Vielfalt und Fantasie – Kurzfilmfestival im FoolsKINO

Alle der anwesenden jungen Filmemacher mit Kinobetreiber Thomas Modlinger (vorne links) beim Kurzfilmfestival. Foto: Johanna Lubecki

Filmeabend in Holzkirchen

Zur Wintersonnwende, am kürzesten Tag des Jahres, fand traditionell das Kurzfilmfestival im FoolsKINO in Holzkirchen statt. Am 21. Dezember bot sich den Kinobesuchern ein ausgewähltes Programm von acht unterschiedlichen Kurzfilmen. Zwar war das Kino nicht voll besetzt, das Publikum erwies sich aber als sehr aufmerksam und diskussionsfreudig.

Anmoderiert wurde jeder der Filme von Kinobetreiber und Organisator des Festivals Thomas Modlinger. Dabei ging er auf Produktion und Hintergrund der gezeigten Filme ein und bereitete sein Publikum auf die Stimmung des jeweils nächsten Werkes vor. Auch einige der Filmemacher selbst waren zugegen, darunter der Holzkirchner Leif Eisenberg, Daniel Holzberg und Schüler aus der Filmgruppe der Oberland Realschule Holzkirchen.

Entfremdung

Der erste Programmpunkt, Douglas Harts englischsprachiger Kurzfilm „Long Distance Information“ von 2011 aus Großbritannien, passte stimmig in die Vorweihnachtszeit. Die Handlung ist bestechend einfach, beinhaltet dennoch vielschichtige Hintergrundgedanken. Ein Sohn ruft seine Eltern am Weihnachtstag an. Über die Dauer des Telefonats, das einen Großteil des achtminütigen Films einnimmt, spürt der Zuschauer zunehmend die Entfremdung des Sohnes von seinen Eltern. In der fein dargestellten Kommunikation wird die Schwierigkeit beider Seiten spürbar, Gefühle gegenüber den Liebsten auszudrücken. Besonders durch die gefühlsbetonten und spannungsgeladenen Gesprächspausen, sowie der intensiven Stimmung besticht dieser intelligente und überraschende Film.

Spiegelwelt

In dem Schülerfilm „Auf der anderen Seite“ des Röntgen-Gymnasiums Würzburg unter der Leitung von Filmlehrer Hubert Pfingstl befindet sich in einer Schule ein Portal in eine Spiegelwelt. Durch den Spiegel in der Herrentoilette betritt man eine wortwörtlich gespiegelte Welt. Dort existiert die Schule inklusive jedes Lehrers und jedes Schülers ein zweites Mal. Der Protagonist des Films begegnet sogar seinem eigenen „Spiegelbild“. Im Abspann des Films hinterließen die Schülerinnen und Schüler eigens eine Grußbotschaft an das FoolsKINO da sie leider nicht selbst am Filmabend anwesend sein konnten.

Mittelalterdrama

Von ganz anderer Art ist das düstere Mittelalterdrama „Ritter, Tod und Teufel“. Der etwa halbstündige Kurzfilm des Holzkirchners Leif Eisenberg war nur einer von verschiedenen Kurzfilmen, die er seit 2019 im FoolsKINO präsentiert. Der Teufel selbst dient sowohl als Erzähler als auch als Figur der fiktiven Geschichte. Sie ist eingebettet in die realen Kreuzzüge gegen die Hussiten im 15 Jahrhundert.

Inspiriert habe Leif Eisenberg nach eigener Aussage der gleichnamige Kupferstich von Alfred Dürer. Letzterer sei sein deutscher Lieblingskünstler. „Ich habe da irgendwas in dem Bild gesehen und habe mich gefragt, was ist die Geschichte dahinter. Und dann habe ich diesen Kurzfilm geschrieben, wo es um einen […] desillusionierten Kreuzritter geht, der den Teufel beschwört, um seine ermordete Frau von den Toten zurückzuholen.“

Kurzfilmfestival
Leif Eisenberg (4. von links) und sein Team waren selbst im Kino und sprachen mit dem Publikum über ihren Film. Foto: Johanna Lubecki

„Die Navigatour“ der Warnix-Machtnix Filmproduktion von Dorit Kiesewetter und Carsten Knoop beschäftigt sich mit unseren Fahrassistenzsystemen in der nahen Zukunft. Viele verschiedene künstliche Intelligenzen streiten nicht nur untereinander, sondern auch mit dem Fahrer. Obwohl sie eigentlich der Navigation, Hilfestellung und Unterhaltung dienen sollen, treiben sie den Fahrer an den Rand der Verzweiflung. Der Film nimmt die Überflutung unseres Alltags mit ablenkenden oder teils unnützen Assistenzsystemen aufs Korn.

