Das Werden und Sein des Hans-Günther Kaufmann
Bei der Buchvorstellung von „AugenZeuge“: (v.l.) Hans-Günther Kaufmann, Verena Wolf, Bürgermeister Gerhard Braunmiller, das Duo Millefleurs mit Sarah Lilian Kober und Nestan Heberger sowie Hartmut Wolf. Foto: Anna Gallo
Buchvorstellung in Miesbach
Wie soll ein derart ereignisreiches Leben wie das des Fotografen Hans-Günther Kaufmann in ein einziges Buch passen? Besser als irgendwie hat es geklappt. Mit „AugenZeuge“ ist ein zwölf Kapitel umfassendes Werk im Miesbacher Verlagshaus erschienen, welches vergangene Woche bei der Buchvorstellung im Waitzinger Keller Miesbach der breiten Öffentlichkeit präsentiert wurde. Mit einem seltenen Gast im Rampenlicht.
Die des Eingangs gestellte Frage musste sich die Autorin Verena Wolf nach drei Jahren Gespräche führen und Aufzeichnungen sichten jedenfalls stellen, denn sie sollte die Biografie des bekannten Fotomeisters verfassen. „Zwei Drittel des Materials haben wir gar nicht verwendet“, gestand sie in ihrer Rede bei der Buchpräsentation vor vielen geladenen Gästen aus der regionalen Medienbranche und Politik sowie Freunden und Wegbegleitern des Fotografen.
Lesetipp: Der „AugenZeuge“ Hans-Günther Kaufmann
Ostern 2018 hätten sie und Hans-Günther Kaufmann sich kennengelernt, ein gemeinsamer Spaziergang über den Grünen Markt in Miesbach hatte in der Autorin den Wunsch heranreifen lassen, über diesen interessanten Mann eine Biografie zu schreiben. Gesagt, getan. Drei Jahre lang trafen sich die beiden, sie fragte, er erzählte und sie philosophierten über die Vergangenheit und Gegenwart, über das Sein und das Werden. Eine „harte Auswahl“ sei es gewesen, dieses viele Material zu kürzen und mit vier großen Bildstrecken zu versehen. Denn natürlich dürfen in einer Biografie über einen Fotografen seine Bilder nicht fehlen.
In der Welt unterwegs, im Oberland zuhause
Die Themenfelder Ursprungsfamilie mit Mutter und Schwester Christine Kaufmann, sein Werden und Wirken als Fotograf, die eigene Familie im Oberland und die Arbeit mit den Großen aus Film, Fernsehen, Politik und Geistlichkeit geben den Lesern von „AugenZeuge“ einen Überblick über die mittlerweile 81 Jahre des Wahl-Miesbachers.
Hielt eine Laudatio auf den Fotografen: Miesbachs Bürgermeister Gerhard Braunmiller. Foto: Anna Gallo
In den 80er Jahren zog er mit seiner Frau und seinem ersten Sohn von München ins Oberland, es sollte nicht nur ein Ortswechsel, sondern auch ein Wendepunkt in seiner Karriere werden. Obwohl er „permanent in der Welt unterwegs ist“, wie Miesbachs Bürgermeister Gerhard Braunmiller in seiner Ansprache sagte, sei er in seiner Heimatstadt tief verwurzelt – wohl zum ersten Mal in seinem umtriebigen Leben, wie Verena Wolf hinterher erklären würde.
Die Seele des Hans-Günther Kaufmann
„Mit den Augen seiner Seele“ fotografiere Hans-Günther Kaufmann. Sei es die Landschaft, die Bräuche, die Tracht, die Arbeit in der Landwirtschaft oder der Glaube – das alles hätte der Fotograf mit seinem ganz eigenen Blick im Oberland gesehen und mit seiner „vornehmen Zurückhaltung und dem Gespür für den Moment“ festgehalten. Gerhard Braunmiller bedankte sich auch bei Verena und Hartmut Wolf, welche sich mit dem Miesbacher Verlagshaus „mit viel Gespür regionalen Themen nähern“.
Verleger Hartmut Wolf fragte sich, wie Hans-Günther Kaufmann immer wieder den richtigen Moment erwischt. Foto: Anna Gallo
Hartmut Wolf fragte bei seiner Ansprache in Richtung des Fotografen, „wie du scheinbar immer zur richtigen Zeit am richtigen Ort bist?“ Hans-Günther Kaufmann sollte diese Frage am Ende tatsächlich auch beantworten. Doch zunächst las die Autorin ein paar Passagen aus der Biografie und erzählte wie es zu dem ein oder anderen Absatz gekommen war – quasi aus dem Nähkästchen.
