Auszeit mit Liebessagen auf dem Hahnhof
Auszeit auf dem Hahnhof. Foto: Georg Hahn
Musikalische Lesung in Großhartpenning
Abendsonne, Blick in die Berge, Stühle und Strohballen mit Blick auf einen Gummiwagen als Bühne, auf dem Ziach, Harfe und Bass stehen. Auszeit. Und so hieß auch eins der Musikstücke. Es gab aber nicht nur Musik auf dem Hahnhof, sondern auch Liebe.
Karl-Heinz Hummel stellte sein neues Buch, eben erschienen im Allitera Verlag, vor. Der Münchner Autor und Ernst-Hoferichter-Preisträger hatte sich den idealen Ort für die Präsentation der „Liebessagen“ ausgesucht und das Publikum genoss den Abend sichtlich.
Musik mit dem Hausherrn
Hausherr Georg Hahn nahm selbst die Concertina in die Hand und eröffnete gemeinsam mit Andrea Regenauer an der Harfe, Daniel Huber an der Steirischen und Karl-Heinz Hummel am Bass den Abend. Nicht bairisch, sondern französisch und sehr stimmungsvoll.
Andrea Regenauer, Hausherr Georg Hahn, Andreas Huber und Karl-Heinz Hummel (v.l.). Foto: MZ
Es ist das vierte Buch, das Karl-Heinz Hummel im Allitera Verlag herausgibt. „Sagenumwobenes Bayern“ heißt die Serie mit Wirtshaussagen, Wassersagen und Raunachtssagen. Jetzt also hat sich der Autor, der auch Texte für das Kabarett und das Theater schreibt, den Liebessagen im Alpenraum zugewandt und sie in mehrere Bereiche eingeteilt.
Ratschläge für die Liebe
Er begann seine Textauswahl mit Ratschlägen, wie man die oder den Ersehnten an sich fesselt. Interessiert? Dann betaue eine Semmel mit deinem Schweiß und biete sie der begehrten Person an. Oder mische einen Tropfen deines Blutes ins Essen, ein unfehlbares Mittel.
Autor Karl-Heinz Hummel. Foto: MZ
Ein schönes Mittel, den richtigen unter mehreren Kandidaten herauszufinden, ist der Knödeltrick. Wie er geht? Auf Seite 11 nachzulesen.
Aber, so schloss der Autor seine Recherche:
An Scheena, den kann man net hoitn,
an Greislichen kriagt man net los.
Mit der Geschichte vom vernagelten Fenster konnte Karl-Heinz Hummel eine Sage präsentieren, die zur aktuellen Situation passt. „Lokales social distancing“ nannte er die Aktion vom Grafbauer, der das Fenster vom Vrenerl vernagelte, weil nämlich der fensterlnde Flori aus Oberhidring stammt, wo die Maul- und Klauenseuche ausgebrochen ist.
Zweischläfriges Bett des Pfarres
Von der Wallfahrt der heiratslustigen Deern, die, weil kein anderer vorrätig ist, auch den Rothaarigen akzeptiert und dem Nudelbrett im zweischläfrigen Bett des Pfarrers bis hin zum Geständnis der sterbenden Mutter hin erzählt der Autor seine Geschichten zur Erheiterung des Publikums.
Du & I und Kerl-Heinz Hummel. Foto: MZ
Dazwischen gibt es Musik von Andrea Regenauer und Andreas Huber, der eigens für den Abend von der Alm gekommen ist. Beide firmieren als Duo „Du & I“ mit feinster traditioneller bairischer Volksmusik ebenso wie moderner Kompositionen von Herbert Pixner oder ruhiger Harfenstücke. Ergänzt durch Karl-Heinz Hummel am Bass sind sie ideale Auszeit-Intermezzi zwischen den Lesungen der Liebessagen.
Nach Liebe und Kirche geht es jetzt um die Eifersucht. Das Bergmandl nämlich im Ötztal treibt aus Liebe zu einem Mädchen sein Unwesen und wird zum Plagegeist, aber sie hat eine Idee, ihn zu besänftigen.
In der heimischen Region indes gibt es eine traurige Liebesgeschichte. Oberhalb der Kesselalm am Breitenstein hat sie sich zugetragen. An der Feuerhörndlkapelle fand Karl-Heinz Hummel eine Gedenktafel, die an ein junges Liebespaar erinnert, das hier von einem abstürzenden amerikanischen Militärhubschrauber getötet wurde.
Fünfmal umgebracht
Die ganz unfassbare Geschichte vom heimlichen Liebhaber, der fünfmal umgebracht wurde, beschloss den Abend. Die dazu passende Musik allerdings kam nicht aus dem Bairischen, sondern dem Italienischen. Verdis „O wie so trügerisch sind Weiberherzen“ aus „Rigoletto“ passte vorzüglich zu dieser Sage, ebenso wie zur Stimmung des Abends die herbeischlendernde Kuh passte.
Lesetipp: Bayerns Mythen – Ein Kulturreiseverführer
Mit der skurillen Geschichte eines Bestattungsbrauches in Galtür erfüllte Karl-Heinz Hummel den Wunsch nach einer Zugabe. Diese inspirierte sogar Ernest Hemingway, der in Galtür zum Skifahren war, zu einer Kurzgeschichte. Nachzulesen auf Seite 60.
Präsentation der Bücher, mal nicht auf einem Tisch. Foto: MZ