Schulalltag

Nach einer gut zwanzigminütigen Pause folgte ein zweiter Schulfilm. Eine Hexe geht um in der Oberland Realschule Holzkirchen. „Knusper, knusper, knäuschen“ heißt der lustige Film, der in freiwilligen Zusatzstunden der Schülerinnen und Schüler unter der Leitung von
Sebastian Wanninger entstand. Der Film verknüpft auf gewitzte Weise Gegenwart und Schulalltag der Schülerinnen und Schüler mit dem Märchen „Hänsel und Gretel“. Seit dem Jahr 2015 ist die Holzkirchner Schule bei dem Kurzfilmfestival dabei und einige der beteiligten Jugendlichen waren im Kino zu Gast und beantworteten im Anschluss Fragen des Publikums.

„Lookism“ ist ein Film der Studentin Mona Stingl der Furtwangen Universität, der zeigt, was das Äußere und der Schein in unserer Gesellschaft bewirken. Zwei Männer in einer Bar konkurrieren um die Aufmerksamkeit von Frauen. Zwar ist die Handlung nicht spezifisch zielgerichtet, aber der Zuschauer bemerkt, wie trügerisch der erste Eindruck sein kann.

„Ausländerrollen“

„Der Triumph des Schauspielers“ ist eine knapp halbstündige Komödie aus dem Jahr 2021 von Daniel Holzberg, einem Studenten an der Filmakademie Wien. Der deutsch-türkische Hauptdarsteller Ercan Karacayli spielt sich hier selbst. Er hat keine Lust mehr auf die Rollenangebote, die er bekommt, denn immer wird er für stereotype „Ausländerrollen“ gebucht. Sich so eingeschränkt sehend, entsteht der Wunsch, einen Nazi zu spielen. Ein Filmprojekt spricht ihn an und er ist fasziniert von der Herausforderung, die so eine neue Rolle bietet. Die Gesellschaftskritik ist Kernthema dieses Films. Er bietet einen provokanten und tiefgründigen Plot, mit viel Sinn für Humor und Komik, indem er Klischees herausfordert und hinterfragt.

Daniel Holzberg kam persönlich zum Filmfestival, um seinen Film vorzustellen. Während der Entwicklung des Films sei ihm zunehmend bewusst geworden, wie tiefgreifend die Thematik ist. Er habe „irgendwann bemerkt, dass da mehr dahintersteckt, wie man Menschen sieht, wie man sie in Schubladen steckt, wie man ihnen begegnet“. „Wenn man ‚den Ausländer‘ immer erst einmal als ‚den Ausländer‘ besetzt, dann trennt das. Wenn man mit Repräsentierungen in der Kultur, aber auch in der Arbeitswelt so konfrontiert wird, dann wird das irgendwann zur Realität.“

Kurzfilmfestival
Daniel Holzberg im FoolsKINO. Foto: Johanna Lubecki

Sigrid Esslinger, selbst langjährige und professionelle Dokumentarfilmerin vornehmlich beim Bayerischen Rundfunk und regelmäßige Besucherin des FoolsKINO, ist begeistert von dem Kulturangebot: „Wir haben hier wirklich den Vorteil, das tolle FoolsKINO zu haben. Wenn man sieht, was alles im Netz kursiert, dann hat man hier wirklich eine irre Qualität und ich finde es ganz toll, dass junge Leute sich hier auf den Weg machen, Filme zu produzieren. Dass sie es auch als Perspektive sehen, als Berufsperspektive. Man macht Filme, man setzt sich auseinander mit Themen und begegnet sich.“ Sie freue sich jedes Jahr, wieder hier zu sein.

Erster Kinobesuch

Der traditionelle Abschlussfilm „Mission Junge“ der HFF München aus dem Jahr 2011 von Mirjam Orthen dauert nicht einmal eine Minute, wird aber jährlich immer am Ende der Festivals gezeigt. In einem Interview erzählt ein kleiner Junge von seinem ersten Kinobesuch. Der humorvolle Film solle junge Leute dazu motivieren ins Kino zu gehen und man könne sich daran nicht sattsehen, kommentiert Thomas Modlinger.

Kurzfilmfestival – nicht nur für Filmemacher

Bei diesem hervorragenden Kulturprogramm kann man nur hoffen, dass in den nächsten Jahren mehr Besucher in das FoolsKINO kommen, da sich der Abend nicht nur für Filmkenner lohnt. Oder in Thomas Modlingers Worten ausgedrückt: „Schee war‘s!“

Der Beitrag stammt von den zwei Elftklässlern des P-Seminars des Gymnasium Holzkirchen Johanna Lubecki und Gioele Grillo.

Zum Weiterlesen: „Avalon“ beim Kurzfilmfestival

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