egal ob Gelb, Petrol, Grau oder Blau – die Farben allein sind ein Blickfang. Dabei sind sie keineswegs aggressiv, sondern fügen sich immer harmonisch in ein Gesamtkonzept. Und wenn man sich die Bilder näher betrachtet, so merkt man, dass sie eine Geschichte erzählen. Die Geschichte freilich, wie das Schwein in die Tasche kommt oder was genau die Gartenzwerge im Urlaub erleben, kann sich dann jeder selbst zusammenspinnen.
Dorothee Geißler, Erzieherin im Montessori Kindergarten in Holzkirchen, malt seit 10 Jahren und ist fast ebenso lange Mitglied im Kunstkreis Hausham. Mit viel Freude bringt sie die verschiedensten Materialien auf die Leinwand – neben Bleistift, Aquarell, Kreide, Acryl und Filzstift auch Fotos, Zeitungsausschnitte, Illustrierte oder Schablonen. Heraus kommt dabei nicht immer, aber oft eine Collage. „Spaß machen muss es“, sagt sie, „das ist die Hauptsache.“
Auch im Alltag lebt Geißler ihre Kreativität – so bemalt sie zum Beispiel alte, langweilige Möbelstücke, die danach wieder richtig cool aussehen. Ihr derzeitiges Projekt: Sie bemalt die Trip Trap Stühle ihrer Enkelkinder. Glück, wer eine solche Großmama hat.
Lissy Paulus – Yoga mit Meißel und Kettensäge
Die vierte im Bunde vom Kunst-Quartett mit Damen ist eine Bildhauerin, die erst mit Anfang Fünfzig ihr erstaunliches Talent entdeckte. Lissy Paulus entstammt zwar einer musisch begabten Familie – der Vater spielte Geige, die Mutter malte, Hausmusik war eine Selbstverständlichkeit – doch Lissy konnte ihrem Klavierunterricht nichts abgewinnen. Richtig mit der Kunst in Verbindung kam sie erst später in ihrem Leben, als sie als Assistentin für eine Künstlerwitwe arbeitete. Sie half, den künstlerischen Nachlass des verstorbenen Ehemannes zu ordnen, und da der ein namhafter Maler war, organisierte sie auch Ausstellungen mit dessen Bildern. Doch selbst da sprang noch kein Funke über. Erst in einer sehr schweren Zeit in Paulus‘ Leben wurde die Kunst zum tröstenden Hilfsmittel. Während eines Besuchs in Kronach bei ihren Eltern sah Lissy Paulus einen Flyer, auf dem ein „Workshop Steinbildhauerei“ angeboten wurde. Wie elektrisiert sagte sie sich: „Das mach ich jetzt.“
Lissy Paulus mit Kettensäge und der „Drallen“. Rechts unten im Bild ihre erster aus Stein gemeißelter Kopf namens „Gelassenheit“. Foto: Hannah Miska
Das ist jetzt knapp 20 Jahre her und seitdem meißelt, formt, spachtelt und arbeitet Paulus nicht nur mit Stein, sondern auch mit Gips, Ton und Holz. Das Ergebnis – viele Skulpturen und Halbreliefs aus Bronze und Stein – kann sich sehen lassen. Kürzlich kam der zierlichen Frau die Idee mit der Kettensäge. Sie lacht – mit der hat sie nun ihre „Dralle“ aus dem Holzblock gesägt.
Bei der Arbeit hat Paulus auch ihr seelisches Gleichgewicht wiedergefunden. „Werke der Hand sind Werke der Seele“, zitiert sie ihren persönlichen Leitspruch. Und, so fügt sie hinzu: „Meine Arbeit ist wie Yoga – die Gedanken fließen und augenblicklich vergesse ich alles um mich herum.“
Lesetipp: Von A wie Astrologie bis Z wie Zebra