Kunst und Ökologie
Kunst und Ökologie im Spannugsfeld zwischen Rettung der Welt und Freiheit der Kunst: „Plastikreise“ von Barbara Kenedi und „Seehamer See“ von Reinhold Schmid rahmen das Cover ein. Repro: Petra Kurbjuhn
Neuerscheinung auf dem Buchmarkt
Ein Epochenwandel vollzieht sich in der Kunst. Ökologische Fragen ziehen in das Geschehen ein und es stellt sich die Frage, ob Kunst dazu beitragen kann, den Planeten zu reparieren oder ob sich Kunst von dieser Frage befreien soll. Robert Fleck gibt in seinem Buch „Kunst und Ökologie“ Antworten.
„Die richtigen Fragen“ nennt sich die Edition Konturen, in der der österreichische Kunsthistoriker und Ausstellungskurator sein Buch veröffentlicht hat. Er stellt die Frage, was kann Kunst in dieser Zeit der Klimakrise, des Verlustes der Biodiversität und dem Dauerkonflikt zwischen Zivilisation und den Abläufen in der Natur.
Zur Beantwortung der Fragen begibt sich Robert Fleck auf eine kunsthistorische Reise von der Renaissance über Leonardo da Vinci, der die erste Landschaftszeichnung fertigte, hin zu Romantik und Impressionismus bis in die frühe Moderne des 20. Jahrhunderts, etwa bei Gabriele Münter und Land Art der 1970er Jahre.
Anhand von 50 Werken aus allen Epochen dokumentiert der Autor, den jeweiligen Bezug der Künstlerin oder des Künstlers zur Natur. Seine generelle Aussage lautet: „Was Kunst in jedem Fall zu leisten vermag, ist die Wiederverzauberung der Welt.“
Paradigmenwechsel bei der jungen Generation
Der anstehende Paradigmenwandel, so schreibt Robert Fleck, vollziehe sich insbesondere bei der jungen Generation. Studierende betonen, dass sie möglichst wenig Acrylfarbe verwenden, die auf Plastik basiert, und wenig Müll produzieren. Denn beim Auswaschen der Pinsel gelangt Plastik ins Abwasser, was früher kein Thema war.
Aber auch andere Materialien, wie Kunststoffe, Acrylglas, Aluminium oder alle Medienträger erfordern hohen Energieaufwand in der Produktion und Entsorgung und Umweltschäden sind zu bedenken.
Robert Fleck. Foto: Edition Konturen
Was aber kann Kunst über diese eher praktischen Dinge hinaus leisten? „Kunst kann in eigenständiger Weise wie wohl kein anderer Bereich die Wahrnehmung sensibilisieren, in diesem Fall für die Natur und für das Nichthumane und ihren absoluten Wert“, schreibt Robert Fleck.
Sie sollte aber anderseits „den Künstlerinnen und Künstlern nicht vorschreiben, was sie zu tun haben, mit welchen Themen und Materialien sie umzugehen haben“, dies sei eine große Gefahr in der Kunstwelt, wie auch die anderen Themen, wie Gleichheit der Geschlechter und Postkolonialismus.
Gefühl und Empathie für Sachverhalte
Kunst aber sei in der Lage „wie kein anderes Medium, ein Gefühl und Empathie für Sachverhalte herzustellen, die zu komplex oder zu feinsinnig sind, um mit sprachlichen Mitteln erfasst zu werden“, betont Robert Fleck die Bedeutung von Kunst. Sie könne gleichzeitig Warnung und Training der Fähigkeit sein, Alternativen zu denken.
Eine besondere Wertung gibt der Autor Joseph Beuys mit seiner Aktion „7000 Eichen“ im Sommer 1982, mit der es ihm tatsächlich gelungen sei, regional begrenzt, den Planeten zu reparieren. Die Politik indes sei davon nicht beeinflusst worden.
Lesetipp: Herzlich willkommen, Joseph Beuys
Auch Friedensreich Hundertwasser habe mit mehreren Projekten die Notwendigkeit eines „Friedensvertrages mit der Natur“ betont.
In unserer Zeit vollziehe sich ein Epochenumbruch in der jungen Kunst, ist Robert Fleck überzeugt. Hier überlege man sich, welche Materialien man verwende und befasse sich mit dem Wissen zur Erforschung und Herstellung von Farben ohne Chemikalien.
Ökobilanz von Kunstmessen
Robert Fleck beschäftigt sich auch mit der Ökobilanz von Kunstmessen, etwa 100 jährlich weltweit, bei denen um 1,3 Millionen Lufttransporte erforderlich seien. Er betont aber auch einen sozialen Aspekt. Bei den derzeitigen Preisen der auf den Messen gezeigten Kunst seien 99 Prozent der Weltbevölkerung von den Transaktionen ausgeschlossen, müssten aber die klimarelevanten Folgen ertragen.
Zuletzt betrachtet der Autor das „klimagerechte Museum“, das nicht einfach umzusetzen sei, denn ein Kunstmuseum sei ein Energieverbraucher ersten Ranges. Und er konstatiert anhand eines spannenden energiesparenden Entwurfs für die Nationalgalerie in Berlin: „Das Museum bleibt eine positive Utopie.“
Zwischen Ökologie und reiner Kunst
In seinem finalen Kapitel stellt sich der Autor die Frage nach dem Spannungsfeld zwischen reiner Kunst und Ökologie. Er plädiert dafür, Kunst nicht nur aus Betroffenheit und Engagement zum Zeitgeist zu machen, sondern auch rein aus sich selbst zu machen. Diese Kunst sei nicht besser oder schlechter, führe aber zu anderen Ergebnissen.
Und er warnt davor, die Arbeit von Künstlerinnen und Künstlern moralisch und nicht künstlerisch zu betrachten. In der bildenden Kunst sei das Prinzip der Freiheit eine der größten Errungenschaften. Deshalb sei Kunst als Ausdruck von Engagement ebenso wie Kunst, die sich bewusst nur mit künstlerischen Problemen auseinandersetze.
„Mit guter Kunst lernt man nie aus“ schließt Robert Fleck sein Buch, das eine Fundgrube für jeden Kunstinteressierten ist.