Literatur am Tegernsee - Literaturschätze aus der Tegernseer Klosterbibliothek

Literatur im Fokus

Literaturschätze aus der Tegernseer Klosterbibliothek. Foto: IW

Ausstellung in Tegernsee

Mit der Ausstellung „Literatur am Tegernsee – Bekanntes und Vergessenes“ zeigt das Museum Tegernseer Tal, dass die Region seit dem mittelalterlichen Kloster ein wichtiges literarisches Zentrum im deutschsprachigen Raum ist.

Hinsichtlich des Klosters Tegernsee denken heute viele Menschen zunächst an die Herzogliche Brauerei Tegernsee, deren Brautradition von den Mönchen begründet wurde. Oder an die ehemalige Klosterkirche St. Quirinus und die herausragenden Musikkonzerte im Rahmen der musica sacra. Die wenigsten jedoch wissen, dass sich die Bibliothek des Tegernseer Klosters einst mit den Vatikanischen Bibliotheken im Rom oder der Bibliothek der Medici in Florenz messen konnte. Der Tegernsee als Hotspot der Literaturgeschichte zieht sich über viele Jahrhunderte. Vom bedeutenden Schaffen der Tegernseer Mönche bis zu den Heimatkrimis der Gegenwart verbindet er vielerlei Genres.

Schätze aus der Klosterbibliothek

Literarische Klosterschätze im Museum Tegernsser Tal. Foto: IW

Wer die Sonderausstellung „Literatur am Tegernsee – Bekanntes und Vergessenes“ betritt, durchläuft eine Zeitreise, beginnend mit historischen Schriften aus dem mittelalterlichen Kloster.

Von Klosterbibliothek bis Romanfabrik

Anhand von Landkarten, Abdrucken von Originalhandschriften, Bildern aus Folianten und Abschriften auf das „Gelehrte Tegernsee“, seine „Netzwerke“, die „elitäre theologische Debattenkultur“, die „Gedächtniskunst“ sowie die „musikalische Literatur“ erhalten die Besucher einen Eindruck der Klosterschätze, die größtenteils aus der ehemaligen Klosterbibliothek stammen. Zu den Kostbarkeiten gehört die Schrift zur 1.000-Jahrfeier des Klosters und eine handschriftliche Inventarliste der Bibliothek aus dem 16. Jahrhundert.

Ludwig Thoma (Mitte, hinten) vorn eine der Vitrinen der "schreibenden Frauen am Tegernsee"
Eine der Vitrinen der „Schreibenden Frauen am Tegernsee“. Foto: IW

Wie sich die literarische Tradition später fortsetzte, ist im nächsten Raum dokumentiert. Zu den „Bekannten“, wie den Schriftstellern Karl Stieler, Ludwig Ganghofer und Ludwig Thoma setzt die Ausstellung einen gekonnten Kontrapunkt mit den „Vergessenen“, zu denen vor allem einige „Schreibende Frauen am Tegernsee“ gehören. In Vergessenheit geraten sind beispielsweise Carry Brachvogel, die in der Münchener Frauenbewegung um 1900 eine große Rolle spielte, und Grete Weil, eine der bedeutendsten jüdischen Schriftstellerinnen, die mit dieser Ausstellung einer breiten Öffentlichkeit bekannt gemacht werden.

Unterschätzt und unbekannt

Zu den unterschätzten Literatinnen gehören auch Hedwig Courths-Mahler und ihre Tochter Friede Birkner, die am Tegernsee erfolgreich ihre „Romanfabrik“ betrieben. Weniger bekannt sind Anna Mayer-Bergwald und Dora Stieler, die Tochter Karl Stielers, die in der Ausstellung ebenfalls ihren Platz haben. Bei den männlichen Literaten ist es vor allem der jüdische Arzt und Schriftsteller Max Mohr, der im Schatten der bayerischen Lokalmatadoren Thoma und Ganghofer am Tegernsee bisher zu wenig Beachtung fand. Sein Nachlass wird in der Monacensia München verwaltet.

Blick in die Ausstellung
Blick in die Ausstellung. Foto: IW

Zu den besonderen Exponaten der Ausstellung zählen beispielsweise das voluminöse Gästebuch von „Bauer in der Au“ aus dem Jahr 1904, der Schreibtisch Ludwig Thomas und das Buffet aus dem Hause der Hedwig Courths-Mahler sowie ein Porträt der Schriftstellerin, Leihgabe aus dem Archiv ihres Geburtsortes Nebra in Thüringen. Auch das neue Buch „Schwefelwasser“ des Niederländers Reinjan Mulder, das philosophisch-literarisch die Geschichte Bad Wiessees aufarbeitet, ist präsentiert.

Bogen durch die Jahrhunderte

Eine Vitrine mit Werken der Gegenwart bis hin zu Lokalkrimis, beispielsweise von Andreas Föhr, runden die Ausstellung ab. Mancher der ausgestellten literarischen Texte ist in der Sommerfrische am Tegernsee entstanden. Andere greifen die Gegebenheiten der Region als zentrales Element ihrer Handlung auf. Ein weiter Bogen durch die Jahrhunderte spannt sich somit über die detailreiche Sonderausstellung im Museum Tegernseer Tal, die bis zum 8. November 2020 zu sehen ist. Wer schmökern möchte, kann im Bücherregal stöbern und es sich im Lesesessel bequem machen.

Telito - Kooperation zwischen den Literaturwissenschaftlern und dem Museum Tegernseer Tal
Kooperationspartner: Dr. Peter Czoik, Prof. Dr. Klaus Wolf  und Dr. Ingvild Richardsen von TELITO sowie Birgit Halmbacher vom Museum Tegernseer Tal (v.l.). Foto: privat

Die Sonderausstellung ist eine Zusammenarbeit des Museums mit TELITO, den „Tegernseer LiteraTouren“. Ziel des Projektes es ist, Literatur dort zu zeigen, wo sie entstanden ist: außerhalb der großen Metropolen. Das Tegernseer Tal gehört zu diesen wichtigen, ländlichen Literatur-Hotspots.

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Literarischer Thinktank des Spätmittelalters

TELITO wurde von Literatur- und Kulturwissenschaftlerin Dr. Ingvild Richardsen, Literaturwissenschaftler Dr. Peter Czoik sowie Prof. Dr. Klaus Wolf von der Uni Augsburg und dem Literaturschloss Edelstetten entwickelt. Zur Eröffnung der Ausstellung hielt letzterer den Auftaktvortrag „Tegernsee als literarischer Thinktank des Spätmittelalters“. Für das Jahr 2021 sind im Rahmen des Projektes zwölf literarische Spaziergänge (LiteraTouren) rund um den Tegernsee in Zusammenarbeit mit der Tegernseer Tal Tourismus GmbH geplant.

Die Ausstellung im Museum Tegernseer Tal ist Freitag und Samstag 10 bis 13 Uhr und Sonntag 13 bis 16 Uhr geöffnet. Saisonende ist am 8. November.

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