Geist von Kultur und Natur
In der Weinbergkapelle. Foto: MZ
Kunstbegegnung beim Kulturherbst Schliersee
Mit einem neuen Format punktet der Kulturherbst Schliersee und konnte damit zahlreiche Besucher anlocken. Die Kunstbegegnung vereinigt Kunst, Natur und Begegnung. Der Abschluss auf dem Weinberg geriet zu einer unvergesslichen Stunde.
Dreimal hatte Organisator Johannes Wegmann zu dieser neuen Veranstaltungsart eingeladen. Dreimal kamen die beiden Künstler Manfred Mayerle und Hubert Maier, die den diesjährigen Kulturherbst mit ihrer Ausstellung in der Vitalwelt und an vielen Plätzen des Ortes bereicherten, nach Schliersee, um mit Kunstinteressierten über ihre Werke zu sprechen.
Hubert Maier, Johannes Wegmann und Manfred Mayerle in der Vitalwelt. Foto: MZ
Die letzte Kunstbegegnung startete in der Vitalwelt, wo Johannes Wegmann die Idee des Kunstpfades begründete: „Externe Gäste nehmen Schliersee anders wahr“, sagte er, „die Kunstwerke der beiden Künstler prägen den Ort“.
Schliersee künstlerisch besetzt
Kunst müsse über das Museum hinaus sichtbar werden, forderte Hubert Mayerle und gab seiner Freude Ausdruck, dass man über vier Wochen lang den Ort Schliersee, der so viele schöne Plätze habe, künstlerisch besetzen konnte. Während seine Werke, die von Linie und Farbe bestimmt seien, eher nach innen wirken, würde Hubert Maier als Bildhauer dem Stein sein Geheimnis entlocken und nach außen wirken.
Farbe und Stein im Heimatmuseum. Foto: Johannes Wegmann
Beide Künstler dankten den Organisatoren für den „wahnsinnigen Aufwand“, wie Hubert Maier betonte, und ihr Engagement. „Das sind Leute, die für die Sache brennen.“ So unterschiedlich ihre beiden Arbeiten seien, so gut würden sie hier zusammenpassen. Er hinterlasse Spuren im Stein, in dem er dem Material etwas wegnehme. „Der Maler hat es schwerer, er hat ein weißes Blatt Papier, dem er etwas hinzufügen muss.“ Er habe großen Respekt vor dem weißen Papier, entgegnete der Maler, aber auch er drücke zunächst seinen Stempel darauf und decke danach mit Übermalung wieder ab.
Kunstbegegnung und schöpferischer Akt
Die Hintergründe des schöpferischen Aktes der beiden Künstler zu erfahren, war ein Hauptanliegen dieser Kunstbegegnung und machten sie informativ und spannend. Der Kunstpfad ging vorbei an den beiden Muscheln und dem brennenden Haus von Hubert Maier vor der Vitalwelt hinunter zur „Himmelsleiter“.
Hubert Maier: „Haut“ und „Himmelsleiter“. Foto: MZ
Dieses 7,20 Meter hohe Werk sei erstmals in Deutschland ausgestellt, sagte Hubert Maier. Er habe es in Schweden gefertigt, jahrelang nur liegend gesehen. Das beeindruckende Werk am See in den letzten Strahlen der Abendsonne inspirierte Johannes Wegmann zu dem Satz: „I have a dream. Diese Himmelsleiter möge für vier Jahreszeiten hier stehen.“
„Ich habe eine dünne Haut“
Auch vor der Vitalwelt steht ein Werk von Hubert Maier. „Ein Selbstporträt der anderen Art“, sagt er, es zeige nicht sein Antlitz, sondern seine Unzulänglichkeiten. „Ich habe eine dünne Haut“, meinte er. Der Stein zeige auf der unbehauenen Seite die Oberhaut, hier aber die Unterhaut mit Blutgefäßen und Nervenbahnen.
