Powidltascherl und Kunst in Wien

Imposante Kulisse: Gegenüberstellung „Baselitz – Nackte Meister“ im Kunsthistorischen Museum Wien. Foto: IW

Kulturausflug nach Wien

Den Herbst, den gibt es nur in Wien, schwärmte mal André Heller über seine Heimatstadt. Der Sommer ist ebenso einzig. Luftig und grün, voller Kultur und zugleich ziemlich entspannt. Ein Kurztrip im Sommer lohnt in mehrerlei Hinsicht. Für KulturVision war die Stadt kürzlich eine Station zur Planung eines Thementages im Waldviertel im August – verbunden mit ganz viel Kultur.

Seit vielen Jahren ist KulturVision beim Partnerverein Kulturbrücke Fratres Mitveranstalter der sommerlichen Thementage. Unvergessen beispielsweise Monika Zieglers Thementag „Liebe“ mit Schauspielikone Ernie Mangold und Oscarpreisträger Michael Haneke. Oder der Thementag „Glaskunst im Dreiländereck“ mit den bayerischen Glaskunstschaffenden Ursula-Maren Fitz und Florian Lechner. In diesem Jahr stehen gleich zwei Thementage unter Regie beziehungsweise Mitwirkung von KulturVision auf dem Programm: „Mode, Schönheit, Kontroverse“ am 12. August und „Literaturcafé Melange“ am 2. September.

Mode, Schönheit, Kontroverse

Vorbereitungstreffen mit Jana Zoglauer-Vinsová
Vorbereitungstreffen für den Thementag mit Jana Zoglauer-Vinsová (links) im Café Savoy in Wien. Foto: Marina Baum

Warum nun ein Besuch in Wien? Wien ist die Modehauptstadt Österreichs, hier lebte und wirkte Fred Adlmiller, umjubelter wie umstrittener Star der Haute Couture, dessen kontrovers diskutiertem Leben und Schaffen der Mode-Thementag im August nachgeht. Auch Modedesignerin Vivianne Westwood war umjubelt wie umstritten, als sie den Punk salonfähig machte. Aufwändige Vintage-Gewänder und Roben beider Ausnahmemodeschaffender bietet das Wiener Modegeschäft „Vintage Flo“ von Ingrid Rab in der Schleifmühlgasse. Eine Auswahl davon wird uns die Inhaberin zum Thementag zu Ausstellungszwecken überlassen und dabei selbst einen Vortrag über die Modeikone Westwood halten. Der Wien-Besuch war also eine gute Gelegenheit, sich in ihrem Laden umzusehen und danach noch ein entspanntes „Arbeitsgespräch“ im Café Savoy beim Naschmarkt zu führen.

Von avantgardistisch bis fulminant: Wiener Festwochen

Warum sich Wien im Sommer außerdem lohnt? Vom 12. Mai bis zum 21. Juni sind Wiener Festwochen mit einem umfangreichen außergewöhnlichen Kulturprogramm von Konzerten bis Theater, Ausstellungen bis Podiumsgesprächen. Eine Weltpremiere zeigte beispielsweise Mariano Pensotti mit der Grupo Mareo mit „La Obra“. Nicht nur das verschachtelte Stück, ein „fiktionaler Dokumentartheaterabend“, war beeindruckend, auch die Kulisse des Jugendstiltheaters am Steinhof.

Spannende Gegenüberstellungen

Baselitz - Alte Meister in Wien
Links Baselitz – rechts Nackte Alte Meister. Foto: IW

Dann natürlich die großen Museen und ihre grandiosen Ausstellungen: Das Kunsthistorische Museum in Wien zeigt noch bis zum 25. Juni die imposante Gegenüberstellung „Baselitz – Nackte Meister“. Georg Baselitz selbst wählte dabei 40 Arbeiten aus den Gemäldebeständen des Museums, von Pieter Bruegel d. Ä. bis Lucas Cranach, die in eindrucksvoller Korrespondenz stehen mit seinen Werken. In der ständigen Ausstellung befindet sich zudem eines der nur 35 heute bekannten Bilder Jan Vermeers: „Die Malkunst“. Das Werk wird in einer Sonderhängung von zwei Gemälden bahnbrechender Künstlerinnen flankiert: von Maria van Oosterwijk aus dem 17. Jahrhundert und der Gegenwartskünstlerin Maria Lassning.

Leopold Museum Wien

Egon Schiele im Leopoldmuseum
Egon Schiele im Leopold Museum. Foto: IW

Georg Baselitz und seinen Werken begegnet man wieder bis 10. September im Leopoldmuseum. Die Ausstellung „Amazing. The Würth Collecion“ vereint Werke der Klassischen Moderne und zeitgenössischen Kunst. Sie bietet damit eine einzigartige Reise durch 100 Jahre Kunstgeschichte und zeigt 200 Meisterwerke aus der Sammlung Würth. Im Leopold Museum ist auch die Dauerausstellung „Wien 1900“ immer wieder sehenswert, mit der weltweit größten Schiele-Sammlung, bedeutenden Hauptwerken von Gustav Klimt und dem Jugendstil und seinen Vertretern aus Architektur, Literatur und Malerei. Im Herbst folgen zwei weitere spannende Ausstellungen, die sich dem Expressionismus widmen: Gabriele Münter und Max Oppenheimer. 