Zwischen den Zeilen des Augenzeugen
„Deine Kunst ist es, Menschen sehr schnell zu erfassen und das nicht nur mit der Kamera“, sagte sie. Dies hätte ihm in seiner Anfangszeit in Rom, in der Promi-Welt in Hollywood und auch später in seiner Arbeit mit Politikern und Geistlichen immer wieder besondere Momente beschert, die anderen verwehrt blieben. Doch egal wo sich der Fotograf in seinem Leben befand, „es stellte sich beim Erarbeiten des Buches heraus, dass es in seinem Leben immer wieder abrupte Enden gab“, erzählte die Autorin.
Autorin Verena Wolf verbrachte drei Jahre mit dem Fotografen für seine Biografie. Foto: Anna Gallo
Für all diejenigen, die in diesem Buch auch zwischen den Zeilen lesen würden, würden sich sowohl der große Ideenreichtum des Fotografen, seine eiserne Disziplin und die Ernsthaftigkeit der Dinge die er sagte zeigen. Es sind die ehrlichen Momente eines Mannes, der viele Leben gelebt zu haben scheint und sagt: „Als Künstler muss man egozentrisch sein, nicht zu verwechseln mit egoistisch, um sich weiterzuentwickeln.“
Das Unsichtbare im Sichtbaren spüren
Verena Wolf bedankte sich bei dem zurückgezogen lebenden Hans-Günther Kaufmann für sein Vertrauen, welches er ihr in den vielen Gesprächen gegenüber gebracht habe. Diese legten wohl die Basis für einen rar gesäten Moment mit dem Fotografen: denn zum Abschluss kam er selbst auf die Bühne und sprach über seine Art die Welt zu sehen, durch seine Augen und den Sucher seiner Kamera. „Der Fotograf hat nicht die Macht, die Bilder haben die Macht“, sagte er zu Beginn.
Hans-Günther Kaufmann bei der Buchpräsentation im Waitzinger Keller Miesbach. Foto: Selina Benda
Ein Mann mit einer tiefen Demut vor der „Botschaft des Göttlichen in der Natur“, welche er immer versuche zu spüren, wenn er fotografiere. Resonanz sei ein großes Thema in seiner Arbeit, das „Unsichtbare im Sichtbaren spüren“ und der tiefen Ansicht, dass „alles eins ist“. Fotografien seien Dokumente des Moments. Als Antwort auf die Frage von Hartmut Wolf, wie er immer im richtigen Moment seinen Auslöser drücken könne, antwortete er scherzend: „Ich bin alles andere als geduldig und gebe zu, es ist viel Glück dabei und man muss eben dann, im richtigen Moment, bereit sein.“
Der perfekte Moment existiert nicht, man muss bereit sein – Hans-Günther Kaufmann. Foto: Anna Gallo
Er outete sich als „leidenschaftlicher Friedhofsgänger“ und mahnte an, allem gegenüber mit Respekt zu begegnen und zu fragen, ob man es fotografieren dürfe – und damit meinte er nicht nur Menschen. „Für mich ist fotografieren und beten sehr nahe verwandt“, sagte er. Nebenbei zeigte er beeindruckende Aufnahmen aus der Region, die seine Worte unterstrichen. Einige „Ahs“ und Ohs“ gingen dabei durch das gespannt schweigende Publikum. „Garten Eden ist nicht weit weg hier im Oberland“, gestand Hans-Günther Kaufmann seine Liebe zu seiner Wahlheimat.
Hans-Günther Kaufmann – eine Zwischenbilanz
Hans-Günther Kaufmann führe ein Leben hinter der Kamera und deshalb sei es gar nicht einfach gewesen, ein passendes Titelbild für „AugenZeuge“ zu finden, erzählte Hartmut Wolf. Er bedankte sich auch bei der Grafikerin Sylvia Kaufmann, der Ehefrau des Fotografen, welche nicht nur viele Aufnahmen aus dem privaten Archiv – darunter auch das finale Titelbild – beigesteuert, sondern auch die grafische Umsetzung der Biografie geleitet hatte.
Lange Schlange vor dem Signiertisch. Foto: Anna Gallo
Diese sei „nur eine Zwischenbilanz“, ob der fortwährenden Tatkraft von Hans-Günther Kaufmann, sagte der Verleger mit einem Augenzwinkern. Dieser signierte am Ende gemeinsam mit Autorin Verena Wolf die Exemplare der begeisterten Besucher der Buchvorstellung, die passend mit italienischen und französischen Liedern von der Pianistin Nestan Heberger sowie der Saxophonistin Sarah Lilian Kober des „Duo Millefleurs“ musikalisch begleitet wurde und mit einer Soiree ihr passendes Ende fand.
Zum Weiterlesen: „Wir sind Schöpfung“