Kreatives Potenzial im Spiel entdecken
Andreas Kuhnlein: Einblick – Ausblick. Foto: Monika Ziegler
Ausstellung in Lenggries
Die 14. Kunstwoche in Lenggries vereinigt Werke renommierter Gastkünstler mit denen der neun Mitglieder der Künstlervereinigung Lenggries, jedes Jahr neu und jedes Jahr spannend. Heuer läuft die Präsentation unter dem Titel „SpielRäume“.
Weit über Landkreisgrenzen und sogar über Landesgrenzen hinaus sei die Kunstwoche bekannt, lobte Schirmherr Bürgermeister Werner Weindl und spielte damit auf die Kooperation mit Künstlern der Bretagne an, die in Lenggries zu Gast waren und wohin in diesem Jahr eine Gegeneinladung erfolgte.
In diesem Jahr sind die Gastkünstler aus der näheren Umgebung, aber nicht weniger bedeutsam. Andreas Kuhnlein aus Unterwössen, dessen Ausstellung in der Glyptothek München Tausende von Menschen anzieht, zeigt drei Paare aus seiner Serie „Schein und Sein“. Da ist der Stellvertreter, der Kirchenfürst in seiner Robe, stolz und mächtig. Und daneben sein wahres Ich, entblößt von Robe und Mitra, verletzt und schwach. Auch der Repräsentant und die Feine Dame hat der Bildhauer doppelt in der ihm eigenen Weise in Holz mit der Kettensäge dargestellt. Auf der Bühne steht imposant ein einsamer Gorilla im Käfig, fern der Heimat, zur Betrachtung frei gegeben, nur ein kleines Mädchen zeigt knieend seine Zuneigung.
Abgelebtes und Zertrumpelt
Michaela Mara aus Salzburg sucht und findet die Schönheit im Einfachen., im, wie sie sagt „Abgelebten“. Sie fotografiert Risse, Kratzer, Farbschichten auf alten Schiffen oder Mauern und benutzt die Fotos als Inspiration für ihre Malerei, wobei sie Schichten aus unterschiedlichen Materialien aufbaut und damit den Arbeiten Tiefe und Leben gibt.
Paul Schwarzenberger aus Lenggries beteiligt sich mit Collagen voller Zündstoff und Humor. ER widmet sich dem Zeitgeschehen und fertigt aus Fotos irreale Kompositionen. So lässt er unter dem Titel „Zertrumpelt“ ein Porträt des Präsidentschaftskandidaten aus einer beschädigten US-Flagge herausschauen oder er zeigt in „Schattenspiele“ die Skyline der Großstadt und den VW-Konzern um 180 Grad verdreht.
Erwin Wiegerling vor „Salve a tutti – Seid alle gegrüßt“. Foto: Monika Ziegler
e.lin (Erwin Wiegerling) ist mit großen Objekten im Außenbereich vertreten. Seine Stahl-Arbeit „Aus dem Lot“ ist ebenfalls eine Assoziation an das Zeitgeschehen. Alles in der Welt sei im Ungleichgewicht, sagt der Künstler aus Gaissach. „Salve a tutti -Seid alle gegrüßt“ nennt er seine große Installation im Innenraum, eine Fotowand mit Steinhaufen aus Kloster Seeon, ergänzt durch einen afrikanischen Einbaum.
Ursula-Maren Fitz: LebenstRäume. Foto: Monika Ziegler
Auch die neun Künstler der Künstlervereinigung Lenggries haben beachtenswerte Werke beigesteuert. Jürgen Dreistein ist mit farbigen Schädelfragmenten, die wie CT-Bilder wirken vertreten und in denen er die Manipulation und Infiltration des Menschen zeigt. Ursula-Maren Fitz indes widmet sich LebenstRäumen, verpackt sie in kleine Päckchen und ordnet sie austauschbar für die Besucher an, ein gelungener SpielRaum.
Die schönen Seiten des Lebens fängt Sophie Frey mit ihren Aquarellen ein und auch Heid Gohde zeigt die Lebendigkeit und Farbenfreude des Mikrokosmos in ihren Fotografien. Eine eigene Welt, in die man sich vertiefen kann, hat Ecki Kober mit seiner Arbeit „3 Klang hoffen lieben leiden“ geschaffen. Den Titel der Ausstellung nahm Gabi Pöhlmann sehr ernst und platzierte eine Unmenge von kleinen Spielwürfeln zu einem großen Ganzen.
Handlungsfreiheit im Spiel
Der Fotograf Klas Stöver zerlegte ein Bild in vier mal acht Einzelteile und fordert den Betrachter zum Vereinen auf, während der Vorsitzende der Künstlervereinigung Günter Unbescheid in seinen Fotografien mit technischen Möglichkeiten, mit Spiegelungen und Reflexionen spielt.
Er sagte, dass in unserer Gesellschaft das Spiel in den Hintergrund getreten sei, in diesem aber viel kreatives Potenzial stecke. Man wolle mit dieser Ausstellung auf die Handlungsfreiheit des Spiels hinweisen und hoffe damit etwas bewegen zu können. Dies ist zweifelsfrei gelungen, denn bei der Eröffnung ließen sich die Besucher auf die Kunstwerke und die Einladung zum Spiel ein. So veränderten sie die Anordnung der Einzelteile in der Arbeit von Ursula-Maren Fitz.