In der Christuskirche. Foto: MZ
Bei der zweiten Station, der von Olaf Andreas Gulbransson gestalteten evangelischen Christuskirche, führte Johannes Wegmann in die Architektur des bedeutenden Bauwerks ein, zu dessen Gesamtkunstwerk die beiden Künstler noch etwas ergänzt hätten. Die beiden großen roten Bilder, so erläuterte Manfred Mayerle, stellen eine farbliche Bewegung von unten nach oben dar, wiederum Bilder, die nach innen gehen.
Noch nie ausgestellt hab er die Dornenkrone, informierte Hubert Maier, eine filigrane Steinarbeit, die bei der Bearbeitung zerbrochen sei und durch Manschetten verbunden wurde. „Eine kleine Auferstehung“, meinte er.
Für den Wilderer-Urgroßvater
Vor dem Heimatmuseum als dritter Station des Kunstpfades steht ein Basaltstein von Hubert Maier, den er seinem Urgroßvater, einem berühmten Wilderer, widmete. „Unsere Wurzeln sind wichtig“, sagte er. Die geschichtlichen Wurzeln des ehemaligen Chorherrenhauses mit der ältesten Blockwand Bayerns erläuterte Architekt Johannes Wegmann, dem es gelang das alte Heimatmuseum mit einem gebührenden Abstand, der Fuge, mit dem Neubau zu verbinden.
Manfred Mayerle: Linie und Farbe. Foto: MZ
Diese Fuge habe ihn bewogen, dem Stein eine intensive, energiegeladene Farbigkeit gegenüberzustellen, erklärte Manfred Mayerle. Im Bürgersaal der 1. Etage zeige er große blaue Leinwände als Gegensätze zu dem Blick aus dem Fenster auf den See. Zudem könne man anhand der ausgestellten Skizzenbücher seine intensive Auseinandersetzung mit der Linie nachvollziehen.
Der rote Kreis von Manfred Mayerle in der Sixtuskirche. Foto: MZ
Einen beeindruckenden Kontrast erzeugt der rote Kreis von Manfred Mayerle in der barocken Sixtuskirche, die, so Johannes Wegmann, voller hochkarätiger Kunstwerke sei. Der unglaubliche Hochaltar habe ihn bewogen, ein einfaches, die Unendlichkeit zeigendes Element vor den Tabernakel zu stellen, erklärte Manfred Mayerle.
Am Weinberg. Foto: Uli Kraus
Inzwischen war es dunkel geworden, der Weinberg erstrahlte in violettem Licht und die Gruppe erklomm den Hügel. Der Geist von Kultur und Natur an diesem Ort berühre alle, konstatierte Johannes Wegmann. Die vorher romanische, jetzt gotische Kapelle habe eine lange Geschichte. An dieser letzten Station der Kunstbegegnung erwartete Steffi Polifka an der Harfe die Besucher und verstärkte die meditative Stimmung in der von Mesner Uli Kraus illuminierten Kapelle.
Steffi Polifka an der Harfe. Foto: MZ
„Es ist schön, wie die Harfe die Farbe begleitet“, sagte Manfred Mayerle und erklärte seine über Jahre in vielen Schichten entstandene Arbeit, die ein dichtes Geflecht von Linien enthält, das nur zu ahnen ist. „Man muss nicht alles sehen“, hatte Johannes Wegmann deutlich gemacht, Kultur äußere sich in vielerlei Spuren.
Aufmerksam sein
Das dazu platzierte Kreuz sei sein erster Christus in Stein, erklärte der vormalige Herrgottsschnitzer Hubert Maier. Eigentlich sei es der Abfall von einem Tisch mit vier Beinen. Wenn man aufmerksam sei, dann erlebe man, wenn sich etwas ereigne. Und so habe sich dieses Kreuz ereignet.
Abschluss mit Steffi Polifka. Video: Uli Kraus