Über das Fremde im 3. Literaturcafé
Peter Becher, Susanne Hornfeck und Bernhard Setzwein (v.l.). Foto: Petra Kurbjuhn
Lesung in Weyarn
Eine spannende Melange servierte zum dritten Mal Peter Becher mit dem Literaturcafé von KulturVision im Klostercafé Weyarn. Mit Susanne Hornfeck und Bernhard Setzwein hatte er zwei Autoren geladen, die viele Gemeinsamkeiten in ihren Werken, in denen das Fremde dominiert, entdeckten.
Eine Melange, so führte Schriftsteller und Literaturhistoriker Peter Becher in den Abend ein, sei eine gute Mischung aus einem Teil Espresso und einem Teil Milch, sowie einer Haube aus aufgeschäumter Milch. Er hoffe, dass er diese Mischung parat habe.
Er fragte die Schriftstellerin, Übersetzerin und Sinologin Susanne Hornfeck aus Schliersee, warum sie sich zeit ihres Lebens für die chinesische Sprache und Literatur interessiert habe. Es seien die Schriftzeichen gewesen, von denen man nicht wisse, wie man sie ausspricht, die sie fasziniert hätten, erzählte sie.
Peter Becher zeigt die chinesischen Schriftzeichen in einem Buch von Susanne Hornfeck, das ins Chinesische übersetzt wurde. Foto: Petra Kurbjuhn
Nach ihrem Studium in Deutschland und England habe sie fünf Jahre in Taipeh an der Universität gearbeitet und dort eine Chinesin kennengelernt. „Sie sprach akzentfrei Deutsch“, berichtete die promovierte Sinologin. Das habe sich daraus erklärt, dass sie als Kind mit sieben Jahren im Jahr 1937 von ihren Eltern zu Bekannten nach Brandenburg geschickt worden war, um sie vor dem Bombenhagel der Japaner auf Shanghai zu schützen.
Aus den Gesprächen mit der alten Dame habe sie dann den Jugendroman „Ina aus China“ verfasst. Die Autorin verknüpft in diesem Buch das Leben in Deutschland, beschrieben aus fernöstlicher Sicht und aus der Kinderperspektive mit dem historischen Kontext des Nationalsozialismus.
Susanne Hornfeck liest „Torte mit Stäbchen“. Foto: Petra Kurbjuhn
Im Gegenzug, so erzählte Susanne Hornfeck, habe sie erfahren, dass zu dieser Zeit Zigtausende Juden aus Deutschland nach Shanghai ohne Visum emigrieren konnten. Das Schicksal einer solchen jüdischen Familie erzählt sie in ihrem Roman „Torte mit Stäbchen“. Die Autorin las eine Passage aus diesem Buch, aus denen der schmerzliche Abschied aus Europa deutlich wird.
Der Teenager Inge aber saugt das fremde Leben in Shanghai auf. „Ich habe mein eigenes Interesse an der fremden Sprache und der fremden Kultur dieser Person einverleibt“, erklärte Susanne Hornfeck. In einer zweiten Textpassage erfährt Inge vom Beginn des 2. Weltkrieges und der damit verbundenen Hoffnung ihrer Eltern, dass man in die Heimat zurückkehren könne, wenn Deutschland den Krieg verliert.
Blick in das Klostercafé Weyarn. Foto: Petra Kurbjuhn
Fernöstliche Kultur ist auch Bestandteil des Romans von Bernhard Setzwein „Der böhmische Samurai“, in dem der Autor die Geschichte der Adelsfamilie Coudenhove-Kalergi nacherzählt. Begonnen aber habe der Schriftsteller bereits als 14-Jähriger als mundartlicher Lyriker, informierte Peter Becher.
Später studierte der in München geborene Germanistik, „damit der Vater ruhig ist“, warf Bernhard Setzwein ein. „Ich wollte aber schon immer Schriftsteller werden.“ Er arbeitete viel für den Rundfunk, schrieb Theaterstücke und Romane und lebt in Waldmünchen an der tschechischen Grenze.
Zeitenwende dokumentieren
„Als die Grenze 1990 geöffnet wurde, habe ich es als Auftrag empfunden, diese Zeitenwende festzuhalten“, betonte der Schriftsteller. Es habe dann eine neue Ebene der Zusammenarbeit mit tschechischen Autoren gegeben, aber er habe schon vorher großes Interesse an Böhmen gehabt.
In seinem Roman „Der böhmische Samurai“ ist Graf Hansi die zentrale Figur, einer von sieben Geschwistern, die aus der Ehe von Heinrich Graf Coudenhove-Kalergi mit seiner japanischen Ehefrau Mitsuko hervorging.
Peter Becher erzählte, dass der Roman auf zwei Zeitebenen spielt, eine beginnend 1896, als die Familie aus Japan nach Böhmen zurückkehrt und eine 1945, als Deutsche nach dem Krieg in Lagern interniert wurden.
Bernhard Setzwein liest aus „Der böhmische Samurai“. Foto: Petra Kurbjuhn
Bernhard Setzwein las die Passage der Ankunft auf dem Schloss 1896 und eine Passage aus dem Jahr 1914, als die Japanerin nach dem Tod des Mannes allein mit den sieben Kindern zurecht kommen musste und total überfordert war. Mit feinem Humor erzählt er, wie die heranwachsenden Kinder nicht gehorchen wollen und die Mutter zur Furie wird. Er schloss mit der Bekanntmachung „An meine Völker“ vom 1. August 1914 von Kaiser Franz Josef, dem Beginn des 1. Weltkrieges.
Zweimal Beginn eines Weltkrieges, zweimal historischer Kontext, in den reale, aber auch fiktive Personen eingebettet wurden, resümierte Peter Becher. Susanne Hornfeck und Bernhard Setzwein bestätigten, dass man sehr genau recherchieren müsse, um historisch authentisch zu bleiben, dass man aber auch Episoden und Figuren dazu erfinden könne.
Fremdsein
Zum Schluss stellte Susanne Hornfeck noch ihr aktuelles Buch „Taiwankatze“ vor, dass soeben erschien ist und in dem sie das eigene Fremdsein in Taipeh und später das Fremdsein der chinesischen Katze in Schliersee thematisiert.
Zum Weiterlesen: Die Matadore im Literaturcafé