Sakralkunst meets Gegenwartskunst

Mittelalterliche Sakralkunst im Dommuseum Wien
Von historischer Sakralkunst bis zu interreligiösen Werken der Gegenwart – Dommuseum Wien. Foto: IW

Wer noch mehr Lust auf Kunst hat, besucht das Dommuseum, das historische Sakralkunst mit bedeutenden Werken der klassischen Moderne und zeitgenössischen Kunst vereint. Inmitten des Stephansplatzes gelegen, präsentiert das Museum zudem wechselnde Ausstellungen, die sich sozialen, interkulturellen und interreligiösen Themen widmen. Bis 27. August ist die Ausstellung „Mahlzeit“ zu sehen, die durch die Epochen und in unterschiedlichsten Medien – Skulptur, Grafik, Malerei, Fotografie und Videokunst – unter anderem die gemeinschaftsstiftenden Aspekte des Mahls verhandelt.

Den Begriff "Bodyshaming" thematisiert Veronika Merklein in ihrer Videoperformance
Das Thema „Bodyshaming“ fokussiert Veronika Merklein in ihrer Videoperformance „Fatlife“. Foto: Veronika Merklein

Die Gegenüberstellung von mittelalterlicher Kunst („Letztes Abendmahl“ um 1440) und Gegenwartskunst (hier begegnen wir wieder Maria Lassning, aber auch Marina Abramović und Joseph Beuys) ist eindrucksvoll. Schamgefühl in der Öffentlichkeit und den damit einhergehenden Begriff des „Bodyshamings” thematisiert die in Wien lebende deutsche Performancekünstlerin Veronika Merklein innerhalb der Ausstellung „Mahlzeit“.


Marina Abramović in der Galerie Krinzinger. Foto: IW

Wer noch immer nicht genug von Kunst hat, kann den Reigen fortsetzen und sich weitere Werke von Marina Abramović in der Galerie Krinzinger ansehen. Und das ist natürlich immer noch nur eine winzige Auswahl.

Hinaus ins Grüne

Schattig und Grün - das Palmenhaus im Schloßpark Schönbrunn
Schattig und Grün – das Palmenhaus im Schloßpark Schönbrunn. Foto: IW 

Wer die Stadt hinter sich lassen möchte, macht einen Ausflug zum Schlosspark Laxenburg ins Grüne oder fährt hinauf zur Otterkringer Feuerwache am Steinhof, wo es sich im Ottakringer Wald und auf den Wiesen mit Blick auf die Stadt herrlich picknicken lässt. Beim Hinabsteigen in die Stadt kommt man an der Jugendstilkirche Otto Wagners vorbei, die mit ihrer goldenen Kuppel ebenso imposant in der Sonne glänzt wie das Wiener Secessionsgebäude, aber weniger überlaufen ist. Ebenfalls grün, grüner geht es kaum, präsentiert sich das Palmenhaus im Schlosspark Schönbrunn – das zugleich eine Ruheinsel in der emsigen Stadt bildet. Wer es noch kühler wünscht, springt ins Wasser der Alten Donau oder zieht ein paar Bahnen auf dem Badeschiff mitten in der Stadt am Donaukanal, wo man im Freien auch sehr gut Gerichte aus Somalia und Afghanistan essen kann.

150 Jahre Weltausstellung in Wien

Riesenrad Wien - 150 Jahre Geschichte
Das Wiener Riesenrad auf dem Wurstelprater gibt es seit 150 Jahren. Foto: IW 

Weil sich die Metropole rund um 1873 neu erfand, feiert die Stadt deshalb 2023 seine Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft im Zeichen großer urbaner Visionen: 150 Jahre Wiener Weltausstellung. Bis Ende des Jahres gibt es dazu im Weltmuseum eine Ausstellung zu sehen. Wer lieber im Freien bleibt, kann den 150 Jahren Weltausstellung auf dem Wurstelprater nachgehen – am besten bei einer Fahrt mit dem historischen Riesenrad. Danach kann man sich im grünen Biergarten des „Schweizerhaus“ entspannen, wo man eine „Stelze“ und ein frisches Budweiser ordert und als Nachspeise die süßen, böhmischen Powidltascherl.

Eine Kooperation von KulturVision mit der Kulturbrücke Fratres/Niederösterreich: 12.08.2023 Thementag „Mode, Schönheit, Kontroverse – das Phänomen Fred Adlmiller“ u.a. mit Buchpräsentation und Vortrag „Tracht in Miesbach – Entstehung, Formen, Lebensgefühl“ (Verena Wolf, Miesbach, Autorin) und 02.09.2023 Thementag „Literaturcafé Melange – Begegnung dreier Länder“ – das Literaturcafé von KulturVision unter der Moderation von Peter Becher (Holzkirchen) mit Karl Krieg (Passau), Thomas Sautner (Gmünd) und Věra Koubová (Prag). Hier geht es zum gesamten KULTURBRÜCKE FRATRES Programm 2023.

Gefällt Ihnen dieser Beitrag? Bitte besuchen Sie uns auf