Landschaften

Von innen nach außen und umgekehrt

Christoph Hellhake und Irmgard Reiter. Foto: Petra Kurbjuhn

Ausstellung in Schaftlach

Die Pizzeria in Schaftlach war gestern Nachmittag Schauplatz eines Familientreffens der besonderen Art. Irmgard Reiter und Schwiegersohn Christoph Hellhake luden zur Ausstellung ein, Töchter Maria und Agnes, sowie deren Mann Gerd Bachhuber steuerten ein Exklusivkonzert bei.

Ausstellungen
Gerd Bachhuber und Frau Agnes, Maria Reiter (v.l.). Foto: Petra Kurbjuhn

Exklusiv, weil der Flügelhornist und Schwiegersohn der ausstellenden Künstlerin mehrere Stücke eigens für diesen Anlass geschrieben hatte. Heitere Stimmung also bei den beschwingten Weisen der drei Berufsmusiker, zu denen sich das Publikum ab zwei Jahre im Tanz drehte.

Landschaften, die es nicht gibt

Drinnen gab es Landschaften zu sehen, besondere Landschaften, denn Irmgard Reiter malt Bilder von Landschaften, die es in Wirklichkeit nicht gibt. Es gibt sie nur im Inneren der 84-Jährigen. „Die Bilder sind da“, sagt sie „und sie brauchen jemanden als Werkzeug, der sie malt“.

Lesetipp: Kunst kennt kein Alter, 38. Ausgabe der KulturBegegnungen, Seite 7

„Sie drangsalieren mich“, erklärt die Künstlerin, manchmal wolle sie etwas anderes malen, aber es sei fast so, als würde ihr die Hand geführt. Dabei entstehen Bilder insbesondere von Bergen und Flüssen, von Wasserfällen, zumeist verdichtet und abstrahiert.

Landschaften
Bilderwand. Foto: Petra Kurbjuhn

Hinaus in die Natur gehe sie nie, lange genug habe sie draußen in der Landwirtschaft gearbeitet. Und in den Bergen sei sie auch nie gewesen, „ich musste früh um fünf im Stall sein, da war keine Zeit, um in die Berge zu gehen.“


Innere Landschaft. Foto: Christoph Hellhake

Erst vor knapp zehn Jahren begann sie zu malen, „als ich mit Material versorgt wurde“, meint sie lächelnd. Dann aber habe sie Tag und Nacht gemalt. „Ich bin dahin gekommen, wo ich hinsollte“, erklärt sie, und ergänzt: „Kreativ sein ist schön.“


Irmgard Reiter: Felsen und Wasser. Foto: Petra Kurbjuhn

Die Bilder haben eine gewisse Magie, als würden sie Landschaften einer anderen, einer fernen Welt, ähnlich der unseren zeigen. Die Tatsache, dass Irmgard Reiter diese Landschaften nie gesehen hat, sondern dass sie aus ihrem Inneren heraussprudeln, ist frappierend.

Innere Stimmungen – innere Bilder

Sie lässt die Betrachtenden teilhaben an ihren inneren Stimmungen, die sich in den inneren Bildern widerspiegeln. Jetzt habe sie oft düstere Stimmungen, verrät sie, weil die Welt verrückt sei. Dann kämen Bergstürze, Hangrutsche und Wasserstrudel aus ihr heraus, alles in düsteren Farben.

Landschaften
Irmgard Reiter: Wasserfall. Foto: Petra Kurbjuhn

Aber es gibt auch das Gegenteil, ein Bild macht sofort froh, es zeigt in goldgelber Farbe einen Lichtblick im Zentrum des Bildes. Ein anderes Bild zeigt eine nebelverhangene Landschaft mit zwei einsamen Bäumen und einem verfallenen Haus. Und ein weiteres Bild mit seinen steilen Abbrüchen am Meer könnte Cornwall sein. Nein, da sei sie nie gewesen, sie habe nur sehr selten die Landkreisgrenzen überschritten.

Küstenlandschaft. Foto: Christoph Hellhake

Die Arbeiten bestechen auch durch die Farbgebung und Farbverläufe. Irmgard Reiter malt in Acryl, immer stehend am Tisch, mischt ihre Farben selbst und trägt mit dem Spachtel auf.


Irmgard Reiter: Kopf. Foto: Petra Kurbjuhn

Drei Bilder mit menschlichen Köpfen ergänzen die vielfältigen Landschaftsbilder. „Die haben so werden wollen“, sagt Irmgard Reiter lakonisch.

Auch Schwiegersohn Christoph Hellhake widmet sich der Landschaft, aber er geht den umgekehrten Weg und er benutzt eine andere Technik. Der Profifotograf war lange Zeit in der Werbefotografie tätig, bevor er sich selbständig machte. In seiner künstlerischen Fotografie ist er im Außen tätig und sucht und findet das richtige Motiv immer dann, wenn es sich in seinem Inneren widerspiegelt.

Christoph Hellhake: Monti del Sole, Piz de Mezodi, Ortschaft Tiser.

So bei seinen Kurvenfahrten mit dem Motorrad in Südtirol. Da erhascht er im Vorüberfahren einen Blick, der sich ihm tief einprägt. „Dann dreh ich um und versuche zu finden, was mich geflasht hat“, erklärt er. Manchmal könne er direkt vom Motorrad aus fotografieren, manchmal aber gehe er noch ein Stück den Berg hinan, um das beste Motiv zu finden. Dabei sind wuchtige Bilder von Berg- und Wolkenformationen entstanden, eins gewaltiger als das andere. Er spricht von Bilderlust in der Landschaft.

Christoph Hellhake: Sellapaß, Plattkofel

Auf der gegenüberliegenden Seite des Raumes sind ganz andere Fotografien zu sehen, die ihre Wirkung entfalten, wenn man näher hinschaut. Christoph Hellhake ist mit seiner Frau Maria den Jakobsweg gegangen und hat fotografiert, war aber mit den Ergebnissen nicht zufrieden.


Christoph Hellhake: Los Arcos

„Das war so banal und hatte nichts damit zu tun, was ich erlebt habe“, erklärt er. Er wandte die Technik der Frottage, speziell der Nitrofrottage an, bei der er die Oberfläche der Farbauszüge mit einem Lösungsmittel tränkt und dann auf einen Untergrund abreibt. Die Besonderheit seines Verfahrens ist es, dass er mehrere Ausdrucke übereinanderlegt.


Christoph Hellhake: Himmelsweg

„Damit wird die Profanität der Oberfläche entfernt und es kommt Emotionalität zum Vorschein, die in dem Foto nicht drin ist“, erklärt der Fotograf. Er erreicht mit dieser Technik eine Intensität der Tiefe und kann das Außen in das Innere transformieren.
Die Bilder wirken wie Malerei und können beim Betrachter tiefe Empfindungen auslösen. Insbesondere ein Bild ist der Inbegriff des Camino, „der Weg in den Himmel“, sagt Christoph Hellhake.

Die Ausstellung „Landschaften, von innen und außen“ von Irmgard Reiter (Malerei) und Christoph Hellhake (Fotos) ist in der alten Pizzeria in Schaftlach (am Bahnhof) am heutigen Sonntag sowie am 17. und 18. Juni von 14 bis 20 Uhr geöffnet.

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