Lebenslängliche Miniaturen
Lebenslänglich… Miniaturen in Wort und Bild. Foto: MZ
Buchtipp von KulturVision
Der Pinsel und die Feder haben ein neues Buch herausgegeben. Peter Reuter verfasst die Wort-Miniaturen mit der Feder und Jürgen Fiege ergänzt sie mit seinem Tuschepinsel, eine harmonische Einheit voller Inspiration.
„Wenn Pinsel und Feder am Fluss sitzen“ titelten wir unsere erste Rezension des kongenialen Pinsel-Feder-Paares. Aus der zweiten, „Dem Quarantäne-Blues begegnen“ durften wir Teile für unsere Dokurona-Sammlung entnehmen.
Haiku und Haiban
Jetzt haben Pinsel und Feder sich wieder zu einem Buch vereinigt, in dem Peter Reuter seine Gedanken, Gefühle, Erlebnisse in verschiedenen Miniatur-Formen darstellt. Dazu hat der Südpfälzer Autor die japanische Gedichtform des Haiku und des Haibun benutzt. Die 5 – 7 – 5 Silben des Haiku sind heute schon recht bekannt, das Haibun benutzt das Haiku am Ende zur Pointierung, vorher aber sei es eine von subjektiven Eindrücken durchzogene knappe Skizze, erklärt Peter Reuter.
Er schreibt auch, dass sein Federhalter der Meinung sei, dass seine erlebten und gefühlten Episoden und Momentaufnahmen es wert seien, aufgeschrieben zu werden. Recht hat er, der Federhalter.
Der Autor Peter Reuter. Foto: privat
Und er schreibt ganz zauberhafte, knappe, pointierte Geschichten nieder. Nichts Spektakuläres, vieles könnten Sie und ich ebenso erlebt haben, ohne es für wichtig zu befinden. Er schreibt mit „Abendfrieden“ auch ein Gefühl nieder, das Sie und ich mit Sicherheit derzeit haben und verknappt es am Ende mit dem gelungenen Haiku:
Er ist willkommen,
dieser Frieden, jederzeit.
Nicht nur am Abend.
Kurz und knapp
Aber ebenso knapp und auf den Punkt gebracht kann er den Spaziergang mit seiner Frau beschreiben oder seine Begegnung mit der Nachtigall. Das Anklopfen von Erinnerungen, die Macht der Bücher, das Rauschen des Flusses, Peter Reuter ist ein aufmerksamer Beobachter und Zuhörer. Ihm entgeht nichts und dann kann er es auch noch in Worte gießen.
Manchmal wird er auch ironisch, wenn er über das Scheitern einer Revolution an der deutschen Bürokratie schreibt oder über diejenigen, die nichts zu sagen haben, aber dafür schmerzlich laut sind.
Jürgen Fiege. Foto: privat
Diese Worte der Feder finden im Pinsel von Jürgen Fiege ihre ideale Begleitung. Der Sauerlacher Grafikdesigner ist von östlicher Kalligrafie und Zen beeinflusst. Seine Tuschespuren sind keineswegs Illustrationen zu den Miniaturen der Feder, sondern sein Pinsel greift die Gedanken und Gefühle der Worte auf und setzt sie in seinem Kosmos um, führt sie in seiner Welt weiter.
Östliche Reduktion
Diese Welt des Pinsels ist ebenso kurz und knapp, es sind bildliche Miniaturen, die in ihrer östlichen Reduktion auf das Wesentliche einladen, selbst Gedanken und Gefühle wahrzunehmen, Erfahrungen zuzulassen und sie auf das Wesentliche zu verknappen.
Manchmal erschließt sich der Zusammenhang zwischen Pinsel und Feder nicht sofort und das ist gut so, denn der Geist wird geöffnet und erkennt, ich muss nicht immer alles verstehen, viel wichtiger ist, dass ich berührt werde.