Lesebühne Prospero: Poesie in Holzkirchen
Mit Georg „Grög!“ Eggers als Gast landete die Lesebühne Prospero im Holzkirchner Foolstheater am gestrigen Mittwochabend einen Coup. Der Münchner Ingenieur, der sich beruflich mit Rastertunnelmikroskopie befasst, ist ein Phänomen. Gewandet wie ein Beamter, beherrscht der Raum einnehmende, an Heinz Erhard erinnernde, aber tiefgründiger und zeitnäher textende Poetry Slamer die Bühne.
Georg Eggers postuliert ein neues generationsübergreifendes TV-Format: die HipHop-Kochshow, bei der er das Publikum, mehrheitlich 50 plus, aber die Jungen ziehen nach, generationsübergreifend einbindet und in Fahrt bringt.
Bei seinem großartigen „Was fehlt in Kabul?“ hat er selbiges voll im Griff, denn wenn er fragt: Lohnsteuerkarten, Laubabfuhrlisten, Parkplatzverwaltung, Lärmparagrafen und Widerspruchsfristen, warum muss der Scheich darauf verzichten, sind die behördengeplagten Deutschen begeistert. Aber, so Eggers, das Kreisverwaltungsreferat schaffe es auch noch in Kabul sich durchzusetzen.
Ähnlich den Nerv treffend die „Rache des Inbus“, von vielen nachvollziehbar, wenn nämlich die Bücher überhandnehmen und ein neues Billi-Regal hermuss. Ja und dann gebaut und bestückt wird, ohne die Anleitung zu lesen und ohne den Inbus zu benutzen, dann trifft Faust 1 von links und Faust 2 von rechts den armen Erbauer, wenn alles wieder zusammenstürzt. Fazit: Halt vom Buch dich fern oder lies zuerst die Anleitung.
Georg Eggers – Liebesgedichte mit Tieren
Bei den Liebesgedichten hält es Eggers mit den Tieren, denn, so meint er, dichte er von glücklicher Liebe beim Menschen, sei das kulturell wertlos, dichte er von unglücklicher Liebe, bekomme er vielleicht Probleme. Und so widmet es sich dem Butt, dessen Paarungslust mit der Buttin ein abruptes Ende findet, als er ihr einen Wurm präsentieren will, der von oben herunter kommt und er am Haken endet. Zwar findet die Buttin sein Nasenpiercing attarktiv, dennoch landet er mit seinem Liebesdrang im Speiserestaurant und wird dort, völlig nutzlos zum tollen Hecht.
Schlimm endet auch der Wunsch des Amöbs zur gemeinsamen Zellteilung, der sich in der Petrischale mit der Amöbierin findet, leider unter zerstörerischer Beobachtung des Forschers.
Bei dieser Steilvorlage ihres Gastes hatten es die beiden Lesebühnen-Protagonisten Petra Papke und Tobias Öller nach der Pause schwer. Mit dem Lied „When I was young“ von Mike Ness beschwor Tobias Öller, in der Gegenwart anzukommen. Und die Zuhörer konnten sich jetzt an bekannten und weniger bekannten Gedichten und Balladen erfreuen. Tucholsky, Heine, Fontane, Droste-Hülshoff, Goethe, Schiller und andere wurden zitiert, eine Erinnerung an längst vergessene Schultage hatte Petra Papke mit „Nis Randers“ von Otto Ernst wiederentdeckt. Die dramatische Geschichte einer Lebensrettung und dem berühmten Ende: „Sagt Mutter, ’s ist Uwe!“ Gänsehaut.
Prospero, die Lesebühne, der literarische Salon des Foolstheaters, wird immer besser. Die Reise durch die Literatur, ergänzt durch passende Klänge, lädt alle Altersgruppen ein, einzusteigen.
Ein winziger Kritikpunkt: Auch der größte Literaturfreund ist nach zweieinhalb Stunden erschöpft.