Kunst und Weltbürgertum
Otto Placht und Jan Mužak. Foto: Petra Kurbjuhn
Thementag in Fratres/Niederösterreich
Gestern jährte sich die Occupation der damaligen CSSR durch die Streitkräfte des Warschauer Paktes zum 48. Mal, damals rollten russische Panzer auf den Prager Wenzelsplatz. Daran erinnerte am Samstag Jan Mužak zur Eröffnung der Ausstellung von Otto Placht in der Kulturbrücke Fratres.
Der fünfte und letzte Thementag im Sommer 2016 der niederösterreichischen Kulturinitiative an der österreichisch-tschechischen Grenze hatte das Thema „Kunst & Weltbürgertum – Experimente zu 100 Jahre Dadaismus“. Der bekannte Filmemacher Hubert Sielecki als Tagesverantwortlicher stellte dafür die Musik in den Mittelpunkt des Tages, Musik als ein Medium, das weltweit verstanden wird, das Emotionen transportiert und das als völkerverbindendes Instrument dient.
Magdalena Knapp-Menzels und Gabriela Hütter. Foto: Petra Kurbjuhn
Darüber hinaus aber zeigte er auch seine in ihrer ironischen Art einmaligen gemalten oder animierten Textfilme, wobei sich Klang und Text zu einer Einheit verbinden. Dies gelang auch den beiden Protagonistinnen Magdalena Knapp-Menzels und Gabriela Hütter, die sich mit Sprache und Klang jenseits von Bedeutung auseinander setzten. Durch Zerlegung, Rhythmisierung und Intonation spielten sie mit Wörtern und Sätzen. Dabei entstand lautmalerischer Nonsens, so wie man es von Dada gewohnt ist: „Lass uns das Fallen feiern, wie es festet.“
Sprachlich-musikalische Klanglandschaften schufen Peter Pessl mit seinen lyrisch-poetischen und gleichzeitig bizarr-skurillen Texten und Michael Fischer mit seinem CD-soundscraping.
Charlotte Spitzer und Ziga Jereb. Foto: Petra Kurbjuhn
Zu einem Höhepunkt des Nachmittags wurde die Kafka-Rezitation von Charlotte Spitzer im Heckengarten, die sie mit Ziga Jereb tänzerisch umsetzte. Die Vizepräsidentin der Österreichischen Franz-Kafka-Gesellschaft verstand es ganz meisterhaft, ausgewählte Kafka-Texte mit ihrer Stimme und ihrer Modulation in Klang und Echo zu verwandeln. Synchron dazu entwickelte der Tänzer Ziga Jereb eine faszinierende Bewegungssprache, in die er die Rezitatorin immer wieder einband. Dabei umkreiste das Paar den Betonkopf des tschechischen Bildhauers Kurt Gebauer und bezog letztlich das Publikum beim „Türhüter“ mit ein. Zettel mit Einzelsätzen aus dem Text flatterten über den Kopf auf den Boden, und die Zuhörer machten mit und ließen pointiert ihre „aufgelesenen Worte“ in das Geschehen einfließen.
Energie der Natur des Dschungels und Energie der Kultur Europas
Zum Thema „Kunst und Weltbürgertum“ trug maßgeblich die von Jan Mužak kuratierte Ausstellung des tschechischen Malers Otto Placht bei. Der Künstler studierte an der Prager Kunstakademie und befasst sich intensiv mit der biomechanischen Funktionsweise des menschlichen Körpers. Wie Mužak erzählte, wanderte Placht in die USA und später nach Peru aus, wo er 25 Jahre lang mit einem indianischen Stamm im Urwald lebte. Seine Inspiration zu seinen Werken speist sich demnach aus der Energie der Natur des Dschungels und der Energie der Kultur seiner europäischen Wurzeln.
Der Künstler sagt, dass er den freien Lebensstil, den er in Peru erleben durfte, absorbiert habe, dass er Neugier und Magie kennenlernen konnte, dass er er durch die täglichen Arbeiten barfuß im Urwald seine Befriedigung erlangte und dadurch eine neue künstlerische Kreativität in ihm entstand, die er in seinen großformatigen Bildern ausdrückt. Sie sind voller Magie, voller Farbe, voller Energie und sie enthalten beides, magische Elemente der indianischen Einheimischen ebenso wie die akademische Malweise des europäischen Künstlers.
Das drückt sich insbesondere in den Bildern „Hochzeiten“ und „Casa Magica“ aus, in denen Otto Placht wie in großen Tafelgemälden Figuren und Gesichter zusammenfügt. Verschlungene Leiber prägen die Bilder „Hexennacht“ und in seinen kleinen indianischen Mandalas hat er sich ganz der Farbe und der Form meditativer Strukturen verschrieben.