Über die Jagd auf einen Hirsch
Welcher Hirsch wurde hier erschossen? Lauris mit Stock in der Mitte. Foto: MZ
Theater in Gmund
Mit der Uraufführung seines Theaterstückes „Lauris“ mit der Theatergruppe des Trachtenvereins D’Neureuther Gmund hat Autor und Regisseur Tobias Hupfauer ins Schwarze getroffen. Inhalt, Inszenierung und Darstellung überzeugen und begeistern das Publikum.
Seit 2019 ist Tobias Hupfauer Spielleiter bei der Gmunder Theatergruppe. Jetzt schrieb er sein erstes eigenes Werk, in dem er seine Erfahrungen, Erlebnisse, aber auch Gefühle als Berufsjäger und Förster verarbeitete.
Das Stück thematisiert in einer spannungsreichen, aber auch humorvollen Handlung die Problemfelder in der heimischen Bergwelt. Da ist zum einen der ewige Konflikt Wald – Wild, zum anderen aber auch die Beziehung des Menschen zur Natur, der Umgang mit den Tieren ebenso wie der Respekt vor der Landschaft.
Lauris und der Hirsch
Im Mittelpunkt der Handlung steht „Über die Jagd auf einen Hirsch“, so der Untertitel. Berufsjäger Lauris hat im Wald eine Abwurfstange eines Hirschs gefunden, wahrscheinlich ein sehr alter, schwarzer Hirsch sei es, so vermutet er.
Auch die Tischdecke im Neureuthersaal zeigt das Thema des Abends. Foto: MZ
Soll dieser Hirsch nun erlegt werden oder nicht? An dieser Frage spaltet sich die Gesellschaft. Auf der einen Seite steht Förster Alex, der die Almbauern auf seiner Seite hat, auf der anderen Seite steht Lauris mit den Holzknechten. „Der Hirsch hat eine Geschichte“ und „der Hirsch hat eine Bedeutung für mich“, so ringt er mit sich.
Lauris in einer Zwangslage
Letztlich geht es aber gar nicht um den Hirsch, sondern vielmehr um Ansehen und Geld. Es geht aber auch um private Beziehung. Lauris, in seiner Zwangslage überzeugend von Korbinian Kölbl gespielt, muss sich mit den finanziellen Nöten der Familie auseinandersetzen. Anna Maria Liedschreiber spielt die Verzweiflung seiner Frau Hannerl emotional nachvollziehbar. Sie möchte heraus aus der engen Wohnung, aber Lauris denke nur über seinen Hirsch nach.
Andreas Liedschreiber gibt dem Widersacher Alex im Gegensatz zum nachdenklichen Lauris ein lautes und zielgerichtetes Wesen hin zum Erfolg. Die Almbauern unterstützen ihn dabei. Ein witziger Regieeinfall ist, dass die Almbauern im Publikum Absperrungen aufbauen, die die Zuschauer halten müssen.
Joggerinnen und Konsul
Überhaupt wird der Zuschauerraum in das Geschehen eingebunden. Auch zwei Joggerinnen und später Bergsteigerinnen (Martina Seesteller und Christina Kölbl) kommen mit lauter Musik aus den Kopfhörern durch die Reihen gesteppt, ohne Sinn für die Natur, ohne den Wunsch, eine Beziehung zur Umwelt aufzubauen, die dafür permanent Selfies schießen und über Follower debattieren.
Das Stück lebt davon, dass zum Hauptthema auch immer wieder Nebenschauplätze eingebaut sind, die die Schwere nehmen und humorvolle Aspekte einbringen. So der schwergewichtige Konsul (Georg März), der dringend eine Gams schießen will, aber erhebliche Problem hat, einen Berg zu besteigen.
Die Holzknechte schauen nach den Almbauern aus. Foto: MZ
Ein anderes wichtiges Thema bringt die Forstdirektorin ein, die das im Studium erlernte Regelwerk mit allen Vorgaben einhalten will, sich um Umsetzung von Maßnahmen kümmert, Abschussraten vorgibt. Veronika Ettstaller spielt mit hochgesteckten Haaren, Brille und Kostüm überzeugend die Beamtin als Fremdkörper in der Welt der Landwirte.
Erzähler fasst zusammen
Fremd ist auch der Erzähler, der die Handlung retardierend unterbricht und sie erklärend zusammenfasst. Andreas Schreyer mit Schlapphut, Pfeife und schwarzem Umhang aber gehört doch dazu, auch wenn er nicht ins Geschehen eingreift, er kann den emotionalen Druck, dem Lauris unterliegt, durch seine Worte Luft verschaffen. „Wenn er schießt, schießt er ins eigen Herz“, so sagt er und spricht von den schönen Momenten in der Natur, die man nicht kaufen kann.
Alex schießt. Foto: MZ
Und dann schießt Alex. Ist es der alte, schwarze Hirsch von Lauris? Oder steht er noch irgendwo draußen und schaut zu? Wie entscheidet sich Lauris?
Großartige Leistung
Das anspruchsvolle Theaterstück mit vielen Fragen sensibilisiert für das Thema Wald und Wild und Wolf und Alm und Geld und Ansehen und vieles andere. Es wirft die Fragen auf und stellt sie an das Publikum. Eine großartige Leistung aller Mitwirkenden. Zusätzlich zu den genannten sind das: Severin Hupfauer, Tobias Liedschreiber, Hannes Schwabenbauer, Ambosius März, Andreas Burgmair, Franz Holzer, Marinus Holzer, Barbara März, Magdalena Ettstaller, Ludwig Stecher und Agnes Gistl.
Alle Mitwirkenden mit Autor und Spielleiter Tobias Hupfauer (Mitte) beim Schlussapplaus. Foto: MZ
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