Hubert Lobnig

Kunstprojekt an der Grenze

Hubert Lobnig zur Vernissage in Fratres. Foto: MZ

Kunstprojekt an der Grenze

Schon von weitem grüßt an der österreichisch-tschechischen Grenze die Installation von Iris Andraschek und Hubert Lobnig: „Wohin verschwinden die Grenzen?“ Vor zehn Jahren installiert, bekommt die Frage nach 2015 eine neue Bedeutung, die jetzt mit der Ausstellung „Die Verwandlung – Borders are Vacillating“ thematisiert wird.

20 Jahre nach der Öffnung des Eisernen Vorhangs stellten die beiden Wiener Künstler mit ihrer 60 Meter langen und vier Meter hohen Metallkonstruktion und dem Schriftzug auf Deutsch und Tschechisch eine Frage, die nach 2015 große Brisanz erhielt. Damals war sie als temporäres Projekt konzipiert. Heute ist sie im Zusammenhang mit 30 Jahre Mauerfall und der Diskussion um die Sicherung europäischer Außengrenzen Anlass zum politischen Diskurs.

Deshalb konstatieren Iris Andraschek und Hubert Lobnig jetzt „Die Verwandlung – Borders are Vacillating“ und luden neun internationale Künstler nach Fratres ein, um ihre Sicht zum Thema künstlerisch umzusetzen. Grenzen kippen und schwanken, sie lösen sich auf, wie hier in Fratres, wo die Grenzsicherungen abgebaut wurden.

Grenzen verstärken sich

Aber die Grenzen wandern, verlagern und verstärken sich andernorts, wie an der Grenze der USA zu Mexiko oder an den Grenzen Europas. Humanitäre Aspekte kommen hier, wie Medienberichten zu entnehmen ist, nicht zum Tragen. Das Kunstprojekt an der Grenze stellt genau diese Fragen und gibt sie an die Besucher weiter.

Kunstprojekt an der Grenze
INVENTOUR macht Station bei der Kulturbrücke Fratres. Foto: MZ

In der Politik wird dieses Thema kontrovers diskutiert. Umso erfreulicher ist es, dass zur Eröffnung der Ausstellung die Kommunalpolitiker präsent waren und das Kunstprojekt, das vom Land Niederösterreich gefördert wurde, begrüßten.

Kunstprojekt an der Grenze

Das Kunstprojekt an der Grenze läuft im Auftrag von Kunst im öffentlichen Raum Niederösterreich, als Teil der Abteilung Kunst und Kultur des Landes NÖ. Zugleich ist mit „INVENTOUR“ ein mobiles Vermittlungsprogramm von Kunst im öffentlichen Raum unterwegs. Am Vortag bereits machte Inventour Station im Museum Humanum und der Kulturbrücke Fratres, Partnerverein von KulturVision, und Museumsgründer Peter Coreth lud zu einer Führung ein.

Peter Coreth im Museum Humanum
Museumsgründer erklärt ein Exponat aus Glasperlen und erinnert an den von KulturVision gestalteten Glastag 2018. Foto: MZ

Lesetipp: Glaskunst im Dreiländereck

Dabei wurde auch das Projekt AREAacz vorgestellt, eine Karte, in der 61 kulturelle Institutionen beiderseits der Grenze wie bei einem Wimmelbild zusammengestellt sind. Initiiert wurde dieses Projekt vom Museumsmanagement Niederösterreich und der Design Universität St. Pölten. Es soll als Hilfestellung für Ausflüge, insbesondere für Jugendliche und für Schulen, dienen und wird über social media verbreitet.

AREAacz
61 Kulturprojekte an der Grenze Österreich-Tschechien sind im Projekt AREAacz zusammengefasst. Foto: MZ

Zur Vernissage an der Grenze forderte Kunsthistorikerin Franziska Lesák dazu auf, Heterogenität als Erneuerungsprojekt zu begreifen. Verwandlung spiele dabei eine besondere Rolle.

Kulturelles Gedächtnis

Sie sprach von einer Studie an der deutsch-tschechischen Grenze in Niederbayern, bei der beobachtet wurde, dass Rotwild auch nach 30 Jahren noch immer die Grenze als Einhalt gebietende Linie respektieren und nicht überschreiten. Die Verhaltensforscher führen dies darauf zurück, dass Hirschkühe ihren Nachwuchs entsprechend trainiert haben. Die Grenze hat sich somit über Generationen in das Gedächtnis eingeprägt. „Ist das beim Menschen auch so?“, fragte sie.

Das Element
Iris Andraschek/Hubert Lobnig: „Das Element“. Foto: MZ

Die Ausstellung am Grenzübergang Fratres–Slavonice beinhaltet Displays und Installationen im Außenraum sowie Fotografien an der Metallkonstruktion. Zudem findet man Arbeiten im ehemaligen Grenzhaus, das erstmals für die Öffentlichkeit zugänglich ist. Hier dominiert „Das Element“, eine Arbeit von Iris Andraschek und Hubrt Lobnig, das sich über zwei Stockwerke erstreckt.

Effektive Bauelemente

Es symbolisiert die Versuche von Regierungen, gemeinsam mit Baufirmen möglichst effektive Bauelemente zur Abhaltung ungewollter Migration zu errichten, wie es in den USA und in Israel praktiziert wurde.

Kunstprojekt an der Grenze
Ana Teresa Fernández malt die Grenze an und lässt sie verschwinden. Foto: MZ

Dagegen hat Ana Teresa Fernández eine andere Form der künstlerischen Umsetzung am Grenzwall USA-Mexiko gewählt. Sie stellte eine Leiter an und bespritzte den Wall mit blassblauer Farbe. Im Film ist zu sehen, wie die Farbe die Mauer in der Sicht des Betrachters zum Verschwinden bringt: „Erasing the Border“

Welcome to Austria
Filippo Minelli: Welcome to Austria oder „What things are not“. Foto: MZ

Auffallend ist die Arbeit von Filippo Minelli direkt am Grenzstreifen. „What things are not“ nennt er die großen Displays, die im jeweiligen Land einen Willkommensgruß entbieten. Plakativ zeigen sie das Land, wie es in der Werbung geschieht und stellen einen Zusammenhang zu politischer Propaganda dar.

Spuren der Migration

Spuren der Migration, die sich in die Landschaft eingraben, dokumentieren die unscharfen Langzeitbelichtungen an der Metallinstallation von Andraschek/Lobnig von Estefania Peñafiel Loaiza. Sie fertigte sie an Grenzen bei illegaler Einwanderung.

Kunstprojekt an der Grenze
Hannes Zebedin: Sabotinage. Foto: MZ

Hannes Zebedin hat schwere Steine im Rucksack von Slowenien nach Fratres gebracht. Im Gegensatz zur Propaganda, die von beiden Seiten an der slowenisch-italienischen Grenze provokativ benutzt wird, zeigt er mit seiner Installation positive Kräfte der Historie auf.

Moritz Maschke, Thea Möller, Alban Muja, Martin Zet, Jaroslav Abbé Libansky und Agnieszka Kalinowska sind weitere Künstler, die das Thema der Verwandlung aufgreifen. Die überaus sehenswerte Ausstellung ist von Donnerstag bis Sonntag 14 bis 19 Uhr vom 29.8. bis 1.9., 5. bis 8.9. und 12. bis 15.9. im Grenzhaus Fratres geöffnet, Führungen am 31.8. und 7.9. um 15 Uhr.

Gefällt Ihnen dieser Beitrag? Bitte besuchen Sie uns auf